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Kreis Aschersleben.

Außerdem ist anzunehmen, daß „des Reiches Straße“ älter war als die Stephans-
stadt, sodaß sie nur südlich von dieser weiterführen konnte. Das Sautor wurde
natürlich später, als die Burg Eigentum der Stadt wurde, wieder geöffnet, also
nach 1443. Die damals schon in Verfall geratene Burg ward 1455 völlig ab-
gebrochen und ihre Steine bei der damals besonders eifrig betriebenen Er-
neuerung der Stadtmauer verwendet. Seitdem gab nur noch der Name Burg-
garten von der alten. Feste Kunde, der aber erst in neuester Zeit richtig gedeutet
ist. Der alte Irrtum, daß die Burg auf dem Wolfsberge die alte Burg Ascharia
oder Ascania gewesen sei, ist endgültig abgetan.

Im Jahre 1895 sind bei den Ausschachtungsarbeiten für die neue Mädchen-
schule auch die Fundamente der Burg zum kleinen Teil aufgedeckt worden.1
Hierbei ergab sich, daß das wellige Gelände des Platzes diese Gestalt durch
jahrhundertelang fortgesetzte Aufschüttungen erhalten hatte. Erst bei einer Tiefe
von 8 m kam man an einigen Stellen auf gewachsenen Boden und in solcher
Tiefe fanden sich Mauerreste. In einer Tiefe von 4,70 m unter dem Rasen-
terrain des Burggartens bezw. von 2,50 m unter der Oberfläche der nächst-
gelegenen Straße „Über den Steinen“ traf man der Eine zunächst auf die (im
Plane rot eingetragenen) Reste, und zwar bezeichnet die südlichste gebogene
Linie eine Mauer aus Fallerslebener blauen Kalksteinen (Fallersleben jetzt wüst
in der Nähe des Salzschachtes), die in gutem Kalkmörtel aufgeführt ist. Die
übrigen nach dem Steintore zu aufgedeckten Mauern zeigten minderwertige
Bruchsteine und waren mit Lehm und Erde aneinander gefügt. Sie gingen
nicht so tief unter den Rasen hinab und begannen schon in einer Tiefe von
1,30 m. Aus diesen geringen Funden scheint wenigstens soviel gefolgert werden
zu können, daß der Burggraben, der vielleicht die Eine selbst war (wofür der
Umstand zu sprechen scheint, daß 4,30 m unter der Oberfläche Muscheln und
Schwemmsand gefunden worden sind, auf denen Schlammschichten und Schutt-
lind Mauerreste lagen), bis an jene im Bogen verlaufende Mauer reichte. Die
Burggebäude können demnach keine sehr große Fläche bedeckt haben, die sich
von Südosten nach Nordwesten in schmaler Breite erstreckte. Sie kann höchstens
einen halben Hektar Fläche bedeckt haben (das Areal des Quedlinburger
Schlosses, das von Natur beschränkt ist, ist 90 Ar, das des Falkensteins im Harz
etwa ebenso groß), wobei der Graben zwischen dem Burggarten und der Stadt-
mauer schon mit hinzugerechnet ist. Denn dieser, der vielleicht zugleich mit
dem nördlicheren Zwinger, also 1461, angelegt ist, muß früher Burgterrain
gewesen sein. Aus dem planlosen Gewirr von Mauerresten innerhalb der
einstigen Burgmauer läßt sich höchstens schließen, daß das Hauptgebäude der
Burg auf dem der Burgmauer parallel laufenden, 11 m lang und 6 m breit er-
haltenen Mauern gestanden haben kann. Wo die in einer aus Avignon datierten
päpstlichen Urkunde von 1363 genannte Kapelle auf dem Schloß in Aschersleben
gestanden hat, ist nicht mehr festzustellen. Daß die Burg einen starken Berg-
fried besessen hat, versteht sich von selbst; seine Fundamente müssen bis auf
den letzten Rest herausgebrochen sein, sonst hätte man Spuren von ihm finden

1 Straßburger, H.-Z. 29, 250 ff. Die Ausgrabungen sind von Herrn Stadtbaurat Hesse
ausgeführt.
 
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