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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 18.1948/​1950

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Garscha, Friedrich; Hammel, Karl; Kimmig, Wolfgang; Kraft, Georg; Schmid, Elisabeth: Eine Dorfanlage des frühen Mittelalters bei Merdingen (Ldkrs. Freiburg)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42247#0177

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Eine Dorfanlage des frühen Mittelalters bei Merdingen

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Formenreihe H. Die unter H zusammengefaßten Randprofile, die man als
lippenähnlich bezeichnen könnte, haben gleichfalls Vorläufer in karolingischen
Kugeltöpfen60). Zahlreich sind sie dann in den ottonischen Funden von Laden-
burg und Mannheim, Stadtteil Seckenheim vertreten; meist ist hier der Rand
niedrig, vereinzelt auch schon verlängert. Merdingen und seiner Zeit entspre-
chende Randprofile gibt es aber auch in Breisach, Stadtteil Hochstetten und
Efringen-Kirchen, so daß Gefäße mit lippenähnlicher Randbildung der Reihe H
mit zu den beliebtesten Formen des 9.—11. Jahrhunderts gehören. S. Loeschke
hat eine Randbildung wie H 2 auf 1136 festgelegt (vgl. Anm. 53). Auf dem
Lützelhardt bei Lahr sind Randprofile der Reihe H nur noch in einem Exem-
plar vertreten.
Die kurzen, gedrückten Ränder der Reihe H (Taf. 30, H 9—13) lassen sich auf
die von L. Hussong „gedrückte Kugeltöpfe“ genannten Formen zurück-
führen ao). In Ladenburg und Mannheim, Stadtteil Seckenheim, also in ottoni-
scher Zeit, sind diese Ränder noch sehr zahlreich, dagegen in Merdingen und
Efringen-Kirchen auf wenige Exemplare beschränkt. Etwas häufiger sind sie in
Breisach, Stadtteil Hochstetten. In dem von S. Loeschke auf 1136 festgelegten
Fund findet sich noch ein Profil, das etwa dem von H 13 entspricht.
Die lippenähnlichen Ränder der Formenreihe H haben sich in spätromanischer
Zeit zum Rand mit Deckelkehle weiterentwickelt, nur ist das Profil voller und
plastischer geworden. In Breisach, Stadtteil Hochstetten, läßt sich ein solches
Stück ausscheiden, vielleicht auch in Efringen-Kirchen. Noch in den Viereck-
kacheln vom Lützelhardt und in glasierten Kacheln von Efringen-Kirchen
klingt das Profil der Reihe H nach.
Sonderformen. Vergleichsstücke zu der unter „Sonderformen“ zusammen-
gefaßten Reihe mit plastischer und linearer Zier finden sich bei F. Radema-
cher 61). Aber auch die ottonischen Funde aus Ladenburg und Mannheim, Stadt-
teil Seckenheim, bieten reichliche Parallelen. Auch in den oberrheinischen
Fundkomplexen von Breisach, Stadtteil Hochstetten und Efringen-Kirchen, die
eine längere Zeitspanne umfassen, fällt jeweils eine Gefäßgruppe auf mit der
gleichen plastischen und linearen Zier und dem gleichen gelblichen-gelblich-
weißen Ton. Man wird demnach auch diese Fundgruppen der ottonischen Zeit
zuweisen müssen.
Die Scherben der Merdinger „Sonderformen“ weisen gegenüber der oben ge-
nannten echten ottonischen Ware eine größere Einfachheit in der Anbringung
der Schmuckelemente auf. Als Beispiel möge hier der rädchenverzierte Scherben
Taf. 31, 5 dienen, dessen Profil auf karolingische Kugeltöpfe zurückgeht (vgl.
Anm. 59), der als Typus dann in ottonischer Zeit mannigfach variiert erscheint
(z. B. Ladenburg und Mannheim, Stadtteil Seckenheim) und der endlich in
Merdingen im Spätottonischen auftritt, ein Datum, das wohl für alle Merdin-
ger „Sonderformen“ Gültigkeit hat. Damit ist aber gleichzeitig auch eine obere
Grenze für den Beginn der Merdinger Siedlung gegeben.
Zusammenfassung und Datierung.
Aus all diesen Überlegungen folgt, daß die Hauptformen der Merdinger Tonware
auch an der Mosel, am Mittel- und Niederrhein (Köln), aber auch in den Harz-
59) L. Hussong, Keramik a. a. O. Taf. 3, Abb. 4, 8.
ao) L. Hussong, Keramik a. a. O. 86, Taf. 3, Abb. 2.
B1) F. Rademacher, Die ottonische Keramik Kölns, Der Cicerone NF. 17, 1925, 165 ff.
Abb. 1. 5. 6. 10. 11.
 
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