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Die Falkner auf Lindenhöhe.
Roman von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
igrre machte noch einen schwachen Versuch, sich zu sträuben.
Aber als sie fühlte, mit welcher Entschlossenheit Achim ihren
Arm festhielt, gab sie nach uno lieh sich wegführen.
„Du hättest mich gehen lassen sollen," wiederholte sic. „Es
wäre besser, wenn du mich zu ihm liehest."
Achim mochte der Meinung sein, daß sie taum noch wußte, was
sie sprach. Die Erscheinung war ihm ja nicht mehr neu, wenn sie
sich auch bisher nur bei den schwersten ihrer unverständlichen An-
fälle gezeigt hatte. Als er sie über die Schwelle des matt erleuchteten
Schlafzimmers geleitet hatte, drückte er auf die elektrische Klingel.
„Das Mädchen soll dir behilflich sein, dich zu entkleiden," sagte
er in freundlich besänftigendem Ton. „Und ich werde Gerda bitten,
ein Weilchen bei dir zu bleiben."
Dagegen aber lehnte sie sich heftig auf: „Nein! Ich will sie nicht
sehen. Es soll niemand kommen außer Elise. Ich brauche keinen
Menschen. Mir ist ganz gut."
Sie sprach in kurzen, abgehackten Säßen. Als die Jungfer auf
der Schwelle erschien, raffte sie sich mit der ganzen Kraft ihres
Willen; zusammen: „Sie können mir etwas zur Hand gehen, Elise!
Bitte, Achim, laß mich mit den: Mädchen allein."
„Du wirst mir erlauben, später wieder nach dir zu sehen. Oder


kann ich schon jetzt etwas für dich tun? Glaubst du, daß es zweck-
mäßig sein würde, den Arzt anzurufen?"
„Nein! Es ist ganz überflüssig. Ich fühle mich sehr müde und
werde schlafen."
Die Erfahrung hatte Achim gelehrt, daß diese Zustände be-
ängstigender aussahen, als sie in Wirklichkeit waren, und daß die
nervöse Aufregung seiner Frau durch Fragen und Zureden meist
nur gesteigert wurde. Darum schien es ihm das beste, sie der Für-
sorge der sehr geschickten und zuverlässigen Jungfer zu überlassen.
Aber er ging nicht in die Bibliothek, sondern in das sogenannte
Frühstückszimmer hinüber, wo er Gerda beschäftigt fand, den Tisch
für den Abendtee zu richten.
„Wir werden auf Signes Gesellschaft verzichten müssen," sagte
er. „Sie kam sehr unwohl von ihrem Spaziergang heim; Elise
bringt sie eben zu Bett."
Gerda wollte sofort zu ihr; doch er bat sie, zunächst davon ab-
zustehen. Es sei nicht zu fürchten, daß es etwas Ernstliches sein
könne, und sie selbst habe den Wunsch ausgesprochen, allein zu bleiben.
Auch wäre darauf zu rechnen, daß Elise eine Verschlimmerung
sofort melden würde.
Nach einer Weile gesellte sich auch Erika zu ihnen; der Onkel
schlafe jetzt ganz ruhig, berichtete sie. Vorsichtshalber habe sie sich
doch noch telephonisch mit Doktor Germering besprechen wollen,
aber keine Antwort erhalten; offenbar sei er nicht zu Haus gewesen.
Auch sie hörte mit Bedauern von Signes Unwohlsein und sagte,
daß.ihr schon bei Tisch das mrgegriffene Aussehen der jungen Frau

Blick auf Annens.


xvu. ISIS.
 
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