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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 18.1948/​1950

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Kimmig, Wolfgang: Neufunde der frühen Urnenfelderzeit aus Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.42247#0088

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W. Kimmig

läge nicht ganz gerecht geworden ist. Weit entfernt, selbst eine befriedigende
Lösung geben zu können, bleibt nach wie vor der Weg subtiler Einzelanalyse,
der, wie schon an anderer Stelle vorgeschlagen wurde *), auch in unserem Falle
am ehesten zum Ziele führen wird.
Betrachten wir zunächst die äußeren Fundverhältnisse. Einem an sich sehr er-
wünschten neuen Siedlungskomplex (Mannheim) und einem Einzelfund (König-
schaffhausen) stehen vier Gräber gegenüber. Von diesen sind zwei schlecht
beobachtet, doch steht der Brandcharakter bei allen außer Zweifel. Die plan-
mäßig geborgenen Gräber von Pfullendorf sind gut mannslang. Die Toten lagen
zweifellos in einem Holzsarg, der mit Rollsteinen dicht umpackt worden ist.
Allem Anschein nach lag der Leichenbrand ausgestreut auf dem Boden des
Sarges, die (nur noch in Bruchstücken erhaltenen) Beigaben wurden darauf
gestellt. Die Grabform in Erzingen ist unsicher, eine Urne im eigentlichen
Sinne scheint weder in Erzingen noch in Pfullendorf vorhanden gewesen zu
sein. Schon diese geringen Hinweise spiegeln die innere Unsicherheit der Grab-
bauer deutlich wieder. Der mit Steinen umpackte Holzsarg, der tief in den ge-
wachsenen Boden eingegraben ist, geht im Bodenseegebiet auf eine alte Übung
zurück. Im Frühjahr 1950 ist in Singen ein frühbronzezeitlicher Reihengräber-
friedhof von 25 Gräbern ausgegraben worden, der ausschließlich Anlagen die-
ser Art erbracht hat (Veröffentlichung in Vorbereitung). Vollbronzezeitliche
Gräber von Singen, Duchtlingen, Ldkrs. Konstanz, und vor allem Immendingen,
Ldkrs. Donaueschingen* 2), setzen diese Bestattungsart unverändert fort. Man
verschmäht den Grabhügel, wie wir heute wissen, ganz offenbar unter der
Nachwirkung einer starken frühbronzezeitlichen Tradition3). Die Pfullendorfer
Steinkiste steht am Ende der bronzezeitlichen Entwicklung. Noch ist die äußere
Grabform erhalten geblieben, jedoch wird der Tote verbrannt.' Der Holzsarg
tritt dabei an die Stelle der Urne. Die Pfullendorfer Gräber stimmen weit-
gehend mit den späten Gräbern des Immendinger Friedhofes überein, wo ähn-
liche Vorgänge zu beobachten sind. In Immendingen kann es sich nur um eine
Gruppe Einheimischer handeln, die in einer Spätphase ihrer Entwicklung unter
den Einfluß einer Brenner-Welle geraten ist. In Pfullendorf wird es das Gleiche
sein; wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir hier ein ähnliches Gräberfeld wie
Immendingen vermuten.
Es ist nun äußerst bemerkenswert, daß sich die in den gewachsenen Boden
eingegrabene, mannslange Holzkiste mit Steinumpackung im Hegau auch wäh-
rend der Hoch-Zeit der Urnenfelderkultur (neben normalen Urnengräbern)

!) W. Kimmig, Urnenfelderkultur in Baden (1950) 7 ff.; Bad. Fundber. 17, 1941—1947,
148 ff.
2) Singen: Bad. Fundber. III, 1933—1936, 145 ff. — Duchtlingen: ebenda III, 1933—
1936, 359 f. — Immendingen: ebenda 13, 1937, 68 ff.
3) Solche Verhältnisse sind auch anderswo beobachtet. So scheinen Steinkistenflach-
gräber unserer Zeitstellung von Tolochenaz bei Morges, Kt. Waadt, Sitten und
Rovio, Kt. Wallis, eine innere Fortsetzung der in diesem Gebiet verbreiteten spät-
stein-frühbronzezeitlichen Steinkistengräberkultur vom Typus Chamblandes dar-
zustellen. Dazu E. Vogt, Die spätbronzezeitliche Keramik der Schweiz und ihre
Chronologie (1930) 4 ff. — O. Tschumi in: Anz. Schweiz. Altertumskde. 22, 1920,
73 ff.; 23, 1921, 1 ff.; ders. Urgesch. d. Schweiz (1949) 653. Hier wird Chamblandes
der Cortaillod-Kultur zugeschrieben.
 
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