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Irrungen in Liebeständeleien vergas;. Gegen die innere Zwietracht konnte
er mit Erfolg nicht ankämpfen, und seine wohlgemeinten Resormbestrebungen,
die den Staatskörper vielleicht hätten gesunden können, wurden von den Nach-
barn, vor allem von Katharina und auch von Friedrich II., vereitelt. Eine Ab-
schaffung des unheilvollen „Diberum veteo" wurde von ihnen nicht geduldet,
nm einer gefährlichen Erstarkung vorzubeugen. Die inneren polnischen Zustände
trieben dem Ende zu. Die Teilung Polens schwebte in der Luft, nachdem
Österreich im Jahre 1770 durch Besetzung der Zips den Anstoß dazu gegeben
hatte, als eines Gebietes, das ihm eigentlich von Rechts wegen gehöre. Als
Prinz Heinrich von Preußen Ende 1770 am russischen Hofe weilte, sagte Katha-
rina unter Bezugnahme auf diese österreichische Abtrennung halb scherzweise
zu ihm: „Warum sollten denn nicht alle anderen auch etwas nehmen." Der
Stein war ins Rollen gekommen, und am 6. August 1772 wurde der Teilungs-
vertrag unterzeichnet, den König Stanislaus gutheißen mußte. Seine spätere
Auflehnung gegen die weitere Teilung kostete ihn den Thron, dem er am
2b. November 1795 entsagen mußte. Die drei Mächte zahlten ihm ein Ruhe-
gehalt vou 200 000 Dukaten; am 12. Februar 1798 starb er iu St. Petersburg.
Preußen erwarb durch die erste Teilung Polens einen Landzuwachs von
etwa 600 Quadratmeilen mit rund 600 000 Einwohnern; es hatte den kleinsten
Anteil erhalten. Das Gebiet bestand aus dem heutigen Westpreußen, ohne
Danzig und Thorn, und dem Netzedistrikt, dein nördlichen Teil der jetzigen Pro-
vinz Posen. Die preußische Erwerbung befand sich in einem, den polnischen
Verhältnissen entsprechenden, trostlosen, verwilderten Zustand. „Ich glaube,
Kanada ist ebenso zivilisiert wie Pomereilen," schreibt der Alte Fritz an seinen
Bruder, „keiue Ordnuug, keine Einteilung. Die Städte sind in einem be-
jammernswerten Zustand." Mit der ihm eigenen Energie, die sich auch auf
die geringste Einzelheit erstreckte, ging Friedrich ans Werk, das Land zu germani-
sieren und kolonisieren. Seine erste Tat war die Aufhebung der Leibeigenschaft
und die Einrichtung eines geordneten preußischen Gerichtswesens. In der
Urbarmachung der Sümpfe und Moräste erblickte er eine weitere, erfolgver-
sprechende Aufgabe, und er fühlte sich nie befriedigter, als wenn er, auf den
Flußdämmen stehend, sagen konnte: „Ich habe eine Provinz gewonnen." Er
teilte die Provinz in Kreise ein, mit einem Landrat an der Spitze, und richtete
eine Polizei ein, „die diesem Lande selbst dem Namen nach unbekannt war"
(Brief an Voltaire im Jahre 1773). Die liebevolle Fürsorge des Königs erstreckte
sich in richtiger Erkenntnis auch auf die Einführung eines geordneten und guten
Schulwesens. Während in anderen preußischen Provinzen die Schulmeister
oft wenig gebildete Personen, häufig invalide Soldaten waren, legte er hier
großes Augenmerk auf eine gute Vorbildung und Eignung. Es wurden vier-
undvierzig katholisch-deutsche und dreiundachtzig katholisch-polnische Lehrer an-
gestellt, die das für damalige Zeiten hohe Gehalt von sechzig Talern jährlich und
ein Stück Gartenland erhielten. Wie im preußischen Staat, war auch hier die

Glaubensfreiheit gesichert, die unter polnischer Herrschaft nur auf dem Papier
bestanden und daher zu schwersten inneren Streitigkeiten geführt hatte. Von
wahrhaft kolonisatorischem Weitblick zeugte die Anlegung des Netzekanals, der
eine Verbindung der Oder mit der Weichsel schuf. Schon vor der ersten Teilung
Polens war Friedrich in Voraussicht der kommenden Staatsumwälzung diesem
Plan nähergetreten. Jetzt wurde er mit größter Beschleuuigung verwirklicht,
und bereits nach sechzehn Monaten Bauzeit konnte dieses volkswirtschaftlich
hochbedeutsame Werk dem Verkehr übergeben werden. Sechstausend Arbeiter
waren hierzu in Tag- und Nachtschicht beschäftigt gewesen, und in geradezu
amerikanischer Weise schritt die Arbeit vorwärts. Schon im Sommer 1773
konnte der König hocherfreut beladene Oderschiffc der Weichsel zufahren sehen.
Auf militärischem Gebiete suchte er ebenfalls das Land zu heben; so baute er
eine Kadettenschule in Kulm, deren Kosten — eine feine Ironie — aus den
Geldern bestritten wurden, welche die den Krieg und Kriegsdienst verwerfen-
den Mennoniten des Landes zur Ablösung der Heerespflicht zahlen mußten.
Dieses wichtige Zugeständnis der Heeresbefreiung machte Friedrich auch
allen neuen Kolonisten und ihren Söhnen; es ist das ein Beweis dafür, wie sehr
dein König an dem Zuzug neuer deutscher Ansiedler gelegen war. Seine
Agenten waren denn auch überall in deutschen Landen tätig, neue Kolonisten
zu gewinnen. Es wurden ihnen neben der obigen Vergünstigung, die selbst reiche
Leute ihrer Söhne wegen in die neue Provinz lockte, Neiseentschädigung, freier
Transport durch Preußen, die nötige Behausung, Scheune, Stallung, Vieh
oder Vichgelder, Ackergerät und fünfzehn Morgen Land für die Familie ge-*
währt. Auch von Abgaben blieben die Kolonisten befreit bis zum Jahre 1798,
als ihuen alles erb- und eigentümlich überlassen wurde.
Friedrichs Idee, jährlich tausend neue Familien in Westpreußen anzusiedeln,
konnte in so großem Umfange nicht verwirklicht werden. Bis zum Jahre 1786
waren eingewandert 11 015 Kolonisten aus 2203 Familien, von denen 768 aus
Polen, 668 aus Schwaben, 716 aus anderen deutschen Gebieten und der Rest
aus fremden Ländern stammte. Wie man sieht, stellte Schwaben bei weitem
den größten Anteil. Friedrich hat also auch erhebliche Kosten nicht gescheut,
seine neuen Provinzen zu besiedeln, waren doch allein die Reisekosten von Würt-
temberg nach dem Ziele nicht unbedeutende. Zu verhältnismäßig günstigen
Bedingungen erhieltcn.die Koloniste l ihr Land in Erbpacht; in der Regel war der
Wert mit neun Prozent zu verzinsen.
Jeden Monat ließ sich der König „über die wirklich angesehten Kolonisten
eine monatliche ckesiZuation ohnfehlbar und ohne säumig zu sein" vorlegen, und
streng achtete er auf jegliche Einzelheit. Ist auch die Kolonisierung des Landes
und seine Nutzbarmachung dein König gelungen, so hat sich eine andere Auf-
gabe, „den polnischen Mann zu deutscher Landesart zu bringen" und die Ein-
wohner mit Deutschen zu „mebren", in ihrem vollen Umfange bis heute uicht
verwirklichen lassen.


1- Sankt Petri heil (S. 3). — Die Zeit ist eine strenge Lehrmeisterin. In
diesen Tagen der Ernährungsschwierigkeiten hat man es überall auch in deutschen
Landen gelernt, den Seefischen die ihnen von Rechts wegen gebührende Wür-
digung als eines der zuträglichsten Nahrungsmittel entgegenzubringen. Fisch-
fang und Jagd waren es ja in erster Linie, die unseren Urvätern des Lebens
Notdurft gewährten. Wissen wir doch schon aus der Bibel, daß der Apostel
Petrus von Beruf Fischer war, in der Nähe von Kapernaum; dieses Gewerbe
hat ihn denn auch zu seinem Schutzpatron erkoren. Sankt Petri Heil! Mit
reichem Fange kehrt die spanische Barke von der Fahrt zurück; Wind und Wetter
waren günstig, und der Lohn für die gefahrvolle Arbeit erwartet die braun-
gebrannten Fischer am Lande. Vom Atlantischen Ozean und Mittelmeer um-
spült, ist Spanien schon im Altertum eine seefahrende Nation gewesen, die
naturgemäß dann auch in starkem Maße Fischfang trieb. In der Hauptsache
werden Thunfische, die sich ja auch jetzt bei uns Bürgerrecht erworben haben,
Sardellen und Salme gefangen, die meistens dann eingesalzen und mariniert
werden. Der Fisch spielt bekanntlich in südlicheren Ländern, die weniger dem
Fleischgenuß huldigen, eine wichtigere Rolle als bei uns, und von dem Erfolg
einer Fangfahrt hängt oft das Glück ganzer Familien ab.
1- Der kiampf mit -em Gorilla (S. 6). — Mit dem Rainen Gorilla, des
gewaltigsten aller menschenähnlichen und Affen überhaupt, verknüpft sich bei
uirs die Vorstellung außergewöhnlicher Kraft und meistens auch wohl von
Wildheit. Das erstere trifft auch tatsächlich zu, denn der Gorilla, bepackt mit
strotzenden Muskelbündeln, hat die Urkraft eines antiken Athleten; die land-
läufige Anschauung von herausfordernder Kampflust hat indessen vor der neu-
zeitlichen Forschung nicht standgehalten. Nur wenige Jäger sind so glücklich
gewesen, den Gorilla in der Natur anzutreffen, aus ihren Lebensschilderungen
geht indessen im allgemeinen hervor, daß das Tier die Menschen flieht und
auch, angegriffen und verwundet, nicht ausnahmslos den Jäger annimmt.
Haben die Eingeborenen einen Gorilla aufgespürt, so umstellen sie das Tier,
das meistens Rückendeckung sucht, in einem Halbkreis, nachdem sie es durch
einen Speerwurf verwundet haben. Am Entkommen gehindert, stürzt sich
der aufs höchste gereizte Riesenaffe auf einen der Angreifer und wirft ihn
häufig zu Boden. In diesem kritischen Augenblick bohren ihm die übrigen
dann ihre Speere in den Leib und bereiten ihm so ein schnelles Ende. Die
Vorbereitungen zn einem solchen Jagdzug sind recht umständlich, und sie er-
fordern meistens acht Tage, während welcher Zeit in der Hauptsache Zau-
bermittel gebraut werden.

1- Deutscher Fliegerangriff auf Munitionsfabriken an -er Themse (S. 12/13).
— ,.1l: 8ÜW88 as usuaO — Geschäft wie gewöhnlich, drs sollte Englands Parole
bei Kriegsausbruch sein. Albion wollte auch in diesem Kriege durch seinen
Krämergeist verdienen. Welche'grausamen Enttäuschungen sind dem Insel-
volt geworden, das sich, gestützt auf die mächtigste Flotte der Welt und dank
der geographischen Lage unangreifbar dünkte! Handel und Wandel stocken,
und auch die Schrecken des Krieges im eigenen Land hat die ernüchterte Nation
kennen lernen müssen. Die deutsche „Lustpest" hat sie ihnen eindringlich
gelehrt; England ist für sie keine uneinnehmbare Insel mehr. Häufig haben
deutsche Luftstreitkräste London und besonders sein „Herz", die Themsedocks,
heimgesucht. Hier befinden sich zahlreiche Munitionsfabriken, die ihre fertigen
Geschosse gleich den Frachtschiffen zur Beförderung an die Front übergeben
können. Sie bilden ein Lieblingsziel deutscher Flieger, die treffsicher ihre
Bomben zu landen und die Werkstätten in Trümmer zu legen wissen.
/X Ein deutscher Infanterieangrifs im Schutze von Krtilleriesperrfeuer
(S. 17). — Dem Stellungskrieg haben sich die Angriffsmethoden, im besonderen
das Zusammenwirken von Artillerie und Infanterie angepaßt. Zu den Auf-
gaben der Batterien gehört es, das Eeschützfeuer so einznrichten, daß das Vor-
gehen der Infanterie in jedem Stadium zweckmäßig unterstützt wird. Dem
Sturm geht ein vorbereitendes Vernichtungsfeuer voraus, das die Stellung
des Gegners sturmreif, die Besatzung möglichst kampfunfähig machen soll. So-
bald dann für die Infanterie der Augenblick zum Angriff gekommen ist, muß
sich das Eeschützfeuer wie ein Vorhang absperrend vor die eigenen Truppen
auf das Gelände dicht vor den Gräben des Gegners legen und ihn dadurch
zwingen in seiner Grabenstellung zu bleiben. Um das Heranziehen feindlicher
Verstärkungen zu verhindern, richtet sich das Feuer der Artillerie ferner als
Störungsfeuer auf die zurückliegenden Verbindungen, Unterkünfte und Be-
fehlsstellen. Diese verschiedenen Arten der Geschütztätigkeit arbeiten der In-
fanterie solange vor, bis diese aus den Sappen zum Sturm auf die gegenüber-
liegendeu Stellungen hervorbricht. Unmittelbar nach dein letzten Schuß der
Artillerie müssen die ersten Jnfanteriemannschaften den feindlichen Graben
erreichen. Auch dann darf die Arbeit der Geschütze nicht nachlassen, sondern
stets muß das weitere Vorrücken der stürmenden Truppen durch entsprechendes
Verlegen des Feuers unterstützt werden. Ist dagegen ein Angriff auf die
eigene Stellung zu erwarten, so wird die Artillerie durch Fernsprecher oder
Lichtsignale veranlaßt, durch Sperrfeuer das Herankommon des Gegners zu
erschweren oder unmöglich zu machen.
 
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