das Brouwers Freund Schelte a Bolswert gestochen hat. Sie lautet in dem seltenen
ersten Druck: ADRIANVS BRAUWER GRYLLORUM PICTOR ANTVERPI^, der
zweite Druck fügt dem noch bei: NATIONE FLANDER.
Der älteste Malerbiograph, der uns von Brouwer erzählt, ist sein jüngerer,
im Jahre 1627 geborener Landsmann Cornelis de Bie. In seinem „Gulden Cabinet"
(von 1661) nennt auch er den Künstler wiederholt ,,uyt Viaenderen" und „gheboren
in Viaenderen". Aber von seiner Lebensgeschichte erfahren wir nichts durch ihn,
auch nicht über Ort und Zeit seiner Geburt oder seines Todes, über die Namen
seiner Lehrer oder über irgendwelche andere Einzelheiten aus seinem Leben. In
Antwerpen, wo unter seinen Mitbürgern, namentlich unter den Malern, noch eine
Reihe von seinen Bekannten und Freunden am Leben war, war man so erfüllt
von dem jungen Künstler-Philosophen, von seinem pessimistischen Humor, seinen
tollen Einfällen und seinem ausgelassenen Treiben, daß, wo man von ihm sprach,
nicht von seiner Herkunft, nicht von seinen Lehrern oder seinem bürgerlichen Stande
die Rede war, sondern von dem originellen Charakter und den humoristischen Streichen
oder von seiner Kunst. Als Ausdruck dieser öffentlichen Meinung Antwerpens,
wo der Künstler im Volksmunde in ähnlicher Weise noch heute fortleben soll, hat
de Bie in seinen Versen ein fesselndes und treues Bild vom Charakter und der Lebens-
weise des Künstlers, wie von seiner Kunst gegeben, auf das wir später näher ein-
zugehen haben. Von seinen Streichen, den „geestigte aventuren", durch die „syn
leven noch langh in de ghedachtnis sal blijven", erzählt de Bie mit breitem Behagen.
„Auf der See vom Feinde völlig ausgeplündert und mit dem nackten Leben nach
Amsterdam entronnen, griff Brouwer, da er kein anderes Mittel wußte, sich Unter-
halt zu verschaffen, zur Palette und kam durch seine Geschicklichkeit sofort zu Geld.
Er kaufte sich grobe Leinwand, woraus er sich ein modernes Kostüm fertigen ließ,
das er mit einem prächtigen Blumenmuster bemalte. Alle Welt staunte den jungen
Fant in der reichen modischen Tracht an, und die jungen Damen Amsterdams
suchten die Läden ab, um Kleider von demselben kostbaren Stoffe zu bekommen.
Als Brouwer nun eines Abends im Theater war, sprang er am Schluß des Stückes
in seiner stadtbekannten Kleidung auf die Bühne, nahm in jede Hand ein nasses
Tuch, womit er das bunte Muster abwusch, und stand in seinem Anzug von farbloser
Sackleinwand da, den Amsterdamer Modenarren eine Predigt über die Eitelkeit
und Torheit alles menschlichen Tuns und Trachtens haltend."
Etwas ausführlicher als de Bie berichtet ein anderer Zeitgenosse, Isaac Bullart,
der in Brüssel lebte und Brouwer wahrscheinlich persönlich kannte. Er bestätigt
seine vlämische Herkunft mit der genauen Angabe: „natif d'Audenarde". Auch
über den Tod des Künstlers, den Ort, wo er starb, und das Alter, das er erreichte,
gibt er Auskunft: „il mourut ä Anvers age de trente-deux ans seulement, consomme
de debauches, et si pauvre qui'l fallut mandier l'assistänce des personnes charitables
pour fournir aux frais de son enterrement. II fut inhume dans l'ambulacre des
P. P. Carmes d'Anvers; d'oü il a este depuis transporte dans leur Eglise; non pour
ses vertus, mais ä cause de la grande reputation qu'il a remportee par son pinceau".
Sodann erzählt Bullart, daß der Künstler nach längerem Aufenthalt in Holland
(„ayant demeure quelque temps en Hollande") nach Antwerpen kam, und daß
er dort „estant alle promener au Chasteau vetu ä la Hollandoise il y fut retenu pri-
301
ersten Druck: ADRIANVS BRAUWER GRYLLORUM PICTOR ANTVERPI^, der
zweite Druck fügt dem noch bei: NATIONE FLANDER.
Der älteste Malerbiograph, der uns von Brouwer erzählt, ist sein jüngerer,
im Jahre 1627 geborener Landsmann Cornelis de Bie. In seinem „Gulden Cabinet"
(von 1661) nennt auch er den Künstler wiederholt ,,uyt Viaenderen" und „gheboren
in Viaenderen". Aber von seiner Lebensgeschichte erfahren wir nichts durch ihn,
auch nicht über Ort und Zeit seiner Geburt oder seines Todes, über die Namen
seiner Lehrer oder über irgendwelche andere Einzelheiten aus seinem Leben. In
Antwerpen, wo unter seinen Mitbürgern, namentlich unter den Malern, noch eine
Reihe von seinen Bekannten und Freunden am Leben war, war man so erfüllt
von dem jungen Künstler-Philosophen, von seinem pessimistischen Humor, seinen
tollen Einfällen und seinem ausgelassenen Treiben, daß, wo man von ihm sprach,
nicht von seiner Herkunft, nicht von seinen Lehrern oder seinem bürgerlichen Stande
die Rede war, sondern von dem originellen Charakter und den humoristischen Streichen
oder von seiner Kunst. Als Ausdruck dieser öffentlichen Meinung Antwerpens,
wo der Künstler im Volksmunde in ähnlicher Weise noch heute fortleben soll, hat
de Bie in seinen Versen ein fesselndes und treues Bild vom Charakter und der Lebens-
weise des Künstlers, wie von seiner Kunst gegeben, auf das wir später näher ein-
zugehen haben. Von seinen Streichen, den „geestigte aventuren", durch die „syn
leven noch langh in de ghedachtnis sal blijven", erzählt de Bie mit breitem Behagen.
„Auf der See vom Feinde völlig ausgeplündert und mit dem nackten Leben nach
Amsterdam entronnen, griff Brouwer, da er kein anderes Mittel wußte, sich Unter-
halt zu verschaffen, zur Palette und kam durch seine Geschicklichkeit sofort zu Geld.
Er kaufte sich grobe Leinwand, woraus er sich ein modernes Kostüm fertigen ließ,
das er mit einem prächtigen Blumenmuster bemalte. Alle Welt staunte den jungen
Fant in der reichen modischen Tracht an, und die jungen Damen Amsterdams
suchten die Läden ab, um Kleider von demselben kostbaren Stoffe zu bekommen.
Als Brouwer nun eines Abends im Theater war, sprang er am Schluß des Stückes
in seiner stadtbekannten Kleidung auf die Bühne, nahm in jede Hand ein nasses
Tuch, womit er das bunte Muster abwusch, und stand in seinem Anzug von farbloser
Sackleinwand da, den Amsterdamer Modenarren eine Predigt über die Eitelkeit
und Torheit alles menschlichen Tuns und Trachtens haltend."
Etwas ausführlicher als de Bie berichtet ein anderer Zeitgenosse, Isaac Bullart,
der in Brüssel lebte und Brouwer wahrscheinlich persönlich kannte. Er bestätigt
seine vlämische Herkunft mit der genauen Angabe: „natif d'Audenarde". Auch
über den Tod des Künstlers, den Ort, wo er starb, und das Alter, das er erreichte,
gibt er Auskunft: „il mourut ä Anvers age de trente-deux ans seulement, consomme
de debauches, et si pauvre qui'l fallut mandier l'assistänce des personnes charitables
pour fournir aux frais de son enterrement. II fut inhume dans l'ambulacre des
P. P. Carmes d'Anvers; d'oü il a este depuis transporte dans leur Eglise; non pour
ses vertus, mais ä cause de la grande reputation qu'il a remportee par son pinceau".
Sodann erzählt Bullart, daß der Künstler nach längerem Aufenthalt in Holland
(„ayant demeure quelque temps en Hollande") nach Antwerpen kam, und daß
er dort „estant alle promener au Chasteau vetu ä la Hollandoise il y fut retenu pri-
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