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X.

Italienische Porträtskulpturen des XV. Jahrhunderts.
Die grossartige Umwälzung, welche an die Stelle der mittel-
alterlichen Weltanschauung die der modernen Zeit gesetzt hat,
vollzog sich zuerst in Italien. Die Entwicklung war hier ebenso
rasch als tiefgehend. Oft ist darauf hingewiesen worden, dass
eine der Haupterscheinungen dieser neuen Zeit, Folge wie Vor-
aussetzung derselben, die Ausbildung des Individuums ist: die
Erkenntnis des Einzelnen in seinem eigentümlichen Werte, das
Herauskehren der Persönlichkeit und deren systematische Aus-
bildung. Noch im dreizehnten Jahrhundert war auch in Italien
das gesamte Leben gebunden in der festgefügten Ordnung von
Hierarchie und Lehnstaat, Ständen und Körperschaften, in welchen
sich der Einzelne fast nur als Glied eines Ganzen empfand und
selbst die hervorragende Persönlichkeit im wesentlichen nur Ver-
treter eines Systems war. Aber schon in der Lehre des hl. Franz
und in der Wirksamkeit seines Ordens, dann mit Dantes Schöpfung,
die nach der einen Seite noch die grossartigste poetische Ver-
herrlichung der mystisch-hierarchischen Anschauungen des Mittel-
alters ist, tritt uns auf der anderen Seite doch in der Fülle und
Mannigfaltigkeit ausgeprägter Persönlichkeiten schon die moderne
Zeit in ihrer entschiedenen Betonung der diesseitigen Welt, der
Natur wie der Geschichte, tritt uns zugleich mit Dante selbst
eine der ausgeprägtesten und grossartigsten Gestalten der neuen
Zeit entgegen.
Die politische Entwickelung Italiens, durch die Ausbildung
des Individuums wesentlich bedingt, förderte ihrerseits wieder
die allseitigste und schrankenloseste Entwickelung der Persön-
lichkeit. Nicht nur das republikanische Gemeinwesen und der
 
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