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Bock, Henning
Der decorated style: Untersuchungen zur englischen Kathedralarchitektur der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, N.F. 6: Heidelberg: Carl Winter, Universitätsverlag, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.57087#0128
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Dekoration

in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Es kommt auch vor, daß das Maßwerk
auf der Innenseite der Fensteröffnung wiederholt wird; so in den Lichtgaden des
Chores von Lincoln. In Westminster sind die Emporenbogen verdoppelt,
in Durham (Ostquerschiff) wird die erste Ordnung des Maßwerks innen in der
ganzen Höhe des Fensters wiederholt (ca. 1280—90)7.

3. Das geometrische, selbständige Maßwerk im Südwesten (Decorated)
Schon eine Generation nach dem Beginn von Westminster wurden in England
die Konsequenzen aus dieser Umwandlung des französischen Maßwerktypus
gezogen.
Exeter. — Im Aufriß der Kathedrale von Exeter (beg. 1275) ist das Fenster-
T. 28 maßwerk endgültig aus dem Zusammenhang mit dem Dienstsystem gelöst. Die
Streben bestehen nur noch aus profilierten Stäben, ohne Kapitell und Basis, und
gehen oben in geometrische Formen über. Es veränderte sich aber auch der Gesamt-
aufriß: das sichtbare Volumen der Wand und damit das tragende, struktive
Element konzentriert sich auf schmale Streifen zwischen den Fenstern. Das
Fenster selbst wird zu einer fast jochbreiten Öffnung; diese wird mit dekorativen
Formen nur durchsichtig „geschlossen“. Das Fenster hat keinen Anteil mehr
am System des Aufrisses; deshalb können sich in ihm die ganze Phantasie und der
Reichtum der ornamentalen und dekorativen Formen frei entfalten. Damit
setzte Exeter die Tradition Salisburys fort. Der Idee nach entsprechen die Lan-
zettfenster in Salisbury und die vergrößerte Form der Fenster in Exeter einander.
Das Ideal des Early English besteht hier wie dort: das Fenster wird als eine in
die Wand eingeschnittene Öffnung aufgefaßt. Das Maßwerk schließt es an der
Außenseite, so daß innen die Flächigkeit der Wand durchbrochen ist. Die Auf-
teilung des Aufrisses in wandhaft-tragende und dekorativ-füllende Anteile setzte
sich durch. Dienst und Bogen mit Kapitellen und Basen an der Innenseite der
Fensterlaibung blieben. Aber auch sie wurden, wie die kurzen dreifachen
Gewölbedienste oder die Arkadenpfeiler, so eng zusammengedrückt, daß sie
mehr geschwungene Profile als gesonderte Dienste zu sein scheinen. — Im
Maßwerk läßt sich eine Abhängigkeit vom Reimser Typ und dessen Abwand-
lungen noch deutlich erkennen. Dessen ursprünglich einfache Formen — Spitz-
bogen ohne angesetzte Nasen, Kreise und Paßfiguren in den Fensterscheiteln —
waren in Frankreich schon sehr erweitert worden. Runde und gespitzte Drei-
und Vierpässe oder sphärische Dreiecke waren dort hinzugefügt worden und
bildeten den Grundstock für die gebräuchlichen Formen in der zweiten Hälfte
des 13. Jahrhunderts8. An diese Vorbedingungen schließt sich das Maßwerk in
7 B/E Durham, p. 103.
8 Vgl. Behling, 1944, p. 21 ff.
 
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