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Vorwort des Verfassers

Das vorliegende Buch, hat eine lange und unglückliche Vorge-
schichte. Andreas Aubert, den man nicht zu Unrecht als den Wie-
derentdecker Caspar David Friedrichs bezeichnet, bereitete zu
Beginn dieses Jahrhunderts im Auftrag des Deutschen Vereins
für Kunstwissenschaft ein umfassendes, auf umfangreichem Quel-
lenstudium basierendes Werk über Friedrich vor. Der Nachlaß
Auberts in der Universitätsbibliothek in Oslo vermittelt eine Vor-
stellung von der breiten Anlage des Unternehmens. Nach dem
Tod Auberts 1914 erschien lediglich ein Jahr später als ein Frag-
ment das Kapitel über die patriotischen Bilder. Seit den zwan-
ziger Jahren nahm sich Karl Wilhelm Jähnig, der in Dresden als
Kustos an der Gemäldegalerie wirkte, der Friedrich-Forschung
an. Außer einem die Gemälde und Zeichnungen umfassenden
Werkverzeichnis strebte er eine Darstellung von Friedrichs Le-
ben und Wirken im Zusammenhang mit den geistigen Strömun-
gen seiner Zeit an. Seine Aufsätze bezeugen die Wissenschaftlich-
keit seiner Methode - im Gegensatz zu gleichzeitigen Versuchen,
die Kunst Friedrichs durch Verknüpfung mit nationalistischer
Ideologie in fragwürdiger Weise zu popularisieren - und ließen
eine zuverlässige Monographie erhoffen. Die Arbeit Jähnigs wurde
jedoch unterbrochen, als er seiner vom Dritten Reich in die Emi-
gration gezwungenen Frau in die Schweiz folgte. Erst 1946
konnte er mit seinen Forschungen, freilich behindert durch die
Entfernung von Kunstwerken, Archiven und Bibliotheken, fort-
fahren.
Als Karl Wilhelm Jähnig 1960 starb, nahm sich seine Witwe,
Frau Dr. Britta Jähnig, Ärztin, aber durch jahrzehntelange Teil-
nahme an der Arbeit ihres Mannes mit Friedrich vertraut, des
Nachlasses an, der aus zahlreichen auf der Rückseite ausführlich
beschrifteten Fotos und Notizen, vor allem zeitgenössischer Lite-
ratur, bestand. Sie hat in mühevoller Arbeit die Notizen für jedes
einzelne Werk zusammengestellt und in Reinschrift übertragen.
Besonders die Informationen über Provenienzen, die Jähnig von
inzwischen verstorbenen Personen erhalten hat und die auf an-
dere Weise nicht mehr beschafft werden können, sind wertvoll. In
der Beurteilung der Kunstwerke hinsichtlich ihrer Eigenhändig-
keit und zeitlichen Einordnung erwies sich Karl Wilhelm Jähnig
als scharfsichtig und einfühlsam. Viele unveröffentlichte Er-
kenntnisse, die sich Jähnig als erster erworben hat, sind inzwi-
schen von anderen Forschern ausgesprochen und bestätigt wor-
den.
Der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft beauftragte mich
1967, den Nachlaß für eine Publikation zu bearbeiten. Ich bin
dankbar, daß mir die Chance geboten wurde, die Thesen meiner
Dissertation über die Bildgestaltung Caspar David Friedrichs neu
zu überdenken und die Ergebnisse einer formalen Betrachtungs-
weise durch Untersuchungen über die allegorische Aussage seiner
Werke zu ergänzen. Die Sache schien mir zu fordern, in den Ka-
talogtexten Deutungen vorzuschagen und die Gefahr des Irrtums
in Kauf zu nehmen, die bei einer nur teilweise auf ikonographi-
schen Traditionen beruhenden, größtenteils jedoch selbst ge-
schaffenen Bildersprache gegeben ist. Die Zusammenstellung des
CEuvres, das die Zeitgenossen nicht überschauen konnten, erleich-

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