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Bergner, Heinrich [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0069
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Kreis Naumburg.

flüchtig überarbeitet. Hauptpfeiler Süd unten: Eckbaum mit zwei Ästen
und mittleren Blütenkolben, oben phantastische ßankenschleife ohne Ende.
Neben den gequaderten Kippen treten Bohrungen an den zusammengerollten Blatt-
enden auf. Hauptpfeiler Nord unten: Mittelbaum mit virtuos geschwungenen
Ästen und Früchten (Feigen), oben wieder Schilfblätter.

3. Travee. Zwischenpfeiler Süd: Eckbaum mit rundlappigen Blättern,
deren Kippen durch Kugelreihen bezeichnet und deren gerollte Enden aus-
gebohrt; die Ranken sind an den Ecken durch ganz eigentümliche Strickschleifen

gefesselt. (Fig.28.) Zwischenpfeiler Nord:
Ranke ohne Ende mit rundlappigen, dickenBlättern.
An allen Kapitalen der Wandstützen und am
südlichen Yierungspfeiler kehrt dann das Motiv
des Mittelbaums wieder, dessen Blätter flach und
leblos, nur auf dekorative Wirkung hin tief
ausgehoben sind; am südlichen Yierungspfeiler
und an der südlichen Eckstütze, welche als kurze
Wandsäule auf kelchförmigem Konsol beginnt,
tauchen zum letztenmal geteilte Schilfblätter auf.
Einige seitliche Kapitäle von schlichter Kelch-
form sind ganz ohne Ornament. Überblickt man
noch einmal das Ganze, so kann man nur mit
Bedauern feststellen, daß gewisse erfrischende
Naturlaute von einer zwar glänzenden und zier-
lichen, aber im Grunde verknöcherten Manier
unterdrückt wurden. So sehr war die Hütte in
das leere Spiel ihrer stilisierten Ranken und
Bäumchen verliebt, daß sie fassungslos dem neuen
gotischen Ornament gegenüberstand und mit einem Schlage ihre Arbeit ein-
stellte. Die Zukunft brachte ihr nicht die ahnungsreiche, aufsteigende Ent-
wicklung, sondern, einen vollen Bruch ein Vorgang, der sich auf vorgeschobenen
Posten der Kunst so gern wiederholt.

Zwei Stile begrüßen sich hart und unfreundlich an der Grenze des Lang-
hauses, an den Eckpfeilern zum Westchor. Als der Romantiker diese hochführte,
legte er zugleich die hohen Sockel für seinen Westlettner an, schlicht ab-
getreppte Blöcke wie im Ostlettner, welche in der Höhe der Langhauskapitäle
einen zweiten Sockel tragen, auf dem die Glieder des Eckpfeilers mit ihren
Basen und der Arkadenbögen aufsetzen. Aber die Fortführung lag in einer
ganz anderen Hand.

Fig. 28. Kapitäl des Langhauses.

B. Das Äußere.

Kein Mensch, der das Äußere des Langhauses betrachtet, würde dies für
ein Werk des Übergangs erkennen, das kaum ein Jahrzehnt vom Westchor
getrennt ist: so eigensinnig ist an der romanischen Eormensprache, und zwar in
ihrem ärmsten Dialekt festgehalten. Am Mittelschiff noch das vielgliedrige Dach-
sims der Ostteile, darunter ein Rundbogenfries auf kelchförmigen, schmucklosen
Konsolen, die Hochfenster mit Rundstäben im Gewände auf glatten Würfeln, am
 
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