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Fischzucht und Brutanstalten.
s hat eine Zeit gegeben, da in Deutschland die Hegung des
Fischwildes in hoher Blüte stand. Die Klöster, die Verwal-
tungen der Kirchengüter, wie der Großgrundbesitz besaßen
ausgedehnte Teich- und Flußfischereien, die sorgsam erhalten und
bewirtschaftet wurden. Sie und die um jene Zeit erstandenen an-
gesehenen Fischerinnungen waren es, die durch ihren Einfluß eine
ausreichende und streng gehandhabte Gesetzgebung ins Leben riefen
und im Gange zu erhalten wußten. Der Begüterte, der Landadel,
der Jagdherr ließen freiwillig oder gezwungen dem Fischwild eben-
so wie dem Stand ihrer Nieder- oder Hochjagd alle Hegung und
Schonung angedeihen. Das führte nicht nur dahin, daß die „Wasser-
weid", also die Fischerei, nicht mit Unrecht ebenso hoch wie die
Jagd im Ansehen stand, sondern sie erhob sich auch zu großer volks-
wirtschaftlicher Bedeutung, denn sie sicherte mehr noch wie die Jagd
für Haus und Küche zu billigen Preisen reiche Erträge. Dieser
beneidenswerte Zustand trieb indessen unter den Wirren des späteren
Mittelalters leider allmäh¬
lich dem Verfall zu, der
durch den mörderischen
Dreißigjährigen Krieg voll¬
ends besiegelt wurde. Denn
wo die ordnende Hand
fehlt, die Unwissenheit und
die Gewinnsucht Trumpf
ist, wo, um mit dem Dich¬
ter zu reden, die Kräfte
sinnlos walten, da kann
sich kein Gebild gestalten.
Die Gewässer wurden in
der Folge immer mehr aus¬
geplündert, und so trieb
der Fischbestand unter der
Beihilfe der überhandneh¬
menden natürlichem Fisch¬
feinde vollends der Ver¬
lotterung und die Gewässer
der Versumpfung entgegen.
Wohl mag da und dort
wieder einmal eine ord¬
nende Hand sich geltend
gemacht haben, indessen
keinesfalls mit Nachhaltig¬
keit, denn es fehlte in ver-
deutschen Kleinstaaterei an der Möglichkeit, durchgreifende Mittel
anzuwenden, und wohl auch an den verloren gegangenen Fach-
kenntnissen. Erst nachdem der Stand der Dinge im Laufe der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch ungünstige Fluß-
regulierungen, durch die Abwässer der großen Städte und zahlloser
Fabriken noch erheblich verschlimmert wurde, ist man, dank den
Anregungen neuerstandener Fischereivereine, den Mißständen von
Staats wegen und gesetzlich zuleibe gegangen.
Unter den mannigfaltigen Bestrebungen nun, die trocken oder
verschlammt liegenden Teiche und Seen aufs neue der Fischzucht
zu erschließen, das Wasser unserer Bäche und Flüsse rein zu erhalten
und wieder ausgiebig mit Speise- und Edelfischen zu bevölkern,
spielen unsere in den letzten Jahrzehnten zahlreich neu erstandenen
Fischzuchtanstalten eine wichtige und dankenswerte Rolle. Sie be-
fassen sich mit der Beschaffung, Anbrütung und dem Verkauf der
Eier der wertvolleren Speisefische und insbesondere der Salmoniden,
worunter die Bachforelle den ersten Platz einnimmt. Die in diesen
Anstalten gewonnenen Fischeier werden entweder in angebrütetem
Zustande an die Fischwasserinhaber abgegeben, oder in den An-
stalten selbst zum Ausschlüpfen gebracht. Im letzten Falle wird
das junge Fischchen so lange gehegt, bis es befähigt ist, in der Frei-
heit Nahrung aufzunehmen und gegen die Nachstellungen seiner zahl-
reichen Feinde sich zu schützen. Die Fischzucht- oder Brutanstalten
begegnen so der unvermeidlichen Tatsache, daß für den Verlust an
Laich, der alljährlich in der freien Natur durch Elementarereignisse
und durch die zahlreichen natürlichen Laichvertilger aus der Vogel-
und Jnsektenwelt entsteht, Ersatz geschaffen wird.

Es würde bei dem uns zur Verfügung stehenden beschränkten
Raum zu weit führen, die Einrichtungen einer solchen Fischzucht-
anstalt hier ausführlich zu schildern. Umfassende Vorkehrungen und
Anlagen und die ganze Erfahrung, die diese Anstalten im Laufe
der Jahre gesammelt haben, sind nötig zum Gelingen ihrer Unter-
nehmungen. Wer ihre Einrichtung und den Gang der Verfahren,
die Zur Anwendung gelangen, kennenlernen will, mag die kleine
Mühe, eine solche Anstalt aufzusuchen, nicht scheuen. Er wird
sicher überall größtes Entgegenkommen finden, liegt es doch in der
Absicht der Anstaltsleitungen, deren Aufgabe die Hebung der Fisch-
zucht ist, auch private Bemühungen derart zu fördern und der Un-
kenntnis über die ersten Schwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sich
übrigens der Laie schlimmer vorstellt, als sie tatsächlich sind. Dagegen
wollen wir einen raschen Blick auf den Werdeprozeß des jungen,
auf künstlichem Wege gewonnenen und aufgezogenen Fischchens
werfen, der dazu dienen soll, unsere nassen Freunde in den Seen,
Teichen, Flüssen und Bächen recht zahlreich zu machen.
Zur Gewinnung der Brut werden — wollen wir uns bei unserem
Beispiel an das junge Fo-
rellchen halten — etwa
Mitte September eine ent-
sprechende Anzahl kräfti-
ger Zuchtfische beiderlei
Geschlechts eingefangen.
Sind sie gegen Ende des
Jahres laichreif geworden,
werden diese Fische ihrem
Behälter entnommen, ab-
getrocknet und in einer
bestimmten Körperstellung
über eine Schüssel gehal-
ten. Durch leichtes Strei-
fen über den Bauch der
Tiere wird erreicht, daß
sowohl die Rogener ihre
Eier, wie die Milchner ihre
Milch in die Schüssel fallen
beziehungsweise tropfen
lassen. Nun werden Eier
und Milch vorsichtig durch-
einander geschwenkt oder
aber mit einer Federpose
durcheinander gerührt und
dann die Schüssel mit
Wasser aufgefüllt, so daß
letzteres etwa zwei Finger hoch über der Eiermasse steht. Es muß
auch dem Laien auffallen, daß die Eier nun rasch sich vollsaugen.
Wird dann die überflüssige Milch durch Wasser abgespült, ist die
Befruchtung der Eier vollzogen. Zur Beruhigung des Lesers mag
dienen, daß die Fische unter diesem Verfahren keineswegs leiden,
in: Gegenteil, sie fühlen sich ersichtlich erleichtert. Wieder ins Wasser
geworfen, erholen sie sich rasch,- sie erleiden nur dann Schaden, wenn
sie von einer ungeübten oder unkundigen Hand unvorsichtig behandelt
werden. Die befruchteten Eier sollen nun eine bestimmte Zeit hin-
durch möglichst unberührt im Brutwasser lagern. Äußerlich ist an
ihnen nichts Besonderes wahrzunehmen,- sie sehen aus wie aufge-
quollene Erbsen. Für diesen Teil der Brutperiode ist zum Gelingen
nichts weiter als ein gleichmäßiger Zufluß reinen Wassers und sorg-
fältigste Überwachung nötig, daß sich kein Schimmel oder Schlamin
an den Eiern bilde. Sobald ein von weißlichem Schleim befallenes
oder sonst ungesundes Ei entdeckt wird, muß es sofort mit Hilfe
eines Glasröhrchens entfernt werden, weil sonst die ganze Brut in
Gefahr gerät, zugrunde zu gehen.
Erst nach einigen Wochen, je nachdem durch die Einwirkung der
Temperatur des Wassers der Entwicklungsprozeß gefördert oder
verlangsamt wird, geht die erste Veränderung mit dem Ei vor sich:
die Augen werden sichtbar. Mit diesem Zeitpunkt tritt die Emp-
findlichkeit der Eier so sehr zurück, daß sie ohne jede Gefahr in
feuchter Verpackung auf weit^ Strecken versendet werden können,
eine Möglichkeit, die sich die Fischwasserinhaber zunutze machen,
um die weitere Erbrütung im eigenen Brutapparat selbst vorzu-
nehmen. Wieder nach einigen Wochen, je nachdem kälteres oder



Forellenzuchtanlage
 
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