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Berger, Ludwig
Joh. Conrad Seekatz: ein deutscher Maler des achtzehnten Jahrhunderts : sein Leben und seine Werke — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 2: Heidelberg: Verlag Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.57084#0106
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Sechstes Kapitel.
Die Arbeiten für den Grafen Thorane

waren schlechte Zeiten um die wende vom 5. zum 6. Jahrzehnt,
denen der siebenjährige Krieg seine Schatten bis an die Grenzen
des heiligen Römischen Reiches warf. Oie von Westen her durch die
Sande ziehenden französischen Truppen machten die Sage nicht angenehmer,
indem sie die ängstliche Stille banger Erwartung unterbrachen, mit der man
— hie kaiserlich, hie „frihisch" gesinnt — dem Ende entgegensah. Oer mit
dem wiener Hof so eng befreundete Sandgraf Sudwig VIII. hatte wohl ge-
wußt, warum er dem Erbprinzen zu Beginn des Zahres 1757 anbefohlen hatte,
den preußischen Dienst zu verlassen- die Begründung in einem Briefe an dessen
Gemahlin, die spätere große Landgräfirü: «que la eour cke Versailles n'est
plus clu Wut arme cle celle cke Berlin» verrät deutlich seine Befürchtungen,
deren Berechtigung der wiederholte Durchzug französischer Truppenmassen
durch die Sandgrafschaft im Verlauf der folgenden Zähre erkennen läßt. Oie
Zagdvergnügungen, deren Erlebnisse in der früheren und späteren Korrespon-
denz des Landgrafen mit der Erbprinzessin eine so große Rolle spielen, wurden
für eine weile eingestellt, und auch auf das Kunstleben mußte diese allge-
meine Stimmung lähmend wirken?. Oa konnte denn der Hessen-Oarmstädtische
Hofmaler dem Zufalle nicht genug danken, der ihn gerade in diesen schweren
Zähren einen Mäzen finden ließ, und ihn der Sorge überhob, auf ungewissen
verkauf hin seine Gemälde auszuführen. Und es war ein sonderbarer Zu-
fall, daß Graf Thorane, der Königsleutnant, gerade bei dem Herrn Rat Goethe
am Hirschgraben einquartiert wurde, in dem Seekatz und die frankfurter Maler
einen wahrhaft interessierten Gönner besaßen, und in dessen Besitz ihre Bilder
in guter Auswahl zu finden waren. So mag bei jener ersten Besichtigung des
Goetheschen Gemäldezimmers, die sich der Graf noch in der Nacht seiner An-
kunft erbat, der Sokalpatriotismus und Kennerstolz des begleitenden Herrn
Rat, der bei der mäßigen Beleuchtung seinen Kommentar dazu gab, seine Rolle
gespielt haben, und das unruhig flackernde Kerzenlicht mag wohl besonders
dem lebhaften, unregelmäßigen Pinselstrich der Seekatzschen Stücke zugut ge-
kommen sein. „Gleich in den ersten Tagen der Anwesenheit des Grafen wurden
die sämtlichen frankfurter Maler, als Hirt, Schütz, Trautmann, Nothnagel,
1 pH. N. F. Walther, Briefwechsel der großen Landgräfin Raroline von Hessen, Wien 1877, Ld. 2,
S. 144,- vergl. auch PH. U. F. Walther, Landgräfin Raroline von Hessen, 5. 22/23.
2 So wurde z. L. von dem Frankfurter Rate, dem Schauspieler wallerothg wegen der kriegerischen
Zeitverhältnisse im Jahre 1756 einmal die Erlaubnis versagt, seine Romödien in Frankfurt aufzuführen,
vergl. E. Wentzel, Oie Schauspielkunst in Frankfurt a. wain.
 
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