Schon viele seiner Werke bewährten seine Meisterschaft in Darstellung
der Beleuchtung dieser Art; vollkommner aber konnte die Aufgabe
wohl nicht gelöst werden, als diesmal. Wie wallt der dichte kalte Ne-
bel empor und droht dem matten Abendroth, das jetzt noch seinen
allmählich verschwimmenden Saum erhellt. Schon verhüllt er dem
Blicke die entfernteren Eichen, die unten halb versunkenen Grabmä-
lern nur noch schwach den Punkt bezeichnen, wo vom schweren Dunste
der schneebedeckte Boden sich scheidet. Im Vordergründe gähnt, unter
den entlaubt starrenden Riesenbäumen, das in die hart gefrorne Erde
vertiefte Grab, daran vorbei wallt der Grabeszug der trauernden
Mönche, den abgeschiedenen Bruder geleitend. Schon schwankt der
Sarg durch die hohe Pforte nach dem Inneren des verwüsteten Heilig-
thums, wo vor dem mit Kerzen erleuchteten Altar der Priester harrt
zur Verwaltung des Todtenamts.
Fürwahr, wenn es noch der Führung eines Beweises für die Verseh wi-
sterung der Poesie mit der Kunst bedürfe, so brauchte man nur den
Zweifler vor dieses Bild zu stellen. Immer wechseln wird man von den
Empfindungen und den ahnungsvollen Schauern, die seine Betrachtung
erweckt, zu der Bewunderung der Kunst und Wahrheit in seiner Aus-
führung hingezogen [Kat. 254].
L-n, Etwas über die 1819 in der Königl. Sächs. Akademie der Künste
zu Dresden ausgestellten Kunstwerke. Kunstblatt [im Morgenblatt für
gebildete Stände] 1819, S. 75
Von der lachenden Natur, die sie [Landschaft von Klengel] bot, trat
man gleichsam wie vom Aequator zum Nordpol, vor Friedrichs grosses
Gemählde, Nr. 534, die Grabtragung des Bruders zu der Kapelle Trüm-
mern am Waldende, eine Winterlandschaft im Dämmerlichte. Wie
wahr, wie ergreifend! Der Frost durchbebt uns selbst, wenn wir diesen
beschneiten Boden, die hohen entläubten Bäume, diesen Himmel aus
dessen Nebeln so eben der Schnee sich herabsenken will, betrachten,
und der fey erliche Leichenzug der schwarzen Gestalten auf dem weissen
Wintergrunde, macht die Oede, statt sie zu beleben, nur noch öder.
Alles in gleicher Ansicht gedacht wie ausgeführt, nur die Perspektive
der verfallnen Kapelle schien nicht ganz richtig [Kat. 254].
Von demselben noch zwei andere kleine, einfache, aber um so mehr
ansprechende Oehlgemälde, Nr. 532 Gebirgsgegend, und 534, vereinte
Schiffart hey Mondenschein [Kat. 255], so wie Nr. LXIII und IV Sze-
nen auf einer Reise auf Rügen, nach der Natur, nur mit wenigen, aber
deutungsvollen Strichen gezeichnet.
[Auktionskat. Slg. J. C. Lampe, Weigel, LEIPZIG 17. 5. 1819 ff.]
Nr. 136 Auf einem Hügel wachsen zwischen großen Steinmassen ein-
zelne hohe Tannen schlank in die Höhe ... 26 Zoll : 34 Zoll [Kat. 163?].
1820
HELLDUNKEL, Gottlieb (Karl WILDENHAIN), Ein Bild von
diesjähriger Dresdner Ausstellung. August 1819. Isis (herausgegeben
von L. Oken), 4, 1820, Kleinmeistereyen in deutschen Schriftsachen, Sp.
145-151
[Längere allgemeine Einleitung über Landschaftsmalerei; Dialog in
der Ausstellung] . . . und was sagstu zu den Naturgemälden von Dahl ? —
»Ich war nicht in allen Zimmern, aber ein Streben nach Bedeutsamkeit
hab’ ich algemein wahrgenommen, und diese Gegenden sprachen mit
dreister Naturwahrheit mich an. Sie sind gewählt, erfast und geben
Handlungen, ja Thaten der Welt im Freien, und an dem Schiffbruch-
morgen lob’ ich besonders den Man, der rettungsmüd entkommen, auf
dem Felsgestade sitzend in sich hineinschaut, recht als ein Geist und
Spiegel der Ortsele des Bildes. Den ich tadle die nackte Landschaft,
die immer den Beschauer sein eignes Ich in ihrem Augenpunkte zu
spiegeln zwingt, der doch nur in Bezugsetzung auf Menschheit mensch-
lich verstanden wird.« - Auch da begegnen wir uns. Ich halte die ein-
same Landschaft für seltener ächt, und fordre sie zumeist als wahren
Leib einer Menschenhandlung, eines Gemüths wie die mitgeltende
Oertlichkeit im Gedichte. Ja, sofern wir allerdings die äusre Welt im
Freien nur im Einklänge mit unsrer Ausenheit verstehn, die eigne Ge-
stalt, den ihren unwillkürlich eingebärdend: wäre zu forschen, wiefern
das Gliedmasliche in Verhältnissen der Formen, wie das Gebärdige,
wieweit das Menschformliche (Anthropomorphische) überhaupt in der
Landsch. anwendbar sei, damit alle Gestaltsamkeit menschlichen We-
sens, in mächtigen Urformen, dargelegt, darauf in den engeren Kreis
der Mithandelnden zusammengetreten, zuletzt in einer Hauptgestalt
ein Antliz fände, daraus die innere Schau uns mit der Gewalt jener
himmel-höllischen Welt- und Ghristusbilder, wie sie vor Michel Angelo
und Rafael nur unsre Altdeutschen gewagt verklärt entgegenleuch-
tete. - Doch wie, hastu den Friedrichs Winterlandsch. mit gesehn? -
»Nein.« — O so las uns eilen, noch ist es Zeit, wir gehen hier rechts
die grose Treppe hinan auf den Garten. Ich will es nur gestehn, das ich
dahin dich geleiten wollte, zu einem Kunstgenus, der dich so recht emp-
fänglich fände. Sieh da, die Sonne wirft noch warme Lichtblicke über
die Brücke dort am Elbgehäge hinüber, das die Gehänge hinten im
Glanze deutlich stehn. Wir haben wol die volle Stunde noch. So las
uns vollends hinauf und eintreten; hier immer durch links ins Pro-
fessorzimmer. Nun stell’ Dich her, schau und befreunde Dich! -
»Nun, trübe genug ist der Himmel, und grel ists auch: die zwei dun-
kelnakten Baumstämme vorn aus dem Schneegrunde, und oben wie
abgesägt vom Rahmen, stosen ab mit ihren beschneiten Zackenästen.
Sie schneiden das Ganze so schrof dreitheilig durch. Doch in der Mitte
die gothische Bogentrümmer, so überhoch in dreifältiger Durchbro-
chenheit, trift mich; sie steht recht ehrwürdig über dem verfallenen
Gemäuer um den Eingang unten.« - Und siehe, wie dahinter das letzte
Abendrot verglüht und im Verlöschen durch dickvernebeltes Wald-
geäst im Hintergründe schimmert, das die seltsam rotblauliche Däm-
merung gleich einer Ahndung auf dem Ganzen ruht. Und wie malt sich
der Gedanke, auf den blendweisen Schnee die schwarzen Trauermäntel
zu setzen, die unten links heran ins Kirchlein ziehn, beim offnen Grabe
vorn vorbei. Dieser Zug allein verbände ja das ganze, das auf die Kirche
sich bezieht, und dieses Bild im Bilde selten die Stämme davor uns
aufthun. Auch stehn dergleichen Bäume rings herum. Las uns nur
heimisch werden auf diesem Kirchhofe. Man möchte herumwaten im
harschen Schnee durch die Gräber und sehen wie alles öd, ein Bild des
starren Todes ist. Sehr einsam mag es sein im Walde hierausen. Da
sieht man keinen Füstrit und Niemand denkt daran, die umgesunkenen
Kreuze aufzurichten, die steinere, angemorte, die lezte Kunde längst
zerfalner Herzen sind. Nur hie und da im Vorgrunde sind falbe Gras-
spitzen, aus warmer Schnedecke hervorsprossend und grelgrünes Mos
an schwarzem Gewurzel des Lebens Zeugen, das im Verborgenen quillt,
auch in den Baumgerippen, die den freien Waldplaz einschliesen. Aber
dort nach dem Kirchlein zu ist ein Ast herabgebrochen und einge-
schneit; die Stürme mögen oft hier sausen, und grimkalt mag es sein,
das sieht man den Gesichtern an. Sie aber schreiten langsam in Wen-
dungen des Gesprächs: die Trauer mus ja ihr Recht behaupten, und,
feierlich gemessen, den Frost durchschneiden. - »Sie ziehen parweis,
alle schwarz gekleidet: mir scheint das Ordenstracht.« — So ist es. Die
Väter eines benachbarten Klosters mögen dem Bruder hier die lezte
Pflicht erweisen. Den einen Sarg tragen die Vordersten, die auf dem
dritten Stuffensatze schon im Eingänge selbst den Rücken wenden. Und
bedeutungsschwerer konte sein Anblick nicht gewählt werden, weil er,
des ganzen Zuges Endursache enthüllend, erst seitwärts hinter dem
Stamme her, dan gewendet nach den Stuffensätzen, die gradaus hinan-
führen, alle Fristen des Hintragens in eine Stellung zusammenfast, wo
er, in seine Rückseite geschwunden, in die Sichthöhe (Augenpunkt) des
Bildes selbst gehoben würde, als freilich aller Erdenaussicht leztes
Ziel, wenn nicht das gothisch-hohe Thürgewölbe die innere Welt des
Heiligthums erschauen liese, alwo über dem Hochaltäre der gekreu-
zigte Mitler herniederblikt, vor dem die Kerzen lodern, und unter ihm
der älteste Bruder mit gesenktem Buche wartend steht. Er ist hinauf-
getreten in Würden des Hochamtes und wil den Segen des Himmels
aussprechen über den Geschiedenen, den sie wol alle geliebt haben.
Ja, wie dieser Verklärte selbst scheint er mir dazustehn, des herschauen-
des Antlitz die Gedanken aller Hinziehenden spiegelt, die den gelieb-
ten Geist noch festhalten in Andacht. — »Du redest wahr. Es ist die
Abendfeier allen Seins, die Wende zwischen Tod und Leben, und wie
der Sarg izt über der Schwelle schwebt, so stehen Zeit und Ewigkeit im
Gleichgewicht.« — Ja, dieser Sarg ist ein Schneidepunkt des Todes, der
das ewige Hinschwinden des starren Erdewinters, den aus der Raum-
unendlichkeit uns der Rahmen ausen vorhält, zu einem unendlichen
Werden jenseits steigert; und sühnt dieser himlische Zündstrat aus
kaltem Schneelichte, nicht allein mit allen Schrofheiten in Form und
Färbung dich aus? — »Volkommen. Mich deucht ich fühle ganz das
liebe fromme Bild, ja, diese Schrofheiten offenbaren mir sich nun als
9°
der Beleuchtung dieser Art; vollkommner aber konnte die Aufgabe
wohl nicht gelöst werden, als diesmal. Wie wallt der dichte kalte Ne-
bel empor und droht dem matten Abendroth, das jetzt noch seinen
allmählich verschwimmenden Saum erhellt. Schon verhüllt er dem
Blicke die entfernteren Eichen, die unten halb versunkenen Grabmä-
lern nur noch schwach den Punkt bezeichnen, wo vom schweren Dunste
der schneebedeckte Boden sich scheidet. Im Vordergründe gähnt, unter
den entlaubt starrenden Riesenbäumen, das in die hart gefrorne Erde
vertiefte Grab, daran vorbei wallt der Grabeszug der trauernden
Mönche, den abgeschiedenen Bruder geleitend. Schon schwankt der
Sarg durch die hohe Pforte nach dem Inneren des verwüsteten Heilig-
thums, wo vor dem mit Kerzen erleuchteten Altar der Priester harrt
zur Verwaltung des Todtenamts.
Fürwahr, wenn es noch der Führung eines Beweises für die Verseh wi-
sterung der Poesie mit der Kunst bedürfe, so brauchte man nur den
Zweifler vor dieses Bild zu stellen. Immer wechseln wird man von den
Empfindungen und den ahnungsvollen Schauern, die seine Betrachtung
erweckt, zu der Bewunderung der Kunst und Wahrheit in seiner Aus-
führung hingezogen [Kat. 254].
L-n, Etwas über die 1819 in der Königl. Sächs. Akademie der Künste
zu Dresden ausgestellten Kunstwerke. Kunstblatt [im Morgenblatt für
gebildete Stände] 1819, S. 75
Von der lachenden Natur, die sie [Landschaft von Klengel] bot, trat
man gleichsam wie vom Aequator zum Nordpol, vor Friedrichs grosses
Gemählde, Nr. 534, die Grabtragung des Bruders zu der Kapelle Trüm-
mern am Waldende, eine Winterlandschaft im Dämmerlichte. Wie
wahr, wie ergreifend! Der Frost durchbebt uns selbst, wenn wir diesen
beschneiten Boden, die hohen entläubten Bäume, diesen Himmel aus
dessen Nebeln so eben der Schnee sich herabsenken will, betrachten,
und der fey erliche Leichenzug der schwarzen Gestalten auf dem weissen
Wintergrunde, macht die Oede, statt sie zu beleben, nur noch öder.
Alles in gleicher Ansicht gedacht wie ausgeführt, nur die Perspektive
der verfallnen Kapelle schien nicht ganz richtig [Kat. 254].
Von demselben noch zwei andere kleine, einfache, aber um so mehr
ansprechende Oehlgemälde, Nr. 532 Gebirgsgegend, und 534, vereinte
Schiffart hey Mondenschein [Kat. 255], so wie Nr. LXIII und IV Sze-
nen auf einer Reise auf Rügen, nach der Natur, nur mit wenigen, aber
deutungsvollen Strichen gezeichnet.
[Auktionskat. Slg. J. C. Lampe, Weigel, LEIPZIG 17. 5. 1819 ff.]
Nr. 136 Auf einem Hügel wachsen zwischen großen Steinmassen ein-
zelne hohe Tannen schlank in die Höhe ... 26 Zoll : 34 Zoll [Kat. 163?].
1820
HELLDUNKEL, Gottlieb (Karl WILDENHAIN), Ein Bild von
diesjähriger Dresdner Ausstellung. August 1819. Isis (herausgegeben
von L. Oken), 4, 1820, Kleinmeistereyen in deutschen Schriftsachen, Sp.
145-151
[Längere allgemeine Einleitung über Landschaftsmalerei; Dialog in
der Ausstellung] . . . und was sagstu zu den Naturgemälden von Dahl ? —
»Ich war nicht in allen Zimmern, aber ein Streben nach Bedeutsamkeit
hab’ ich algemein wahrgenommen, und diese Gegenden sprachen mit
dreister Naturwahrheit mich an. Sie sind gewählt, erfast und geben
Handlungen, ja Thaten der Welt im Freien, und an dem Schiffbruch-
morgen lob’ ich besonders den Man, der rettungsmüd entkommen, auf
dem Felsgestade sitzend in sich hineinschaut, recht als ein Geist und
Spiegel der Ortsele des Bildes. Den ich tadle die nackte Landschaft,
die immer den Beschauer sein eignes Ich in ihrem Augenpunkte zu
spiegeln zwingt, der doch nur in Bezugsetzung auf Menschheit mensch-
lich verstanden wird.« - Auch da begegnen wir uns. Ich halte die ein-
same Landschaft für seltener ächt, und fordre sie zumeist als wahren
Leib einer Menschenhandlung, eines Gemüths wie die mitgeltende
Oertlichkeit im Gedichte. Ja, sofern wir allerdings die äusre Welt im
Freien nur im Einklänge mit unsrer Ausenheit verstehn, die eigne Ge-
stalt, den ihren unwillkürlich eingebärdend: wäre zu forschen, wiefern
das Gliedmasliche in Verhältnissen der Formen, wie das Gebärdige,
wieweit das Menschformliche (Anthropomorphische) überhaupt in der
Landsch. anwendbar sei, damit alle Gestaltsamkeit menschlichen We-
sens, in mächtigen Urformen, dargelegt, darauf in den engeren Kreis
der Mithandelnden zusammengetreten, zuletzt in einer Hauptgestalt
ein Antliz fände, daraus die innere Schau uns mit der Gewalt jener
himmel-höllischen Welt- und Ghristusbilder, wie sie vor Michel Angelo
und Rafael nur unsre Altdeutschen gewagt verklärt entgegenleuch-
tete. - Doch wie, hastu den Friedrichs Winterlandsch. mit gesehn? -
»Nein.« — O so las uns eilen, noch ist es Zeit, wir gehen hier rechts
die grose Treppe hinan auf den Garten. Ich will es nur gestehn, das ich
dahin dich geleiten wollte, zu einem Kunstgenus, der dich so recht emp-
fänglich fände. Sieh da, die Sonne wirft noch warme Lichtblicke über
die Brücke dort am Elbgehäge hinüber, das die Gehänge hinten im
Glanze deutlich stehn. Wir haben wol die volle Stunde noch. So las
uns vollends hinauf und eintreten; hier immer durch links ins Pro-
fessorzimmer. Nun stell’ Dich her, schau und befreunde Dich! -
»Nun, trübe genug ist der Himmel, und grel ists auch: die zwei dun-
kelnakten Baumstämme vorn aus dem Schneegrunde, und oben wie
abgesägt vom Rahmen, stosen ab mit ihren beschneiten Zackenästen.
Sie schneiden das Ganze so schrof dreitheilig durch. Doch in der Mitte
die gothische Bogentrümmer, so überhoch in dreifältiger Durchbro-
chenheit, trift mich; sie steht recht ehrwürdig über dem verfallenen
Gemäuer um den Eingang unten.« - Und siehe, wie dahinter das letzte
Abendrot verglüht und im Verlöschen durch dickvernebeltes Wald-
geäst im Hintergründe schimmert, das die seltsam rotblauliche Däm-
merung gleich einer Ahndung auf dem Ganzen ruht. Und wie malt sich
der Gedanke, auf den blendweisen Schnee die schwarzen Trauermäntel
zu setzen, die unten links heran ins Kirchlein ziehn, beim offnen Grabe
vorn vorbei. Dieser Zug allein verbände ja das ganze, das auf die Kirche
sich bezieht, und dieses Bild im Bilde selten die Stämme davor uns
aufthun. Auch stehn dergleichen Bäume rings herum. Las uns nur
heimisch werden auf diesem Kirchhofe. Man möchte herumwaten im
harschen Schnee durch die Gräber und sehen wie alles öd, ein Bild des
starren Todes ist. Sehr einsam mag es sein im Walde hierausen. Da
sieht man keinen Füstrit und Niemand denkt daran, die umgesunkenen
Kreuze aufzurichten, die steinere, angemorte, die lezte Kunde längst
zerfalner Herzen sind. Nur hie und da im Vorgrunde sind falbe Gras-
spitzen, aus warmer Schnedecke hervorsprossend und grelgrünes Mos
an schwarzem Gewurzel des Lebens Zeugen, das im Verborgenen quillt,
auch in den Baumgerippen, die den freien Waldplaz einschliesen. Aber
dort nach dem Kirchlein zu ist ein Ast herabgebrochen und einge-
schneit; die Stürme mögen oft hier sausen, und grimkalt mag es sein,
das sieht man den Gesichtern an. Sie aber schreiten langsam in Wen-
dungen des Gesprächs: die Trauer mus ja ihr Recht behaupten, und,
feierlich gemessen, den Frost durchschneiden. - »Sie ziehen parweis,
alle schwarz gekleidet: mir scheint das Ordenstracht.« — So ist es. Die
Väter eines benachbarten Klosters mögen dem Bruder hier die lezte
Pflicht erweisen. Den einen Sarg tragen die Vordersten, die auf dem
dritten Stuffensatze schon im Eingänge selbst den Rücken wenden. Und
bedeutungsschwerer konte sein Anblick nicht gewählt werden, weil er,
des ganzen Zuges Endursache enthüllend, erst seitwärts hinter dem
Stamme her, dan gewendet nach den Stuffensätzen, die gradaus hinan-
führen, alle Fristen des Hintragens in eine Stellung zusammenfast, wo
er, in seine Rückseite geschwunden, in die Sichthöhe (Augenpunkt) des
Bildes selbst gehoben würde, als freilich aller Erdenaussicht leztes
Ziel, wenn nicht das gothisch-hohe Thürgewölbe die innere Welt des
Heiligthums erschauen liese, alwo über dem Hochaltäre der gekreu-
zigte Mitler herniederblikt, vor dem die Kerzen lodern, und unter ihm
der älteste Bruder mit gesenktem Buche wartend steht. Er ist hinauf-
getreten in Würden des Hochamtes und wil den Segen des Himmels
aussprechen über den Geschiedenen, den sie wol alle geliebt haben.
Ja, wie dieser Verklärte selbst scheint er mir dazustehn, des herschauen-
des Antlitz die Gedanken aller Hinziehenden spiegelt, die den gelieb-
ten Geist noch festhalten in Andacht. — »Du redest wahr. Es ist die
Abendfeier allen Seins, die Wende zwischen Tod und Leben, und wie
der Sarg izt über der Schwelle schwebt, so stehen Zeit und Ewigkeit im
Gleichgewicht.« — Ja, dieser Sarg ist ein Schneidepunkt des Todes, der
das ewige Hinschwinden des starren Erdewinters, den aus der Raum-
unendlichkeit uns der Rahmen ausen vorhält, zu einem unendlichen
Werden jenseits steigert; und sühnt dieser himlische Zündstrat aus
kaltem Schneelichte, nicht allein mit allen Schrofheiten in Form und
Färbung dich aus? — »Volkommen. Mich deucht ich fühle ganz das
liebe fromme Bild, ja, diese Schrofheiten offenbaren mir sich nun als
9°