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Seite 346

No. 42

KUNS1 - HEROLD

neben Bestimmungen, die beide Materien betreffen, auch Be-
stimmungen enthalten sind, dfe nur für eine der behandelten
Materien Geltung haben, da hierdurch in den beteiligten
Kreisen nur Unklarheit und Verwirrung hervorgerufen werden
kann. Es ist einfacher, wenn der Photograph das Photo-
graphiieschutzgesetz und der Künstler das Kunstschutzgdsetz
nachschlägt, als wenn sich jeder in dem Gesetz erst die ihn
betreffende Vorschrift heraussuchen muss. Dazu kommt
weiter, dass diie Verquickung beider Materien in einem Gesetz
naturgemäss dazu verführt, Bestimmungen, die nur für eine
Mathnie passen oder sich bei dieser als notwendig' herausge-
stellt haben, auf beide Materien auiszudehnen. Unter diesem
Bestreben hat zweifellos die Kunst bei dem vorliegenden Ge-
setzentwurf zu leiden, wie im späteren noch nachgewiesen
wird.
Abgesehen von dieser von der Künstlerschaft für not-
wendig erachteten durchgreifenden Aenderung des Gesetzes
bietet dasselbe in folgenden Punkten Anlass zu Bedenken:
§ 2. Es erscheint nicht angängig, den Zweck, den ein
Bauwerk verfolgt, als Kriterium für die Gewährung des
Schutzes aufzustellen. Massgebend muss vielmehr sein, ob sich
das Bauwerk als ein Werk der bildenden Kunst darstellt oder
nicht; hierfür ist aber der Zweck, den der Erbauer verfolgt,
nebensächlich. Dazu kommt, dass die Zweckbestimmung sehr
häufig zweifelhaft sein kann.
Es wird diessieiits vorgeschlagen, „Erzeugnisse der Bau-
kunst“ zu sagen da hierdurch am besten zum Ausdruck ge-
bracht wird, dass das Bauwerk dem Gebiete der bildenden
Kunst angehören muss, und die Bezeichnung „Kunst“ keiner
besonderen Definition bedarf.
Statt „.Kunstgewerbe“ dürfte es praktischer und ge-
schmackvoller sein, den allgemein bekannten Ausdruck „an-
gewandte Kunst“ zu wählen.
Der § 2 Absatz würde dann folgende Fassung erhalten:
Die Erzeugnisse der angewandten Kunst und der Baukunst
gehören zu den Werken der bildenden Künste.
Zum § 10.
Der neu hinzugefügte 3. Absatz des § 10 entspricht an
sich einem Wunsche der Künstler. Die Künstlerschaft hat
indes Bedenkfeh gegen die Aufnahme des Satzes, ..soweit nicht
ein anderes vereinbart ist“ . Uebertragung des Urheberrechts
und Uebertragung des Eigentums stehen an sich in gar keinem
Zusammenhänge Dies wollten die Künstler mit Rücksicht
auf mancherlei Unklarheiten, mit möglichster Schärfe im Gesetz
ausgesprochen wissen. Dadurch, dass auf die Möglichkeit
einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Verain-
barung besonders hingewiesen wird, wird dies Bestreben ver-
eitelt. Die Bestimmung, die an sich überflüssig' ist, kann
insofern schädlich wirken, als sie die Verschiedenheit von
Uebertragung des Eigentums und des Urheberrechts verwischt
und dazu verleitet, eine Vereinbarung auch da anzunehmen,
wo sie nicht vorliegt. Am besten würde dies Bedenken be-
seitigt, wenn die Ueberlassung dtels Eigentums nur bei einer
ausdrücklichen Vereinbarung auch dem Uebergang der Ur-
heberrechte zur Folge hätte. Der Wunsch der Künstler geht
dehalb dahin.
entweder den Relativsatz ganz fortzulässen oder in ihm das
Wort „ausdrücklich“ einzuschalten.
Zu § 15.
Der § 15 in seiner jetzigen Fassung vereinigt die früheren
SS 4 und .15. In der Kommission war der Antrag gestellt
worden, an den Eingang des § 4 die Definition des Urheber-
begriffs dahin zu stellen:
„Urheber eines Werkes ist derjenige, welcher es gestaltet hat“.

In der Beratung wurde die Weglassung dieser Definition
damit bgründet, dass die Definition unnötig und unrichtig sei
und dass auch seitens dter Künstler Widerspruch gegen ihre
Aufnahme erhoben sei.
Von einem solchen Widerspruch ist der Allgemeinen Deut-
schen Kunstgenossenschaft, die die bei weitem grösste Ver-
tretung d.yr deutschen Künstlerschaft, ist, nichts bekannt:
vielmehr haben sich die zur vertraulichen Beratung zugezoge-
nen Künstler gerade für Aufnahme der Definition ausge-
sprochen.
Ebensowenig kann zugegeben werden, dass sie unnötig
und unrichtig sei. Der Deutsche Richter ist in Fragen des
Urheberrechts grösstenteils nicht bewandert, so dass es nur
nützlich sein kann, wenn ihm eine gesetzliche Definition von
vornherein Klarheit über den Begriff des Urhebers verschafft.
Eine gesetzliche Festlegung' des Urheberbegriiffs erscheint
aber gerade jetzt um so nötiger, als bedauerliche Versuche ge-
macht werden, diesen Begriff zu verschiebe.!). Els sei daran
erinnert, das die hiesige Firma für Bauausführungen Boswau
& Knauer, deren Inhaber kein Architekt ist, bei dem Bau des
von Sehring entworfenen Düsseldorfer Stadtthieaters nicht
diesen, sondern sich selbst als Urheber bezeichnet hat, und
dass sie dasselbe Verfahren beim Bau des Neuen Schauspiel-
hauses in .Berlin eingeschlagen hat Es kann nun nach An-
sicht der Künstler keinem Zweifel unterliegen, dass hier nicht
die bauausführende Firma, sondern der Architekt, der das
Werk der Baukunst gestaltet und diese Gestaltung in seinen
Zeichnungen niedergelegt hat, sein Urheber ist, und es kann
nur vorteilhaft sein, Wenn etwaige Zweifel hierüber durch
eine gesetzliche Definition des Urheberbegriffs nach Möglich-
keit ausgeschaltet würden.
Unrichtig könnte die Defnition allerdings für den Urheber-
begriff des Photographen sein, soweit man hier überhaupt von
einem Urheber sprechen kann. Im photographischen Atelier,
in dem neben dem Inhaber eine Anzahl von Gehilfen zu arbeiten
pflegen, hat der Inhaber häufig mit der Aufnahme nicht das
Geringste zu tun, da die in den meisten Fällen völlig mechani-
sche Tätigkeit von einem beliebigen Gehilfen in seiner Ab-
wesenheit vorgenommen werden kann und vorgenommen
wird, während als Urheber der Inhaber des Ateliers angesehen
werden soll und angesehen wird. Es zeigt sich hier deutlich,
wie schädlich die Verquickung von Kunstschutz und Photo-
graphieschutz ist. Würdte die Photographie in einem besonderen
Gesetz behandelt so würde sie die Gestaltung des künst-
lerischen Urheberrechts nicht behindern und letzteres könnte
einen Ausbau erhalten, der dem Interesse der Kunst und dem
der Künstler nur förderlich sein würde.
Dass der künstlerische Urheberbegriff nicht auf die Werke
der Photographie passt, ergibt weiter der 2. Absatz des § 15
des Entwurfs. Zutreffend werden auf Seite 6 des Berichts
der X. Kommission die 4 Fälle der Nachbildung erörtert und
hierbei hervorgehoben, dass im Fall 2 (Nachbildung eines
Werks der Photographie durch ein ebensolches) und im Fall 3
(Nachbildung eines Werks der bildenden Kunst durch ein
Werk der Photographie) niemals ein neues selbständiges Ur-
heberrecht entstehen könne. Nichts steht wohl mehr im Gegen-
sätze zu der das Wesen des Urheberbegriffs bildenden selbst-
ständigen geistigen Schöpfung als die völlig mechanisdhe
Photographie. Der Urheberbegriff setzt voraus, dass etwas
Neues, Selbständiges entsteht. Gerade hieran fehlt es aber
in diesen Fällen,
Wird der Photographie eines Kunstwerks ein selbständiges
Urheberrecht zugesprochen, so ergibt sich auch der sehr
bedenkliche Rech.tszustand, dass det Photograph ein selbst-
ständiges Urheberrecht auch den Künstlern gegenüber hat. Zu
welchen Uiizuträglfchekiten das führen kann, ergibt die Er-
 
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