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mit Zöllner, Hackert und Kosegarten zu denen, die das baltische Eiland
für das weitere Deutschland eigentlich erst entdeckt und den Touri-
stenscharen die Wege gewiesen haben. Im April 1803 berichtet Runge
von ihm, er habe »ein paar Ansichten von Stubbenkammer ausgestellt,
in Sepia gezeichnet und in einer ansehnlichen Größe sehr schön be-
leuchtet, behandelt und ausgeführt; sie finden allgemeinen Beyfall und
verdienen es [Kat. 91]. Ich dachte zu einem Versuch damit sie ihm abzu-
kaufen und euch zu schicken, nun hat er aber das eine Stück an Hrn.
v. B ac.knitz verkauft und das andere auch schon halb und halb; hat aber
jetzt wieder eine Aussicht vom Rugard nach Jasmund, der Prora, und
weit in die See fertig, die weit reicher und schöner ist [Kat. 100]. Diese
und eine andere von da nach Putbus, ganz Mönkgut, im Hintergrund
die pommersche Küste (auch die Türme von Greifswald und Wolgast),
die er noch machen wird [Kat. 101], das erstere Stück als Morgen, das
zweyte als Abend behandelt, hab’ ich ihm für 30 Thlr. jedes abgekauft.«
Überall hier und in anderen Bildern ist der Gipfel seiner Kunst nicht
die treue Wiedergabe des Wirklichen, sondern der darüber gehauchte
poetische Duft, nach seinem Grundsatz: »Der Maler soll nicht bloß
malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht.« Und
was dieser Maler in sich sah, war Einsamkeit und Verlassensein des
Menschen inmitten der unendlichen Schöpfung. Wenn auf einem sei-
ner Seestücke Himmel und Wasser im Nebel verschwimmen und große
Schiffe darin sich verlieren, oder wenn auf einer anderen Landschaft
einige nachdenkliche Jünglinge auf einem großen Steine stehen, vom
Felsenstrande durch Wasser getrennt, umgeben vom Ocean [Kat. 223
oder 383], oder wenn auf den meisten die Figuren ganz fehlen: aus
allen lesen wir die wehmütig ernste Seele des Künstlers. David soll ihn
daher den Entdecker der tragedie du paysage genannt haben. Das sind
Ideen, von denen das Altertum und alle, die in ihm nur das Ideal fin-
den, nichts wissen können, Ideen, die erst durch die Pieligion der Inner-
lichkeit in der Welt sind.
S. 274, 275
[Über den Übertritt Klinkowströms zum Katholizismus] Mußte die
Romantik diesen Weg gehen? Runge war ihn nicht gegangen. Auch
Fridrich ging ihn nicht. Freilich auch sein Los wurde kein äußerlich
glückliches. In Dresden hatte er eine Professur an der Akademie er-
halten. Eine Zeitlang dort bewundert und nachgeahmt, selbst noch auf
Lessing von bedeutendem Einfluß, von Tieck in mehreren Novellen be-
sprochen, war dennoch die jüngere Welt sehr bald über ihn zur Tages-
ordnung gegangen und hatte ihm kaum das tägliche Brot gelassen.
Seine Werke wurden nur mühsam verkauft. Der Geschmack war ein
anderer geworden. Noch immer malte er träumerische Nebelbilder,
die Trümmer eines Grönlandfahrers im Polarkreis [Kat. 311], ein Kie-
fernbäumchen im Schneefeld [Kat. 361], ein pommersches Hünengrab
bei untergehender Sonne aus der Gegend von Gützkow, aber auch ein
Kreuz auf dem Felsen, an das sich die Schiffbrüchigen klammern - er
malte damit sein eigenes Gemüt, das trüber und trüber geworden war,
vor Menschen scheu sich zurückzog, aber im kindlichen Glauben am
Kreuze sich festhielt. Die wenigen Vertrauten wußten, welch treues
und liebewarmes Herz ihm im Busen schlug.
Fridrich ist am 7. Mai 1840 in Dresden gestorben - der letzte aus dem
Kollegium pommerscher Romantiker.
1888
BECKER, Hermann, Deutsche Maler. Von Asmus Carstens an bis
auf die neuere Zeit in einzelnen Werken kritisch geschildert. Leipzig
1888, S. 335
In auffallendster Weise mager, dürftig und scharf und hart gezeichnet,
scheinen die Bilder von C. D. Friedrich, in welchen eine eigenthümliche
Naivität sich ausspricht. Das seltsamste von den Werken dieses Künst-
lers ist »Ein Schiff vom Eise zertrümmet« [Kat. 295 oder 311].
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Unter den Landschaftsmalern der Dresdener Schule treten uns zwei
gar fremdartig entgegen; sie gehören einer früheren Zeit an, der Ent-
wicklungszeit der neueren Landschaftskunst, beide aber stehen außer-
halb des allgemeinen Ganges und Fortschrittes, wie denn nach Dresden
der Aufschwung aus den erstarrten akademischen Kunstzuständen erst
spät und erst von Düsseldorf aus übertragen wurde. Caspar David
Friedrich (er starb 1840), den ich schon vorher erwähnte, ist ein höchst
origineller Künstler in Bezug auf die Gegenstände und den Geist seiner

Bilder, worin eine wunderlich trübselige Poesie sich mit sehr unvoll-
kommenen Mitteln ausspricht. Obgleich fein gezeichnet, entbehren
seine Bilder aller plastischen Wirkung, sie sind trocken und dürftig ge-
malt, mehr noch, als die seiner Zeitgenossen. Aber diese düstere Male-
rei fällt weniger auf bei den seltsamen Gegenständen, welche sie dar-
stellt: schauerlich traurige Scenen einer erstorbenen Natur, winter-
lichen Wald in Nacht und Nebel, verfallene Kirchhöfe mit offenen
Gräbern und gespensterhaften Leichenzügen, dichtem Nebel, worin
Eulen und Krähen die Staffage und das einzige Leben vertreten, ge-
nug, Gegenstände, welche vor lauter Trübseligkeit und gesuchter Gru-
seligkeit beinahe lächerlich werden. Ein Hauptbild dieser Art ist die
»Ruine zwischen entlaubten Bäumen«. Ein seltsam blassgrauer däm-
mernder Himmel, erleuchtet von dem letzten Schimmer des Tages,
spannt sich über eine schwarze Landschaft, die dürren Äste und Zweige
von Eichen ragen aus der Nacht in diese Dämmerung hinein, und sehen
wir lange und scharf in die dunkle Finsterniss des Bildes, so entdecken
wir die Ruinen einer Klosterkirche und umher einen schneebedeckten
verlassenen Kirchhof, über welchen ein Leichenzug von schwarzen
Mönchen einem offenen Grab zuschreitet [Kat. 169].
1889
GOETHE, Johann Wolfgang, Werke. Tagebücher, Weimarer Aus-
gabe III, 3. Weimar 1889, S. 260
17. August 1807 [Teplitz] Um 11 Uhr zu Graf Comeillan um seine
Zeichnungen, Gouachen und Kupferstiche zu sehen . . . Ein Portefeuille
Zeichnungen, zur sächsischen Suite gehörig, wovon viele gestochen
sind; von Friedrich, von Klotz, Vitzany etc.
5. 396
2. November 1808 [Weimar] Friedrichs Zeichnungen und Werneburgs
Clavier [Kat. 112, 132, 146, 147, 149 oder 150, 151, 172]
S- 397
6. November 1808 [Weimar] Friedrichsche Zeichnungen
S. 398
10. November 1808 [Weimar] Wolffen die Friedrichschen Zeichnun-
gen sehen lassen. 13. November. Um 11 Uhr an Mad. Schopenhauer
nebst Herrn Cabrun die Friedrichschen Zeichnungen nebst andren
vorgewiesen.
III, 4. Weimar 1891, S. 45
22. Juli 1809 [Weimar] Mittags allein mit Kaaz. Über Friedrich und
andre Landschaftsmaler.
S. 154
18. September 1810 [Dresden] Zu Friedrich. Dessen wunderbare Land-
schaften. Ein Nebelkirchhof [Kat. 169], ein offnes Meer [Kat. 168].
S. 218, 219
9. Juli 1811. Nach Tische Bergrath Voigt. Professor Köthe, Friedrich
und Bildhauer Kühn aus Dresden. 10. Juli. Mit Mad. Frommann und
Schoppenhauer nach Drackend. Prof. Köthe, Friedrich v. Dresden und
Kühn.
S. 245
4. Dezember 1811 [Weimar] Bey Hofrath Meyer, die Friedrichschen
Landschaften zu sehen. Mittag Dem. Seidler. 7. Dezember. Niebuhr.
Spatzieren gefahren und gegangen, bis ans römische Haus. Besahen die
Herrschaften die Dresdner Gemälde [Kat. 190-198].
5. 271-273
23. April 1812 [Jena] Herrn Hofrath Meyer, große Linse nebst Nach-
richt von den Friedrichschen Zeichnungen. 24. April . An Dem. Seid-
ler nach Dresden, Ankunft der Friedrichschen Zeichnungen gemeldet.
26. April. Durch den Kutscher nach Weimar: die Friedrichschen Zeich-
nungen nebst Brief an Hofrath Meyer [Kat. 112, 131, 132, 172, 173, 175,
176];
III, 5. Weimar 1893, S. 18
20. Februar 1813 [Weimar] Abends Hofrath Meyer über Friedrich’sche
und Kügelgen’sche Kunst.
GOETHE, Johann Wolfgang, Werke. Briefe, Weimarer Ausgabe [Die
Briefe an Meyer sind nach Hecker 1919 zitiert.] IV, 20. Weimar 1896,
S. 198
1. November 1808. An Kaaz. Herr Friedrich hat uns durch eine Sen-
dung sehr viel Vergnügen gemacht. Möchten Sie doch auch diesem
guten Beyspiele folgen!
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