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3S8

DasLuchfüvAtle


1876 in Stuttgart verstorbene Ida v. Düringsfeld, die unter anderen!
ausgedehnte Reisen nach Italien, Dalmatien, Belgien und Frank-
reich unternahm. Die Früchte ihrer ethnographischen Studien ver-
wertete sie in verschiedenen Werken: „Böhmische Rosen"; „Aus Dal-
matien"; „Lieder aus Toskana"; „Von der Schelde bis zur Maas";
„Sprichwörter der germanischen und romanischen Sprachen";
„Brauch und Glauben der Hochzeit bei den christlichen Völkern
Europas". Während die zuerst genannten Forscherinnen vor allem
Land und Leute kennen lernen und darüber berichten wollten,
brachte Ida v. Düringsfeld am meisten Anteil der Geschichte, Literatur
und Kultur der betreffenden Völker entgegen, und da sie außerordent-
liche Sprachkenntnisse besaß, leistete sie auch Hervorragendes.
Als Reisegefährtin ihres Mannes, des österreichisch-ungarischen
Afrikaforschers Doktor Emil Holub, lenkte Rosa Holub allgemeine
Aufmerksamkeit auf sich. Sie teilte mit ihm
alle Strapazen, war ihm Genossin und Ka-
meradin, in Freud' und Leid seine beste Stütze.
Unerschrocken und todesmutig gleich ihrem.
Mann, ertrug und Überstand sie alle Gefahren
einer Afrikareise unter den ungünstigsten Ver-
hältnissen. Sie machte täglich, ohne über
Ermüdung zu klagen, Märsche von über acht-
undzwanzig bis dreißig Kilometer, oft mit
Fieber und in voller Ausrüstung, inmitten
furchtbarer Gefahren, im dunkelsten Afrika.
Sie schlief Wochen hindurch, namentlich als
Doktor Emil Holub und seine Begleiter im
Kampfe nicht nur gegen Panther und Löwen,
sondern auch gegen die Schwarzen im Ma-
schukulumbenlande lebten, kaum eine Nacht.
Bei einen: Anfall dieser wilden Völkerschaft
verteidigte sie tapfer das Lager und die wich-
tigen, auf das mühseligste fortgebrachten
wissenschaftlichen Instrumente und Samin-
lungen ihres Gatten; ihrer Entschlossenheit
war es zu verdanken, daß diese für die For-
schung so wichtigen Gegenstände erhalten
blieben. Ebenso mußte sie viele Tage und
Nächte lang ohne Fußbekleidung mit wunden
Füßen über Stoppeln abgebrannten Rohres und scharfen Grases
im Moraste marschieren. Von mitleidigen Schwarzen aus dem
Stamme der Matoka wurde sie mehrere Tage hindurch getragen.
In hohem Grade fesselnd sind die Schilderungen, die ihr Gatte in
seinen zahlreichen Reisewerken von den Erlebnissen, Forschungen
und Jagden gibt, die er stets in Begleitung seiner Frau unter-
nahm. Nicht minder fesselnd sind seine Erzählungen von den
Abenteuern, die er und Rosa Holub in den Diamantenfeldern in
Kimberley erlebten.
Unter den der neueren Zeit angehörigen Frauen dieses Kreises
gebührt einer märkischen Forscherin von hoher Begabung, der Schloß-
herrin von Roennebeck in der Altmark, Agathe v. Roennebeck, be-
sondere Beachtung. In ihrem Schlosse, wo sie als liebenswürdige
gastfreie Hausfrau waltet, befindet sich eine der eigenartigsten und
lehrreichsten Kunstsammlungen. Diese Frau durchquerte wiederholt
Europa, Asien und Afrika, und die Eindrücke, die sie in drei Welt-
teilen in sich aufgenommen, legte sie in anregenden, lebensvollen,
von scharfer Beobachtung, feinster Bildung und tiefem Gemüt
zeugenden Reisetagebüchern nieder, die indes nur handschriftlich
vorhanden sind. Überall wandte sie dem Volksleben, den Sitten,
Gebräuchen, Gewohnheiten sowie den Nationaltrachten ihre Auf-
merksamkeit zu.
Als Reisende und Sammlerin von Ruf ist Marie v. Amerling

zu nennen, die von ihren Fahrten und Abenteuern fesselnd zu be-
richten weiß. David Kalakaua in Honololu, ein inzwischen ver-
storbener König der Sandwichsinseln, empfing ste als halbzivilisierter
Herrscher europäisch gekleidet und unterhielt sich mit ihr längere Zeit,
wobei er sich mit besonderem Anteil über Wien zu erkundigen suchte,
wo er vor vielen Jahren schöne Tage verlebt habe und durch allerlei
Auszeichnungen geehrt worden sei. Daß er in dem ehemaligen
Vergnügungslokal „Ronacher" an der schönen blauen Donau auf
der Bühne den Vortänzer gemacht, verriet Seine Schwarze Majestät
wohlweislich nicht. Tags darauf wurde Marie v. Amerling von
der Königin Keralandia empfangen. Diese hieß die Weltumseglerin
neben sich niedersetzen. Auch Keralandia trug ein aus Europa
stammendes weißes, silberdurchwirktes Brokatkleid. Eine Hofdame
machte den Dolmetsch, da die Honolulumajestät nur die Insel-
sprache beherrschte. Sie fand Wohlgefallen
an den Schilderungen der Europäerin, die
ihr über gesellschaftliche Sitten und Gebräuche
bei der weißen Rasse viel erzählen mußte.
Nach einem fast einstündigen Gespräch löste
die Königin ein aus sehr kleinen Goldfedern
bestehendes Halsband los und band es um
den Hals der Weltreisenden, sie zum Abschied
umarmend.
Eine der am weitesten gereisten deutschen
Frauen ist wohl die bekannte Malerin, Dich-
terin und Schriftstellerin Hermione v. Preu-
schen. Im letzten Jahrzehnt vor dem Krieg
durchquerte sie fünfmal die Welt. Sie weilte
nicht nur flüchtig an einem Ort, sondern sah
sich überall gründlich um und blieb jeweilig
neun bis elf Monate unterwegs. Besonders
lange weilte sie im Innern Afrikas sowie
in Indien, namentlich in Jndochina, dann
auf Java, Sumatra, in China und Japan.
Dreimal war sie auf Ceylon. Fünf Jahre
lebte sie in Amerika, unter anderem auch
in Utah bei den Mormonen. Sie verfaßte
über ihre Weltreisen manche fesselnde und
lehrreiche Werke über Ostindien, Birma und
Ceylon unter dem Titel: „Durch Glut und Geheimnis."
Als eine der ältesten und welterfahrensten Frauen der Gegen-
wart ist die Romanschriftstellerin Katharina Zitelmann zu nennen,
die den größten Teil Europas, Ägypten, Vorder- und Hinterindien,
China, Japan und Amerika wiederholt bereiste; sie ist eine Welt-
reisende in des Wortes bester Bedeutung. Ihre Erlebnisse und
Studien verwertete sie in verschiedenen Romanen, Erzählungen
und Reisewerken, aber auch in Vortrügen, die durch Projektions-
bilder unterstützt werden. Mit guter Beobachtungsgabe und feinem
seelischen Verständnis für fremde Völker ausgezeichnet, ist sie wie
dazu geschaffen, Neues, Interessantes und Eigenartiges zu erkennen
und treffend zu schildern. Besonders dankenswert sind ihre Mit-
teilungen über die Deutschen und das Deutschtum außerhalb Europas
sowie zugleich über die Stellung der Frau in den asiatischen und
afrikanischen Ländern. Sie zählt zu den deutschen Weltreisenden,
denen das Verdienst zukommt, über Land und Leute Japans in
anschaulicher und zugleich wahrheitsgemäßer Weise schon zu einer
Zeit berichtet zu haben, als es bei uns in Deutschland noch zum
guten Tone zählte, alles was im Reiche des Mikado vorging, zu
verherrlichen und diesem ostasiatischen Staat eine Deutschfreundlich-
keit anzudichten, die ihm weder zukam noch zukommt. Sie be-
kämpfte entschieden die zur Modekrankheit gewordene Sitte oder
besser gesagt Unsitte, alles Japanische zu verhimmeln.

Rosa Holub.



> 6. m. , IMr-nder-^ 2.
 
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