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646

DasBuchfüvAlls

Heft 27

wärmeres Wasser dem Brutapparat zugeflossen ist, schlüpft das
Fischchen zur Freude des Erbrüters aus. Es ist noch ein winziges,
rundliches Lebewesen, weitaus mehr Dottersack als Fischgestalt, aber
im Brutapparat ist es nun sehr lebendig geworden; es wuselt und
zappelt. Der Dottersack, der, dem Fischchen am Bauche hängend,
von der Natur zur Ernährung mitgegeben wurde, wird nun nach
und nach kleiner, und im selben Matze bildet sich die junge Fisch-
gestalt immer mehr heraus. Schon macht sich in der wuseligen
jugendlichen Gesellschaft ersichtlich das Bestreben geltend, der engen
Gefangenschaft zu entrinnen, und endlich ist der Dottersack bis auf
eine Kleinigkeit zusammengeschrumpft. Nun ist es für den Fisch-
wasserbesitzer an der Zeit, die jungen, etwa zweiundeinhalb Zenti-
meter lang gewordenen Fischchen in seinem Forellenbache an ge-
eigneten, feuchten und ge¬
schützten Stellen auszu¬
setzen, weil sie sonst Hunger
leiden, oder, wenn durch
künstliche Fütterung ver¬
wöhnt, nach dem Aus¬
setzen ins offene Wasser
zugrunde gehen würden.
Sie werden also in ein
Traggefätz geschöpft und
an den Bach getragen. Es
ist dies für den Fischwasser-
besitzer eine feierliche und
zugleich äutzerst interessante
Handlung. Kaum in ihrem
Elemente, hockt die kleine
Gesellschaft einen Augen¬
blick an der Einsetzstelle,
als wolle sie sich erst be¬
sinnen, von wannen die
unverhoffte und veränderte
Lage wohl gekommen sein
möchte. Aber nur Sekun¬
den ! Plötzlich schietzen die
kleinen Dingerchen, die nach
wenigen Jahren schon kräf¬
tige, streitbare Raubfische
sein wollen und keine andere Art neben sich dulden, blitzschnell aus-
einander und sind in den mannigfaltigsten Deckungen am Uferrand
oder im Geröll verschwunden. I. Ka.
Die Einwirkung elektrischer Kräfte
auf das Gedeihen der Pflanzen.
urch Versuche wurde festgestellt, datz die Elektrizität auf das
Wachsen der Pflanzen und ebensowohl auch auf ihr Ge-
deihen unmittelbaren Einflutz ausübt. Es winde erwiesen,
datz die Anwendung des elektrischen Stromes auf die verschieden-
artigste Weise Einwirkungen auf die Pflanzen selbst wie auf ihre
Samen hervorruft, und datz hierdurch erhebliche Erfolge zu erzielen
sind. Bei einem dieser Versuche errichtete man ein galvanisches Ele-
ment in einem gewöhnlichen Gartenbeet, indem man am einen Ende
desselben eine grotze Zinkplatte und am anderen Ende eine eben-
solche Kupferplatte in die Erde senkte und beide Platten oberirdisch
durch einige Drähte miteinander verband, in welche fortdauernd
durch die feuchte Beeterde sich nun ein anhaltender elektrischer
Strom von der Zink- zur Kupferplatte ergötz. Das Gartenbeet
war sowohl mit Kartoffeln wie mit Hülsenfrüchten als auch Ge-
treidefrüchten bepflanzt, und es standen die Wurzeln aller dieser
Gewächse unter der Einwirkung eines starken elektrischen Stromes.
Der Erfolg war überraschend. Es ergaben die Kartoffeln größere
Knollen und die Getreide- und Hülsenfrüchte größere Körner, einige
Zierpflanzen vollere Blüten, während dieselben Nutz- und Zier-
pflanzen an anderen Stellen auf gleichem Boden diesen Stand nicht
zeigten. Es erscheint sonach sehr wahrscheinlich, datz auf einem an
sich fruchtbaren Boden die Elektrizität auch auf die Nährstoffe im
Boden einen chemischen Einflutz in zersetzender Weise ausübt, infolge-
dessen den Pflanzen durch ihre feinsten aufsaugenden Würzelchen
nun die Nährstoffe ausgiebiger zugeführt werden können, und die
Gewächse dann in die Lage kommen, diese leichter aufzunehmen.

Auch in umgekehrter Weise wurden Versuche angestellt, indem
Ulan die in der Luft enthaltene Elektrizität dem Wachsen der Pflanzen
dienstbar zu machen unternahm. In diesem Falle wurden ver-
schiedene Metallstäbe, wKche mit Spitzen ähnlich wie bei einem
Blitzableiter versehen waren, in ein Gartenbeet gesteckt, das mit
Versuchsgewächsen bepflanzt war. Die in der Luft jederzeit vor-
handene Elektrizität wurde auf diese Weise den Pflanzen zugeführt,
und auch diese Versuche sollen günstige Erfolge gezeitigt haben.
Nach einem dritten Verfahren, das Wachstum der Pflanzen zu
fördern, ging man davon aus, die elektrische Anregung unmittel-
bar auf die Saatfrucht der Eewähse anzuwenden. Getreidekörner
und Hülsenfruchtsamen, ebenso Kartoffelknollen, welche zur Aussaat
dienen sollten, wurden in Wasser gelegt, durch welches man einen
starken elektrischen Strom
leitete. Die Einwirkung
der Elektrizität sucht man
in diesem Falle dadurch
zu erklären, datz sie zu-
nächst eine anregende Tä-
tigkeit auf die Keimkräfte
der Samen und Knollen
ausübte und die jungen
Pflanzen zu kräftigerer
Entfaltung der Wurzel-
kräfte und Ernährungs-
fähigkeit veranlaßte. In-
des sind praktische Ver-
suche größeren Stils bis
jetzt noch nicht gemacht
worden. Man mutz daher
vom Gange der Zeit wei-
teres auf diesem wichti-
gen Gebiete abwarten.
W. Beutz.

Ualk aus Muscheln. —
In den Watten an der
Nordseeküste finden sich
stellenweise starke Ablage-
rungen von leeren Schalen der Mies- und der Herzmuschel. Die
durch Ebbe und Flut erzeugte Meeresströmung schwemmt die
Schalen — „Schill" genannt — hier und da zu breiten Massen —
„Platen" — zusammen, so datz man sie, wenn bei Ebbe das Watt
trocken liegt, mit dem Spaten abgraben kann. Nicht nur die Strand-
bewohner nützen diese oft bankartig angeschwemmten Fundstellen
von Muscheln aus, auch mancher Küstenschiffer, der nach Abliefe-
rung seiner Ladung leer zum Heimathafen zurückfahren müßte,
legt sich bei so einer Schillplate vor Anker, um, sobald die Ebbe
eintritt, Schill mitzunehmen. Allmählich sinkt das Wasser immer-
tiefer und verläuft sich zuletzt ganz unter dem Schiffe, das nun auf
dem trockenen Watt liegt; dann ist die Plate für ein paar Stunden
begehbar. Der Schiffer und seine Leute füllen nun die Muschel-
schalen in Körbe und spülen die gesammelten Muscheln in stehen-
gebliebenen Wasserstellen gehörig durch, um allen mit den Schalen
vermischten Sand auszuschwemmen. Die vollen Körbe werden an
Bord gebracht und im Laderaum entleert. Wenn mit der Flut
das Wasser wiederkehrt, mutz die Arbeit eingestellt werden. Will
der Schiffer weitere Schalen ausgraben, so mutz er warten, bis
das Wasser wieder abgeebbt ist. Sobald die Ladung seinen Wün-
schen entspricht und das Schiff zur nächsten Flutzeit wieder
schwimmt, wird der Anker ausgenommen und die Heimfahrt fort-
gesetzt. Am Lande verkauft der Schiffer den Schill zum „Brennen".
Der kohlensaure Kalk, aus dem die Muschelschalen bestehen, gibt
durch Brennen ein gutes Bindemittel, einen sehr brauchbaren
Maurerkalk, der auf den Inseln und in den Marschen verwendet
wird. Um Kalk aus Muscheln zu gewinnen, errichtet man aus
Torfsoden und Schill schichtenweise aufgebaut eine Art Meiler,
wie man sie zum Kohlenbrennen anlegt. Diese Meiler werden im
Inneren mit Luftschächten versehen; ein in der Mitte des Haufens
angezündetes Feuer setzt den Torf in Brand. Durch die langsam
fortschreitende Glut brennt der Schill zu Kalk. Ungebrannter, grob
zerkleinerter Schill wird ferner zum Düngen kalkarmen Ackerbodens
benützt. Nicht nur die Schale der Miesmuschel, auch der sogenannte
Bart findet Verwendung, er gibt die wertvolle „Muschelstide". P. H-


, shot. Welt-Preß-Pho<o, Wien.
Kriegsinvaliden als Forellenzüchter.
 
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