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Heft 28

Als er den Garten des Landhauses betrat, fuhr ein zweispänniger
Wagen vor, dem drei Herren entstiegen. Wie Martin seinem deut-
schen Kollegen zuflüsterte, war es der Polizeipräsident mit zwei Re-
gierungsbeamten. Als er sich Recking näherte, der zu Mijnheer van
Jercken getreten war, lüftete er den Hut und sagte: „Herr Recking,
ich beglückwünsche Sie zu dem außerordentlichen Erfolg."
„Ich darf ihn nur nur zum Teil zuschreiben, Erzellenz. Ohne
die Unterstützung meines Kollegen Martin und Ihrer Beamten
wäre mir der Erfolg versagt gewesen. Ich bin erstaunt, daß Sie
bereits unterrichtet sind."
„Besten Dank für das Lob meiner Leute. Meine Geschwindig-
keit beruht durchaus nicht auf Hexerei. Ich bestieg den Wagen,

nichts miteinander gemein zu haben schienen." Ralf Recking be-
richtete, wie er am gleichen Tage zu Kommerzienrat Lürsen wegen
des Wechselfälschers und zu Kaufmann Heinrich Bahr wegen des
vermißten Söhnchens gerufen worden sei und alles weitere, bis zu
dem Augenblick, wo durch ein einziges von einem Zimmerkellner auf-
gefangenes Wort beide Spuren in ein Geleise einlenkten.
„Den weiteren Ausgangspunkt," fuhr er dann fort, „bildete für
mich das Schicksal der ,Thetis'. Ich hatte die seither im Sand ver-
laufene Untersuchung aufmerksam verfolgt seit dem Tage, da der
Dampfer durch eine Dynamiterplosion verheert wurde. Durch
Untersuchungen war festgestellt worden, daß beim Abladen der für die
.Thetis' bestimmten Güter von einein Wagen ein großer Gegen-

Nach einem Gemälde von A. Roloff. Totes Rennen.


als mir einer meiner Beamten telephonisch meldete, daß Sie dies
Haus betreten hätten. Die Meldung machte mir ein als Strolch
verkappter junger Mann. Ich darf Ihnen wohl sagen, daß ich auf
die Entwicklung dieses Falles sehr neugierig bip; -ich wollte Sie noch
an Ort und Stelle um eine mündliche Erklärung des, wie ich sehe,
gelungenen Fanges bitten."
„Das soll gern geschehen." Der Detektiv schilderte den gefährlichen
Augenblick.
„Wahrlich, ein Walten der ewigen Gerechtigkeit!"
„Das war es, Exzellenz. In der Entlarvung dieses Verbrechers
dürfen wir zweifellos mehr sehen als einen blindwaltenden Zufall,
obwohl mir dieser bei meinem einmal erwachten Verdacht, wie
schon so oft, ein sehr schätzenswerter Bundesgenosse war."
„Sie folgten also nicht von Anfang an einem bestimmten Ziel,
das Ihnen vorschwebte?"
„Nein! Zwei verschiedene Fälle gingen nebeneinander her, die

stand der Windekette entglitten, aus das Pflaster gestürzt und un-
mittelbar danach explodiert war. Wagen und Bespannung waren
vom Erdboden verschwunden; wo das Fuhrwerk gehalten hatte,
gähnte ein breiter Trichter. Die Eisenplatten der .Thetis' waren
wie von einen: Riesenhammer getroffen und zerrissen. Sterbende,
Verbrannte und Verwundete bedeckten den Platz. Die Größe des
Unheils ließ sich erst nach und nach übersehen. Noch nach Monaten
kamen Anfragen nach teuren Vermißten. Verschiedene Leichen der
getöteten Reisenden waren behördlich festgestellt worden, unter ihnen
befand sich die der Gattin des Kaufmanns Heinrich Bahr."
Der Detektiv machte eine Pause. Aus der offenen Sommer-
laube, wo die Polizisten den gefesselten Serrurier umstanden, kam
ein heiserer Schrei des Mannes, der bis dahin noch immer die Lippen
verschlossen gehalten hatte.
„Es ist möglich, daß er beim Sprung aus dem Fenster eine
innere Verletzung erlitten hat," sagte Ralf Recking, als sie sich der
 
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