Achtes Kapitel.
Das Porträt.
ist es den Liebhabern der Kunstgeschichte nicht unangenehm,
zu erfahren, daß man von diesem schätzbaren Nünstler (Seekatz)
Bildnis, und diesen Verlust einer, beg einem solchen Manne
freilich ein wenig übertriebenen, Bescheidenheit zuzuschreiben habe." — Mit
diesen Morten schließt der oft genannte Biograph im Jahre 1780 seinen Auf-
satz und läßt uns vor dem Rätsel stehen, was wir nun mit den Bildern begin-
nen sollen, die als Selbstbildnisse des Malers genannt werden, deren eines
sich noch heute in Darmstadt befindet, hatte unser Anongmus, der doch sonst
um die Seekatzschen Gemälde in Darmstadt und Frankfurt scheinbar gut Be-
scheid wußte, nichts von diesen Merken gehört? Maren sie schon so bald nach
dem Tode des Malers vergessen?
Schubart hatte ein solches Selbstporträt von Seekatz, das seinem Berichte
nach aus guter Darmstädter Provenienz stammte, zu entdecken geglaubt und
stellte eine Reproduktion desselben seinem „Seekatz-Rapitel" vorarü. Seither
wurde dieses Gemälde wiederholt abgebildet- die stolzen Grünstädter über-
nahmen das Bild des hinter ihren Mauern geborenen als Titelblatt einer
Stadtgeschichte und das Goethebilderbuch (von Franz Neubert) brachte natür-
lich das neugefundene Porträt des Gevatters auch. Man prüfte nicht weiter
nach, obwohl jeder, der die Lebensdaten des Malers aus einem Nünstler-
lexikon entnommen hätte, sich ausrechnen konnte, daß Seekatz bereits als
Neunundvierziger aus dem Leben geschieden war- das Bild aber scheint doch
wohl einen bejahrteren Mann wiederzugeben. Jedenfalls ist dieser Umstand
augenfällig genug, um die Krage — auch einem Forscher wie Schubart gegen-
über, dessen Verdienste natürlich durch keine derartigen Einzelheiten geschmä-
lert werden können — erlaubt scheinen zu lassen, welche Nriterien denn in
diesem Falle überhaupt für Seekatz sprachen. Die Darmstädter Provenienz
allein durfte natürlich nicht genügen, besonders bei der stattlichen Anzahl
der Hessen-Darmstädter Hofporträtisten,- was aber die künstlerischen Eigen-
heiten wie die breite Pinselführung oder das warme Rolorit betrifft, so sind
es gerade sie, die den Gedanken, daß wir es hier mit einem Merke von See-
katzens Hand zu tun haben, völlig ausschließen. Die malerische Behandlung
des Nopfes oder der Hand ist auf diesem Stücke von einer Weichheit und zu-
gleich plastischen Nraft, wie wir sie, wenigstens im größeren Formate, bei
i Vas Gemälde befindet sich zurzeit im Besitze von Zrau Or. Schubart-Gzermak in München.
Das Porträt.
ist es den Liebhabern der Kunstgeschichte nicht unangenehm,
zu erfahren, daß man von diesem schätzbaren Nünstler (Seekatz)
Bildnis, und diesen Verlust einer, beg einem solchen Manne
freilich ein wenig übertriebenen, Bescheidenheit zuzuschreiben habe." — Mit
diesen Morten schließt der oft genannte Biograph im Jahre 1780 seinen Auf-
satz und läßt uns vor dem Rätsel stehen, was wir nun mit den Bildern begin-
nen sollen, die als Selbstbildnisse des Malers genannt werden, deren eines
sich noch heute in Darmstadt befindet, hatte unser Anongmus, der doch sonst
um die Seekatzschen Gemälde in Darmstadt und Frankfurt scheinbar gut Be-
scheid wußte, nichts von diesen Merken gehört? Maren sie schon so bald nach
dem Tode des Malers vergessen?
Schubart hatte ein solches Selbstporträt von Seekatz, das seinem Berichte
nach aus guter Darmstädter Provenienz stammte, zu entdecken geglaubt und
stellte eine Reproduktion desselben seinem „Seekatz-Rapitel" vorarü. Seither
wurde dieses Gemälde wiederholt abgebildet- die stolzen Grünstädter über-
nahmen das Bild des hinter ihren Mauern geborenen als Titelblatt einer
Stadtgeschichte und das Goethebilderbuch (von Franz Neubert) brachte natür-
lich das neugefundene Porträt des Gevatters auch. Man prüfte nicht weiter
nach, obwohl jeder, der die Lebensdaten des Malers aus einem Nünstler-
lexikon entnommen hätte, sich ausrechnen konnte, daß Seekatz bereits als
Neunundvierziger aus dem Leben geschieden war- das Bild aber scheint doch
wohl einen bejahrteren Mann wiederzugeben. Jedenfalls ist dieser Umstand
augenfällig genug, um die Krage — auch einem Forscher wie Schubart gegen-
über, dessen Verdienste natürlich durch keine derartigen Einzelheiten geschmä-
lert werden können — erlaubt scheinen zu lassen, welche Nriterien denn in
diesem Falle überhaupt für Seekatz sprachen. Die Darmstädter Provenienz
allein durfte natürlich nicht genügen, besonders bei der stattlichen Anzahl
der Hessen-Darmstädter Hofporträtisten,- was aber die künstlerischen Eigen-
heiten wie die breite Pinselführung oder das warme Rolorit betrifft, so sind
es gerade sie, die den Gedanken, daß wir es hier mit einem Merke von See-
katzens Hand zu tun haben, völlig ausschließen. Die malerische Behandlung
des Nopfes oder der Hand ist auf diesem Stücke von einer Weichheit und zu-
gleich plastischen Nraft, wie wir sie, wenigstens im größeren Formate, bei
i Vas Gemälde befindet sich zurzeit im Besitze von Zrau Or. Schubart-Gzermak in München.