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Seife 348

KUNST-HEROLD

No. 42

Namen des Künstlers festzustellen, dessen Werk er verviel-
fältigt.
Falls daher dem prinzipiellen Wunsche der Künstler nicht
Rechnung getragen wind, geht ihr Vorschlag dahin:
a) den letzten Satz des 1. Absatzes des § 20 wie folgt zu
ändern.
„Die Vervielfältigung’ der einzelnen Teile eines Werks
oder die Vereinigung mehrere Ansichten eines Werkes zu
einer Sammlung, sowie 'die Vervielfältigung von einem Bau-
werke ist unzulässig.“
b) Nachstehenden Zusatz zum § 20 zu machen:
„Wer ein Werk in dieiser Weise vervielfältigt, hat den
Namen des Urhebers, sofern dieser an dem Werke angebracht
ist, anzugeben.“
Zu §§ 22 und 22a.
Es ist schon von der Kommission darauf hingewiesen
worden, dass das sogenannte Recht am eigenen Bilde, das
in den §§ 22 bis 23 bhihandtelt wird, kein Urheberrecht, sondern
ein Pehsönlichkeftsrecht ist und deshalb überhaupt nicht in
das Gesetz betreffend das Urheberrecht hineingehört
Soll es aber in diesem Gesetz behandelt werden, so be-
deuten die von dem Entwurf vorgesehenen Bestimmungen eine
schwere Schädigung der Kunst, die sich nach unserem Er-
messen ohne Beeinträchtigung anderer Interessen leicht ver-
meiden liesse.
Der Entwurf geht von dem Standpunkte aus, dass grund-
sätzlich die Verbreitung eines Bildnisses ohne Einwilligung des
Abgebildeteto unzulässig sei, und durchbricht diesen Grundsatz
nur in wenigen, in dem Entwurf aufgeführten Fällen. Es i
schränkt das Urheberrecht dieis. Künstlers also1 auch da ein,
wo keinerlei Interesse des Abgebildeten diese Einschränkung,
die tatsächlich eine Vernichtung des Urheberrechts bedeutet,
erfordert. I
Nach diesseitiger Ansicht müsste der Standpunkt des Ge- I
setzes gerade der umgekehrte sein, d. h. der Künstler müsste
in seindm' Urheberrecht auch hier im Prinzip frei sein und
nur solchen Beschränkungen unterliegen die das berechtigte
Interesse des Abgebildeten erfordern. Irgend welche stich-
haltigen Gründe gegen eine derartige Regelung können nicht I
vorgebracht werden. Die Äusserung der Regierungsvertreter J
in der Kommissionisberatung, dasls eine Vorschrift, die den |
Schutz des Abgebildeten von der Verletzung eines berechtigten
Interesses abhängig mache, in der Praxis zu Schwierigkeiten
führen und dien Schutz in vielen Fällen illusorisch machen
würde, ist unberechtigt und wirkt um so merkwürdiger, als
ja der letzte Absatz des § 22a ebenfalls dem Abgebildieten den
Schutz nur bei Verletzung eines berechtigten Interesses ge-
währt. Die Prüfung und Entscheidung der Frage, ob eint?
Abbildung ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten ver-
letzt. wiilrdi für den Richter sehr viel leichter sein, als. z. B. die
Prüfung der Frage, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitge-
schichte angehört, oder ob die Verbreitung einem höheren
Interesse der Kunst dient. Dazu kommt, dass der Begriff des
. berechtigten Interesses“ dem Richter nicht fremd ist, da er
sich z. B. im § 824 B.G B. (Kredit.g'efährdung) im § 34 G.F.G.
findet.
Wird sonach durch die diesseits vorgeschlagene Regelung
niemand geschädigt — denn mlehr als die Berücksichtigung
♦ seines berechtigten Interesses kann doch niemand biilligerweise
fordern —, so iist andererseits der Regierungsvorschlag ge-
eignet, schwere Missstände hervorzurufen.
Um seine Mission zu erfüllen, muss der Künstler nicht
nur in seinem Schaffen, sondern auch in der Veröffentlichung
dljis Geschaffenen frei und unbeschränkt sein. Dass er bei
jeder Bildnisskiizze oder -Studie, die er ohne den Gedanken
-’n eine Veröffentlichung gelegentlich anfertigt, sicli die Er-

laubnis zur Veröffentlichung geben lässt, ist undurchführbar.
Liegt gar noch zwischen der Herstellung und der Veröffent-
lichung ein längerer Zeitraum, so wird es in vielen Fällen
überhaupt unmöglich sein, die Erlaubnis des Abgebildeten oder
der Angehörigen einzuholen. Nun wird allerdings der Ent-
wurf die Veröffentlichung derartiger Studien dann ermög-
lichen, wenn sie einem höheren Interesse der Kunst dient.
Aber wann wird der Richter bei Veröffentlichung von Skizzen
eines unbekannten Künstlers annehmen, dass sie einem höheren
Interesse der Kunst dient? Und soll der Künstler stets das
Risiko tragen dass der Abgebildete, der keinerlei! Interesse
an dir Nichtveröffentlichung hat, aus einer Chikane die Ver-
öffentlichung untersagt und der Richter viel!eicht kein höheres
Interesse der Kunst als vorliegend erachtet? In vielen Fällen
aber wird, auch tatsächlich die Veröffentlichung keinem
höheren Interesse der Kunst di'inen. und es doch eine schwere
Schädigung dies Künstlers bedeuten, wenn der Abgebilldett
aus einer Chikane der Veröffentlichung widersprechen kann.
So wird man z. B. nicht sagen können, dass die Illustrationen
eines illustrerten Werks, etwa einer Reisebeschreibung gerade
dem höheren Interesse der Kunst dienen. Wenn nun unter den
Abbildungen sich irgend eine Bildnisskizze befindet, die ohne
Zustimmung des Abgebildeten aufgenommen ist. so kann der
Abgebildete aus einer Chikane gegen den Verleger oder
Künstler, vielleicht auf Betreiben eines Konkurrenten, die Be-
seitigung des Bildes und damit vielleicht die Vernichtung des
ganzen Werks fordern. Auch eine Quelle von Erpressungen
kann die harmlose Veröffentlichung eines Bildnisses hierdurch
wrden, zumal die vorsätzliche unbefugte Verbreitung eines
Bildnisses in § 32 unter Strafe gestellt ist.
Es kann nicht zweifelhaft sein, dass für die Stellungnahme
der Regierung Gründe massgebend gewesen sind, die auf dem
Gebiete der Photographie liegen, und dass also auch hier wie-
der die unnatürliche Verkuppelung von Kunst und Photographie
verhängnisvoll für die Kunst geworden ist. Soweit letztere in
Frage kommt, haben sich unter dem bisherigen Rechtszu-
stande keinerlei Missstände ergeben. Alle Beispiele über un-
befugte Eingriffe in das Recht am eigenen Bilde, sind aus
dem Gebiete der Photographie herbeigeholt und alle Befürch-
tungen, die laut geworden sind, betreffen nur Missbräuche
die von den Photgraphen ausgehen können. Kann man sich
entschliessen, Kunst und Photographie wieder in getrennten
Gesetzen zu behandeln, so wird man sich auch unschwer ent-
schliessen können, auf dem Gebiete der Kunst das „eigene
Bild“ nur gegen Missbrauch zu schützen.
Unser Vorschlag geht deshalb dahin: den SS 22 und 22a
als § 22 folgende Fassung zu geben:
..Verboten ist jede Verbreitung oder öffentliche Schau-
stellung eines Bildnisses, durch welche ein berechtigtes Inter-
esse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner
Angehörigen verletzt wird.“
Zu S 31.
Sehr bedenklich ist. dass die fahrlässige Verletzung des
Urheberrechts im § 3Jjnicfrt mehr unter Strafe gestellt ist.
Jeder praktische Jurist weiss, wie ungemein schwer gerade
auf dem Gebiete des Urheberrechts der Nachweis des Vor
satzes, d. h. des bewussten rechtswidrigen Handelns ist. In
den meisten Fällen wird sich der Täter hinter die Ausrede
zurückziehen können, dass ihm die Urheberrechtsver-
hältnisse des betreffenden Kunstwerks nicht bekannt
gewesen seien. und dass er nicht gewusst habe,
dass er durch seine Handlung ein Urhheberrecht
verletzte. Einen gewissen Schutz hiergegen scheint ja die
vom Reichsgericht vertretene Ansicht zu gewähren, dass auch
der sogenannte dolus eventualis die Strafbarkeit begründ-. Es
darf aber nicht äusser Acht gelassen werden, dass diese Rechts-
 
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