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Stegmann, Carl von [Editor]; Geymüller, Heinrich von [Editor]
Die Architektur der Renaissance in Toscana: dargestellt in den hervorragendsten Kirchen, Palästen, Villen und Monumenten nach den Aufnahmen der Gesellschaft San Giorgio in Florenz; nach Meistern und Gegenständen geordnet (Band 1): Filippo di Ser Brunellesco — München: Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.53653#0077
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FILIPPO DI SER BRUNELLESCO

wie in Gubbio vorkommt. Dieser Zusammenhang wird nun durch
den Umstand noch auffallender, dass die Signoria den Palast von
Rusciano 1472 von Luca di Buonaccorso Pitti1) kaufte und ihn
gerade dem Herzog Federigo von Urbino, damals General des
Florentiner Heeres, schenkte2).
Vergleicht man die Tabernakelform dieses Fensters mit jener
der beiden bereits besprochenen Brunnen, Fig. 2, die Brunellesco
durch seinen Adoptivsohn Buggiano zwischen 1432 und 1441 in
den Sakristeien des Florentiner Doms ausführen liess, so ist nichts

riesenhafte Urwüchsigkeit stehen hier mit höherer Ordnung
im Bunde.
Mit Felsenblöcken gepanzert von oben bis unten, in ge-
schlossenen Reihen und in unüberwindlicher Front. Unnahbar,
abschreckend, erwecken die mächtig lagernden Riesensteine des
Palastes das Gefühl unerschütterlicher Festigkeit, ewiger Dauer.
Die URSPRÜNGLICHE FASSADE. Der gewaltige Bau
ist weit entfernt, jetzt noch ganz seine ursprüngliche Erscheinung

in der Profilierung des-
selben, was für die Zeit
Brunellescos zu vor-
gerückt erscheint. Es
ist die Kapitälbildung,
die des Palmettenfrieses,
der die Zeit Desiderios
verrät und die Behand-
lung der Fruchtstränge
in den Pilasterfüllungen,
die stellenweise schon
an B°- da Majano er-
innert , welche allein
einige Zweifel hervor-
rufen könnten, ob dies
Fenster noch zu Bru-
nellescos Lebzeiten ent-
standen sein kann oder
nicht (s. den Nachtrag).

DER PALAZZO
DE’ PITTI
IN FLORENZ,
JETZT KÖNIGE
RESIDENZ.
E höher ein
Werk auf
der Him-
melsleiter der Kunst


sich erhebt, desto un-
möglicher wird es, sein
volles Wesen und den
Geist, dem es ent-


Fig. 1. FENSTER DER VILLA IN RUSCIANO BEI FLORENZ.

in Bezug auf Grösse
und Umriss beibehalten
zu haben, und daher
ist es nötig, vor allem
diese festzustellen. Vom
beabsichtigten Grund-
riss und der Gesamt-
anlage ist uns bis jetzt
nichts bekannt.
Betrachtet man
aufmerksam den Fugen-
schnitt der Fassade, so
bemerkt man bald, dass
die äusseren Kanten des
vierten Fensterpfeilers
von der Mitte aus,
rechts wie links, ur-
sprünglich in der gan-
zen Höhe der drei Ge-
schosse durchgingen,
und dass diese Kanten
die Ecken des ur-
sprünglichen Palastes
bildeten und jetzt nur
durch das Einbinden
einer Anzahl Quadern
oder Gewölbesteine
unterbrochen werden.
Dies ist auch hier
Blatt 13 im ersten Ge-
schoss oben deutlich
erkennbar. Hieraus er-
giebt sich, dass die Fas-
sade Brunellescos nur
sieben Fenster Breite

Sprüngen, mit Worten zu schildern! Dies ist in hohem Grade
mit dem Palazzo Pitti, in seiner jetzigen Gestalt, der Fall!
Wer heute aus der Via Guicciardini tretend plötzlich zum
erstenmale den Palast in der Ferne über sich erblickt, fühlt
sofort, dass er einen einzigen Bau auf der Welt vor Augen hat.
Wunderbar auf seiner Anhöhe richtet er sich empor.
Wunderbar wölben gewaltige, mächtige Bogen Riesen-
fenster, sämtlich Portale und diesen gleich. Stolze Einfachheit,

und drei Portale mit vier Mezzanin Fenstern im Erdgeschoss
hatte. Diese Thatsache wird durch eine Anzahl alter Zeichnungen,
Stiche oder Ansichten von Florenz bestätigt, u. a. durch die hier
wiedergegebene, in Bister getuschte Zeichnung, Fig. 1, obgleich
in derselben die Verhältnisse ganz unrichtig angegeben sind3).
Dies war seine Ausdehnung, als die Fenster mit der klein-
lichen Ausfüllung, die jetzt noch besteht, geschlossen wurden,
die zwei Seitenportale zugemauert und mit Giebelfenstern ver-

1) Guido Carocci, I dintorni di Firenze, 1881, Pag. 261.
2) Die Masse dieses Fensters sind: Lichte Weite 1,30 m; Lichte Höhe
2,035 mi Höhe des Gebälks 0,51 m; Höhe der Sohlbank 0,16 m; Höhe der
Konsole 0,44 m; Breite der Pilaster 0,24 m.
■ 3) In den Uffizien trägt sie die No. 2677, ist 0,410 m lang und 0,260 m

hoch; ebendaselbst die Zeichnungen 2306 von Buontalenti, Entwurf für den Platz
vor dem Palaste; 4935, die Fassade vom jüngeren Vasari gezeichnet; 2133, Grundriss
des Palastes aus dem Jahre 1616 mit Angabe beabsichtigter Vergrösserungen und
des neuen Hofes. Der grosse Holzschnitt, die Ansicht von Florenz vor 1489
zeigend, hier wiedergegeben (Allgemeines, S. 3, Fig. 1).
 
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