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Berger, Ludwig
Joh. Conrad Seekatz: ein deutscher Maler des achtzehnten Jahrhunderts : sein Leben und seine Werke — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 2: Heidelberg: Verlag Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.57084#0181
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Neuntes Napitel.

Die letzte Phase (1765—1768).

n der gleichen Zeit — ungefähr um die Zahre von 1762 bis zur Milte
des sechsten Jahrzehntes — kamen nun auch einzelne Bestellungen
in der Residenz Darmstadt an den bisher wenig beachteten Hofmaler.
Seitdem man von den großen dekorativen Aufträgen für das Schloß in Süd-
frankreich gehört hatte, war man aufmerksam auf ihn geworden^. Oie Themen
dieser Darmstädter Gemälde gehören indes alle dem Gebiete der Historie an,
und darin lag wieder der Zwiespalt, den wir schon bei dem Goetheschen Kami-
lienbilde kennen lernten. Das Übliche, das diese Zeit von dem Maler ver-
langte — Porträt oder Historie —, lag der künstlerischen Veranlagung Seekatzens
gleich schlecht. Er malte alle diese Bilder, weil man sie bezahlte, aber
ohne eigentliche innere Teilnahme. Er wußte, daß das nicht seine Sache war,
und schon der Biograph von 1780 betont richtig, daß er sich andere Stoffe
aussuchte, „wenn die Gegenstände seiner eigenen Wahl überlassen waren".
Auch das größere Zormat, das über das Maß seiner kleinen Genre-Szenen
hinausgeht, kennzeichnet diese Werke als Bestellungen. Drei derartige Stücke
befinden sich noch heute in Darmstädter Privatbesitz, das eine, eine bibli-
sche Historie, die „Verstoßung der Hagar", die schon im Zusammenhang mit
der Helene Martini genannt wurde, ist ungefähr gleichzeitig mit einem
„Narziß am Brunnen" ausgeführt?,- das dritte, ein „Naub der Proserpina",
scheint aus etwas früherer Zeit und hat noch mancherlei Berührungspunkte
mit den Grasser Tapetenmalereien?. Ein „Sabinerraub", der als größtes


i So schreibt schon der Biograph von 1780: „Oer Nönigl. franz. Obrist Graf von Thorane, der im
letzten Nrieg die Nönigs-Lieutenants-Stelle zu Krankfurt versähe, zog Seekatzen aus der Nrmuth und Nied-
rigkeit, worin sein unerkanntes Verdienst hier demmerte, hervor usw." Diese Stelle ist auch noch in anderer
Beziehung von Interesse. Sie könnte uns die Erklärung für die falsche Schreibart Thorane — statt Thoranc
— in „Goethes Wahrheit und Dichtung" geben, wenn schon Donner darauf aufmerksam gemacht hat
(Donner a. a. G. 5. 205), datz Goethe in „Wahrheit und Dichtung" zweifellos hüsgens „artistisches Magazin"
als Ouelle benutzte, so scheint es mir ebenso sicher, datz auch die kleine Seekatz-Biographie aus dem hessi-
schen Nalender von 1780 Goethe vorlag, als er die Seekatz betreffenden Stellen niederschrieb. Dort steht
auch schon die Bemerkung über die Gattin des Walers: „Er (Seekatz) hatte den Kehler oder die Tugend des
Rubens, auf allen Gemälden, wo weibliche Kiguren waren, das Porträt seiner Krau anzubringen, die ebenso
korpulent, als er mager war." Dort steht gleichfalls die Notiz, datz Seekatz bei Brinkmann studiert hatte.
Vor allem aber ist dort schon der Name des Nönigsleutnants: „Thorane" — statt Thoranc! — geschrieben.
Besonders aus dieser letzten Beobachtung möchte ich schließen, datz der oft zitierte Nlmanach Goethe als
Ouelle vorgelegen, und datz er von hier den Schreibfehler übernommen hatte.
Das erstere im Besitze von Herrn Prof. PH. O. Schäfer, das zweite bei Krau E. E. Merck. Beide
in dem Katalog der Darmstädter Iahrhundertausstellung (Nr. 616 und 618), vergl. Biermann Bd. I
S.153 u. 159.
3 Z. B. die Bewegung der geraubten Proserpina, die an die wieder in den Hades zurückgeholte
Eurgdice in dem Salon des Kontmichelschen Hauses erinnert. Das Gemälde befindet sich im Besitze von
Exzellenz M. Nothe.
 
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