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Tettau, Wilhelm
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 13): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter Landkreises — Halle a. d. S., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.41154#0151
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I. Kirchliche Gebäude. — A. Stiftskirchen.

ihres Gatten Georg von 1457 (?), flache Reliefdarstellung eines Mannes und einer
Frau, beide betend, mit der Inschrift in vertiefter gothischer Minuskel:
Ano dm INGA am . sonobet. noch . galli. starb . margaritha . thvsebechin .
der . got. gnad . ano dm.iorg thvsenbach.
10. Noch verdient der jetzt in der Kapelle des h. Grabes aufgehängte Kron-
leuchter von Papiermache in gothischem Style, eine Arbeit Karl Schropps,
Erwähnung.
Von geringerer Bedeutung als die Werke der Plastik sind die in der Kirche
befindlichen G e m ä 1 d e.
11. Ein 1578 von George Busch gemaltes, nicht verdienstloses Bild, die
Enthauptung des h. Johannes darstellend, das sich über dem nördlichen Haupt-
eingange in einem von der Familie Seidel gestifteten Epithaphium befindet.
12. Ein gutes Bild von Legrand in der Blasiuskapelle über dem Altäre,
den h. Blasius darstellend, der im bischöflichen Ornate mit der Hand ein nacktes
Knäblein berührt, das ihm dessen Mutter hinreicht, um es von einem Halsübel
zu heilen.
13. In der Marienkapelle befindet sich über dem Altäre eine Auferstehung
Christi, Copie nach Annibal Carracci.
Von Werken der Kleinkunst ist nur:
14. ein die Reliquien des heiligen Blasius enthaltendes Reliquarium in
Form einer gothischen Kapelle, aus Messing gearbeitet, bemerkenswerth. Dasselbe
stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts (Nr. 41).
Die Glocken.
Die Kirche besitzt ausser einer kleinen Messglocke, fünf Glocken, darunter
drei Meisterwerke: die Osanna, die Martha und die Vincentia. Die beiden ersteren
Arbeiten des Meisters Claus von Mühlhausen, die letztere des Gerhard Wou.
K. Stolle (1. c. f. 220) erzählt, dass der Meister Claus von-Mühlhausen,
derselbe der 1477 die Gloriosa für den Dom goss, 1473 für die Severikirche die
Osanna und noch vier andere Glocken gegossen habe. Zuerst hatte er für jene
in Gemeinschaft mit dem gräflich Schwarzburgischen Büchsenmeister Hermann
zu Sondershausen (Mülverstedt, Zur Glockenkunde von Erfurt. Correspond.
Bl. d. deutsch. Gesell. Ver. Jahrg. J 870 S. 85) eine grosse 102 Ctnr. schwüre
Glocke und zwar zu Gotha gegossen, da die Erfurter Glockengiesser aus Brodneid
nicht gestatten wollten, dass ein fremder Meister in ihrer Stadt das Glockengiesser-
gewerbe ausübe. Diese Glocke war zwar sehr wohl gerathen, zersprang jedoch
bereits nach drei Tagen. „Darauf zog derselbige Glockenmeister nach Erfurt,
ward daselbst Bürger und goss die Glocke noch einmal; auch sie gerieth gut,
wie sie noch ist, und wurde Osanna genannt.“
Dieselbe, die so wie die Martha ein sehr günstiges Zeugniss für dessen Kunst-
fertigkeit ablegt, hat ein Gewicht von ca. (J0 Ctnr., im unteren Durchmesser 5'
10" 6"' im oberen inneren 2' 11" 3'"; die Stärke des Schlagstückes beträgt 5" 4"'
die Höhe 4' 6" der Umfang 16' 3", die Dicke 9" 6'". Sie zeigt auf der einen
Seite dass Schweisstuch mit dem Antlitze Christi und der Aufschrift: Jesu fili
David, darunter: Osanna, noch tiefer zwei Personen in langen Gewändern mit
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