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Bode, Wilhelm
Die Meister der holländischen und vlämischen Malerschulen — Leipzig, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.15571#0070
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Soldatenstück bis zum tendenziösen Sittenroman der oberen Klassen sich enwickeln,
so reich und mannigfaltig, von einer solchen Fülle bedeutender Künstlerindividua-
litäten gepflegt, daß selbst das 19. Jahrhundert nichts Ähnliches aufzuweisen hat.

Wenn wir die holländische Genremalerei auf den Inhalt ihrer Darstellungen
prüfen, so ergibt sich uns, im Gegensatz zum vlämischen Sittenbild und zu dem,
was die romanischen Schulen an Stelle des ihnen fehlenden eigentlichen Sittenbildes
darzubieten haben, eine deutliche Entwickelung vom Typischen zum Individuellen,
von der Wiedergabe der äußeren Erscheinung zu der des inneren Lebens, und im

Fröhliche Gesellschaft Budapest, Museum der schönen Künste

JAN STEEN

letzten Stadium die Rückkehr zur Verherrlichung äußerlichen Prunkes und zu
typischen Szenen.

Für die erste Zeit der holländischen Malerei ist es charakteristisch, daß die
Künstler nicht auf den einzelnen eingehen, sondern das Treiben ganzer Gesell-
schaftsklassen zu schildern suchen. Sie wählten dafür gerade die Stände, deren
Treiben sich am wenigsten der Öffentlichkeit entzog und deren Benehmen fast jeden
Zwanges und jeder Rücksicht bar war. Das Volksleben, wie es sich dem Beschauer
auf Schritt und Tritt darstellte: das ungenierte Treiben der Bauern und der ärmsten
Klasse der Bevölkerung auf der Dorfgasse oder auf dem Jahrmarkt, in der Bauern-
hütte oder in der Kneipe und daneben das ausgelassene Treiben der Soldateska und

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