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Berger, Ludwig
Joh. Conrad Seekatz: ein deutscher Maler des achtzehnten Jahrhunderts : sein Leben und seine Werke — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 2: Heidelberg: Verlag Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.57084#0040
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Zweites Kapitel.
Die Mannheimer Studienzeit

den deutschen Zürstenhöfen des achtzehnten Jahrhunderts nahm
das dem verarmten Worms benachbarte Mannheim eine hervor-
Stelle ein. Mannheim übernahm das Erbe der Düsseldorfer
Kunstpflege. Seit den nahen Beziehungen der Düsseldorfer Residenz zu Rubens*
und van Dgk war der Kurpfälzer Hof zu einem dauernden Mittelpunkt künst-
lerischen Lebens geworden. Zu dem grundlegenden Erbteil einer flämischen
Tradition hatten sich unter der Regierung Johann Wilhelms neue Verbin-
dungen mit Deutschland und Italien gesellt und als Anna Maria Louisa von
Toscana, die zweite Gemahlin des Kurfürsten in der nordischen Residenz ein-
zog, fand sie dort die Kunst des heimatlichen Südens in hoher Blüte. Vene-
zianer, wie Antonio Pellegrini?, der von 1712 bis 1717 am Düsseldorfer Hofe
tätig war, oder Bolognesen wie Earlo Lignani, der sich der besonderen Gunst
des Kurfürsten erfreute, leiteten gemeinsam mit dem hochgeschätzten Hofpor-
trätisten Oouven langsam in die neue Zeit über, in der das Element des
„Dekorativ-Geschmackvollen" und „Modisch-Gefälligen" immer mehr in den
Vordergrund trat. Zür diese Wendung des höfischen Geschmacks ist vor allem
das hohe Ansehen der sogenannten niederländischen Manieristen bezeichnend,
hatte in Amsterdam ein Künstler wie Gerard de Lairesse Rembrandts Ruhm
zu verdunkeln gewußt, so erfreute sich nun Gottfried Schalken bei dem gebil-
deten Publikum eines Rufes, der das Andenken seines Lehrers Gerhard Oou
noch weit zu überstrahlen schien. Und in derselben weise versuchten Eglon
van der Neer und Willem van Mieris d. j. die Kunst ihrer großen vor-
fahren gleichsam zu überholen. Sie alle schlossen — noch im Vollbesitz der
subtilsten Technik — einen Kompromiß zwischen dem Erbe einer echt-nieder-
ländischen Schultradition und den neuen höfisch-akademischen Zeitströmungen.
Gerade mit dieser unangenehmen Verquickung zweier sich in ihrem innersten
Wesen widersprechenden Richtungen aber wußten sie das Auge ihres Publi-
kums zu bestechen. Ein erstaunliches Können täuschte über die Minderwertig-
keit der künstlerischen Absicht hinweg, und die meisterhafte Virtuosität der
Zeichnung und Oberflächenbehandlung sicherte ihren Leistungen auch in
Künstlerkreisen als „mustergültigem Vorbild" einen Beifall, der nicht ohne
Wirkung auf die kommende Generation bleiben konnte. Der Gefeierteste unter
allen diesen Übergangsmeistern war Adriaen van der werff, dessen Werke
* Levin a. a. O. (Beiträge zur Geschichte des Niederrheins Bd. 18) und I. N. Beringer, Nurpfälzische
Nunst und Nultur im 18. Jahrhundert. (Freiburg 1907.)
2 Oie beiden Gemälde des Pellegrini in der Nugsburger Galerie (Natalog Nr. 2389 u. Nr. 2390)
mögen hier als Beispiele angeführt werden, wielange schon vor Tiepolo die dekorative Nunst Venedigs
in Deutschland ihren Einzug hielt.
 
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