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DasVurhsüvAlle 5




Das Wohnhaus in Hannover.
„Das ist sehr nett von
dir . .
„Was die Gutsnachbarn
auch reden mögen, wenn
du eine ,Person' heiratest,
dir darf es gleich sein. Hast
du denn schon bestimmte
Schritte getan?"
Je länger sie sprach, um
so unheimlicher wurde es
dem Major. Wo lag denn
nur um alles in der Welt
die Lösung dieses Rätsels,
daß seine Base auf einmal
seinen geheimsten Wün¬
schen und Absichten das
Wort redete? Da steckte
doch etwas dahinter; oder
sprach auf einmal wirklich
selbstloses Verstehen mit?
Wie aber war es dann zu-
sammenzureimen, daß die¬
selbe Rechne noch vor vier
Wochen aufs Gegenteil
hinaus wollte? Vorsichtig antwortete er, daß er bis zur
Stunde sich noch nicht gebunden habe, er danke ihr jedoch
im voraus für ihre Anteilnahme an seinem Glück.
„Du würdest es dir gewiß verscherzen, wenn du auf
andere hören wolltest."
Das verstand er wieder nicht; er hatte ja gerade den
festen Entschluß gefaßt, einzig und allein seiner inneren
Stimme zu folgen. Und bei Regine fand er keinen
Widerstand? Laut sagte er: „Mir redet niemand hinein."
„Nun, wenn das dein fester Wille ist, um so besser.
Den Jahren nach paßt ihr ja ausgezeichnet zusammen.
Jedenfalls grüße mir deine liebe — ich darf wohl sagen
Ursula, nicht wahr? Nach allem, was ich gehört habe,
wird sie eine vorzügliche Hausfrau werden."
„Das wird sie!" sagte der Major warm. Allmählich
schwanden seine argwöhnischen Bedenken. „Dich so reden
zu hören, Regine, freut mich um so mehr, als ich gerade
bei dir auf gewisse Widerstände zu stoßen befürchtete.
Wir lagen uns doch gar manches Mal um unserer An-
schauungen willen in den Haaren."
„Weshalb auch nicht! Ich bezweifle, ob es ein idealer
Zustand wäre, wenn es keine Meinungsverschiedenheiten
geben sollte; die Kinder haben auch ihre eigenen An-
sichten, jedes nach seiner Art, und ich verstehe mich doch
mit ihnen prächtig. Annemarie hilft, wo rauhe Ecken
sind, mit ihrem sonnigen Lachen."
„Ja, die hat auch unsere Frohnatur geerbt, Hans-

Albrecht sitzt natürlich nach wie vor über seinen alten
Schmökern?"
Tante Neppchen seufzte. „Leider hast du recht. Immer
ist bei ihm alles anders wie bei anderen Leuten. Ein
anderer würde mit allen zehn Fingern Zugreifen ..."
Sie verstummte jäh und hustete.
Als der Major erstaunt aufblickte, sagte sie, ihr sei
der Wein in die unrechte-' Kehle gekommen.
„Wo sollte er denn zugreifen?" fragte der Major.
„Hast du etwa für den Jungen einen Heiratsplan bereit?
Das wäre schon der zweite heute —"
„Lieber Heinrich, in solche Dinge mische ich mich grund-
sätzlich nicht ein. Ich beschränke mich darauf — wie vorhin
in deiner Herzensangelegenheit —, lediglich meiner Ansicht
Ausdruck zu geben. Ungebetener Rat ist stets ein miß-
lich Ding. Aber davon abgesehen, bin ich selbstverständ-
lich gern bereit, meinem lieben Nächsten die Wege zu
ebnen."
Der Major dachte: „Dann mußt du dich wunderartig
verändert haben; bisher war niemand vor deinen Ein-
mischungen sicher. Heute freilich ..."
Sie unterbrach seine weiteren Gedanken: „Was
unseren.Hans-Albrecht angeht, lieber Vetter, so fühle
ich mir sogar eine heilige Verpflichtung auferlegt, sein
Bestes zu fördern, soweit
sich das irgendwie mit
meinen anderen Pflichten
vereinbaren läßt; meinen
Pflichten dir gegenüber
zum Beispiel."
„Das verstehe ich nun
wieder nicht. Du drückst
dich heute so—na, wie soll
ich sagen? — so rätselhaft
aus, Tante Reppchen."
„Man hat es nicht leicht,"
sagte sie ausweichend. „Aber
eines will ich dir heute
schon sagen: ich würde es
unverzeihlich finden, wenn
Hans-Albrecht nicht eine
gewisse junge Dame hei-
raten wollte, die jung und
liebenswürdig und wie für
ihn geschaffen ist."
„Alsohastdudoch eine..."
' „Ich darf nichts weiter
Das Arbeitszimmer. sagen; auch ist es schon spät

Ein Wohnzimmer.

Aus Hindenburgs Wohnung in Hannover.
Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. b. H., Berlin.

I. 1918.
 
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