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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 18.1948/​1950

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Nierhaus, Rolf: Eine klassizistische Fortuna-Terrakotte aus Murg (Ldkrs. Säckingen): ein Beitrag zur Ikonographie der Fortuna
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https://doi.org/10.11588/diglit.42247#0103

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Eine klassizistische Fortuna-Terrakotte aus Murg

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enthält, entspricht genau den Felicitas-Bildern desselben Herrschers25). Ebenso
ist für die barbarischen Prägungen unter Antoninus Pius mit FORTVNA AVG.
oder FORTVNAE FELICI, Fortuna stehend nach links mit Opferschale (patera)
und Füllhorn20), an die Herleitung von einem Felicitas-Typus zu denken, wenn
ich auch unmittelbare Entsprechungen nicht kenne. — Weitere Münzbilder mit
der Umschrift Fortuna, für die ich keine Entsprechungen finde, seien kurz an-
gefügt: Hinter dem nur einmal im Bürgerkrieg 69 n. Chr. vorkommenden Bild
mit Fortuna mit Kranz und Füllhorn 27) dürfte ein Typ der Abundantia stehen.
Nicht erklären kann ich einige Commodus-Münzen mit FORTVNAE MANENTI
und Ämterangabe, Fortuna sitzend nach links mit Füllhorn und ein Pferd am
Zügel haltend (eine Reminiszenz an die gallische Epona?)28). Wie wenig dieses
zuletzt genannte Bild als eine Wiedergabe der Fortuna empfunden wurde, geht
daraus hervor, daß dasselbe Bild gelegentlich mit einem Steuerruder hinter
dem Sitz versehen wurde29). — Eine Entlehnung von luno ist Fortuna mit
Donnerkeil und Szepter unter Commodus30).
So führt die genauere Überprüfung der Münzbilder mit Fortunadarstellungen
ohne das Steuerruder zu dem Ergebnis, daß es einen scharf umrissenen For-
tuna-Typus ohne das Steuerruder während der Kaiserzeit nicht gegeben hat.
Die wenigen soeben aufgeführten Beispiele dieser Fortuna ohne Steuerruder
sind in sich uneinheitlich und können auf verschiedene Vorbilder zurück-
geführt werden. Außerdem werden sie kaum als wirkliche Darstellungen der
Fortuna empfunden, wie die gerade erwähnte Beobachtung beweist, wonach
gelegentlich das Steuerruder in wenig sinnvoller Weise angebracht wurde, um
Fortuna als solche zu kennzeichnen. Für das Denken der Kaiserzeit war eben
Fortuna ohne das Steuerruder kaum vorstellbar.
Und doch hatten die römischen Stempelschneider, die den Bildtypen der Feli-
citas, Abundantia und anderer Personifikationen die Aufschrift Fortuna
beifügten, in einem tieferen Sinne recht, ihnen selbst freilich kaum mehr be-
wußt. Denn in der kaiserzeitlichen Fortuna mit dem Steuerruder lebt, wie wir
sahen, nur e i n hellenistischer Tyche-Typus ■—• ziemlich sicher der alexan-
drinische, s. o. — in verengter und erstarrter, offenbar von der Regierung be-
günstigter Form weiter. Daneben verschwanden aber die zahlreichen anderen
griechischen Darstellungsweisen der Göttin, die oben kurz gestreift wurden,
nicht gänzlich. Freilich führen sie zumeist nur ein verdecktes Dasein; denn die
weiblichen Figuren, die auf den römischen Münzbildern als Abundantia, Feli-
citas, Concordia u. a. mit den Abzeichen des Segens und der Fülle, wie Opfer-
schale, Füllhorn, Szepter, Ährenbündel usw. auftreten und mitunter ausweis-
lich ihrer Umschrift auch Fortuna darstellen sollen, spiegeln eine Seite der
griechisch-hellenistischen Tyche wider 3I), die in der Kunst der römischen Kai-

25) z. B. MS. III 393 Nr. 238 mit demselben Bild und der Umschrift FELIC. COM.
sowie den Ämtern des Kaisers; weitere Beispiele ebda. 453 f., Index s. v. Feli-
citas.
2«) MS. III 65 Nr. 322—323.
27) MS. I 184 Nr. 1.
28) MS. III 386 Nr. 191a und Taf. 14, 291; 429 Nr. 547.
29) MS. III 427 Nr. 534.
30) MS. III 387 Nr. 191b; vgl. das entsprechende Münzbild mit Jupiter 427 Nr. 531.
31) Vgl. z. B. für Tyche mit Schale und Füllhorn die Belege in ML. 1360 (Statue des
Praxiteles in Megara); 1369 (Münzen aus Argos aus dem 3. Jhdt. v. Chr.); Tyche
mit Ähren in den Händen in Alexandria, offenbar ein von Isis entlehntes Motiv:
ML. 1366 ff. usw.

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