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Bieńkowski, Piotr
Die Darstellungen der Gallier in der hellenistischen Kunst — Wien, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.14663#0066

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zu tun haben. Dieser Eindruck wird durch den Gesichtsausdruck bestätigt. An den äußeren Augen-
winkeln merkt man Falten, die am Marmor schärfer ausgearbeitet sind, als der Gipsabguß, nach
dem unsere Fig. 61 gemacht ist, erkennen läßt.

Die Plihthe ist vom 0*07 bis 0*08 m, hinten 0'09—0-10 m hoch und durch Ergänzung in
Gips bis 0T5 m erhöht, infolge dessen die Statue jetzt auf einer schiefen Ebene liegt und der
Kopf zu sehr geneigt ist. Diese Plinthe ist gar nicht als Felsen charakterisiert, sondern bildet eine
glatte Fläche. Auch ihre vorderen Ränder sind glatt abgeschnitten und folgen den Umrissen der
Figur. Diese ist jetzt 057 tri hoch und 1"07 m lang. — Brustwarzendistanz 0'16 m; die Entfer-
nung der Achseln im Rücken ü'33 m.

Diese Figur ist offenbar mit dem von Bellieure (Arch. Zeitung 1876, 35) beschriebenen
Torso identisch: »Alius qui in actu cadendi est, confossum habet corpus a mamilla sinistra trans
humeros«. Reide Wunden sind tief, rund und wie bei Nr. 23 durch senkrechte Einschnitte erwei-
tert. Eine befindet sich auf der linken Seite unterhalb des Herzens, die andere in der Gegend
des rechten Schulterblattes. Reide rühren von einem mächtigen, den ganzen Körper durchboh-
renden Lanzenstoß her. Malmberg (Jahrb. 1896, 213) behauptet, daß der Stoß von oben nach
unten und von hinten nach vorwärts ging, und zwar von einem Reiter ausgeführt wurde. Indes
sind auch andere Kombinationen, wenn man überhaupt auf solche sich einlassen will, zulässig.
So könnte sich z. B. der Kampf zwischen zwei Fußgängern auf ungleichem Terrain abge-
spielt haben.

Am Rücken ist in der Höhe der hinteren Wunde, aber näher am Rückgrat ein
anscheinend antiker, ovaler Ausschnitt, O'Ol m tief; darin eine andere, ovale Eintiefung.
Vielleicht war die Statue einmal an einer Mauer, überhaupt an einem anderen Gegenstand
befestigt.

Wolters (Jahrb. I. 85) hat darauf hingewiesen, daß es im Rritish Museum ein (0'085 m
langes und 0'05 m hohes) Rronzefigürchen gibt, das als eine freie Kopie des Neapler Galliers
betrachtet werden kann (Walters, Catal. of the bronzes of the Rr. Mus. n. 814). Doch ist jener Krieger
bemüht, mit der geballten Rechten einen Pfeil aus der Wunde zu ziehen; er ist also lebend und
handelnd, nicht sterbend, wie hier, dargestellt. Dazu ist er jugendlich und langhaarig, ohne Helm.
Wolters, der den Kopf des Neapler Galliers für nicht zugehörig erachtet, möchte diesen nach
Maßgabe des Londoner Figürchens ergänzen. Da sich aber oben gezeigt hat, daß der Kopf dem
Torso wahrscheinlich zugehört, so ist für mich die Verschiedenheit des Kopftypus ein Grund
mehr, das Rronzefigürchen nicht für eine freie Kopie, sondern nur für eine dem Neapler Gallier
verwandte Gestalt zu halten.

Nicht unähnlich sind jugendliche Figuren, die auf etruskischen Urnenreliefs (Körte,
Taf. 122, 11; 123, 12 und Taf. 121, 8 a, b, c), unter dem Pferde des siegreichen Reiters liegend,
sich mit dem linken oder rechten Arme aufzustützen versuchen. Auch auf dem Sarkophag
in der Villa Doria-Pamfili in Rom (M. D. II. 3319) kommen in unterster Reihe Figuren vor,
die man als verwandt bezeichnen kann. Nach Malmberg ist auch der zu Füßen Apollos hinge-
streckte junge Gigant (Ephialtes) auf dem pergamenischen Fries (abg. Beschr. d. Skulpturen aus
Perg. I. 23) eine Wiederholung des Neapler Galliers. Indes war auch hier das Motiv der rechten
Hand ein anderes; sie hing nicht ohnmächtig herab, sondern versuchte den Pfeil aus dem
linken Auge zu ziehen. Man könnte also höchstens von einer Umbildung sprechen. Kurz, es
läßt sich in Rezug auf die ursprüngliche Aufstellung des neapolitanischen Galliers kein sicheres
Resultat erzielen. Wie der kapitolinische Gallier kann er allein oder Mmter einem Pferde
gelegen haben.

Oft wurde das Vorhandensein des Helmes auf dem Kopfe unserer Figur als Grund dafür
angeführt, daß sie keinen Gallier darstellen könne. Indes kommen behelmte Gallier, welche sonst
 
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