aus gefolgert, es könne sich möglicherweise um eine Sepiazeich-
nung gehandelt haben. Es ist jedoch auch denkbar, daß Schubert
Friedrich erst 1807 kennengelernt hat und dieses eines der ersten
Ölgemälde Friedrichs war. In der Beschränkung auf zwei Gegen-
stände und einen weiten Luftraum läßt sich die Komposition in
der Frühzeit eher als Ölbild denn als Sepiazeichnung vorstellen
(vgl. Kat. 232 und 267). Möglicherweise ist es identisch mit dem
Bild einer »weiten nebligen Gebirgsferne mit einem einzigen
darüber schwebenden Adler«, das in einer von Carus berichteten
Anekdote über Carl August Böttiger vorkommt.
Schubert knüpft an seine Beschreibung eine Bemerkung Fried-
richs zu der Darstellung an. Der Maler habe, nachdem man über
die unglückliche politische Situation nach dem Sieg Napoleons
gesprochen hatte, auf den Adler gewiesen und gesagt: »Er wird
sich schon herausarbeiten, der deutsche Geist aus dem Sturme
und den Wolken . . .« Als politische Allegorie müßte der Adler
wohl speziell auf Preußen bezogen werden. Der nach oben blik-
kende Kopf würde der Devise »non soli cedit« entsprechen, je-
doch wäre ein solches Bekenntnis Friedrichs zu Preußen über-
raschend. Zudem stände das Bild als patriotische Aussage in der
Zeit um 1806/07 isoliert im GEuvre des Malers. Als solche ließe
es sich besser um 1812/14 einordnen. Es ist jedoch durchaus denk-
bar, daß Friedrich, ähnlich wie bei dem Besuch von Cornelius in
seinem Atelier 1820, als er die »Zwei Männer in Betrachtung des
Mondes« (Kat. 261) zeigte, einer religiösen Allegorie eine patrio-
tische Bedeutung - hier allerdings scherzhaft - unterschob. Wenn
Friedrich eine religiöse Aussage mit dem Bild beabsichtigt haben
sollte, so kann er wohl nur eine Auferstehung oder eine Himmel-
fahrt Christi gemeint haben. Sonst begegnet der Adler als Bild-
gegenstand bei Friedrich nicht.
Ein Reflex dieses Bildes ist vermutlich in einem ehemals im Mu-
seum von Breslau befindlichen Gemälde Christian Johann Gott-
lieb Gieses von 1818 (Deusch 1937, Abb. 24) und wohl auch in
einem Bild von Carus »Phantasie aus der Alpenwelt« von 1822,
ehern. Galerie Caspari, München, (Prause 1968, Nr. 132 mit Abb.)
zu erkennen. Schubert verweist in einer Anmerkung auf die Ver-
wandtschaft mit Kat. 267. Siehe auch S. 28, 38.
Lit.: Schubert 1855, S. 185, 186; Carus 1865 I, S. 210; Aubert
1915, S. 6 (1806); Wolfradt 1924, S. 202 Anm. 15 (1816); Eber-
lein 1924, S.222 (Abdruck der Beschreibung Schuberts); Deusch
1937, zu Tf. 24 (1816); Nemitz 1938, S. 20; Eberlein 1940, S. 24;
Wilhelm-Kästner 1940, S. 62, 63 zu Abb. 21 (»Seeadler, wie sie
zu Friedrichs Zeiten noch häufiger als heute in Vorpommern und
auf Rügen vorkamen«); Moninger 1944, S. 82; Hinz 1966, S. 104
(1816); Sumowski 1970, S. 190 Kat. 60 (1806).
158 Meeresstrand mit Fischer (Der Fischer)
Öl auf Lwd. 34,5 x 51 cm.
Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. NG 98.
Bis nach 1918 Besitz der Grafen von Medern in Elley, Kurland;
vermutlich um 1808 vom Künstler erworben; nach 1918 ver-
kauft (v. Holst 1938); 1922-1924 als Leihgabe von Paul Rusch,
Dresden, in der Dresdener Galerie; 1925 von Hugo Simon, Ber-
lin, erworben; 1939 bei Fischer, Luzern, versteigert; Galerie
des XIX. Jahrhunderts, Wien; 1953 dem Kunsthistorischen Mu-
seum übergeben.
Verschollene Zeichnung: Vordergrund mit Bach, Gestell zum
Heutrocknen, Steg, Reuse und Büschen = Kat. 469, 470; die Hütte
und die Reuse stimmen auch mit Kat. 125 überein (Hinz 1964);
die Reuse rechts = Kat. 243 (Börsch-Supan 1960).
Der Vordergrund stellt nach Wilhelm-Kästner die Mündung der
Tollense in den Tollense-See bei Neubrandenburg, nach Scheven
den Ausfluß des Oberbachs am Nordende des Sees dar. Das dem
Binnenland entnommene Motiv des Vordergrundes ist unver-
mittelt mit dem Meer konfrontiert. Der grüne Uferstreifen be-
deutet die begrenzte diesseitige Welt, im Gegensatz zum Meer
als Sinnbild der Ewigkeit. Der Fischer, der sein Arbeitsgerät
trägt, verkörpert die Bedingungen der irdischen Existenz. Sein
Blick zu dem Schiff in der Ferne drückt Todessehnsucht aus. Der
kleine Fluß, der nach kurzem Lauf in das Meer mündet, ist ein
Symbol des menschlichen Lebens (vgl. Kat. 103-106). Im gleichen
Sinn ist das Gestell zum Trocknen von Heu, das einer Hütte
gleicht, als Sinnbild der raschen Vergänglichkeit des Lebens ge-
meint. Trotz dieser Vanitassymbole ist der Charakter des Bildes
durch sein frisches, helles Kolorit heiter.
1807, vermutlich gegen Ende des Jahres entstanden, da zusam-
men mit dem Gegenstück Kat. 159 im Januar 1808 von Semler
als »vor kurzem vollendet« beschrieben (Börsch-Supan 1960).
Nach dem Morgenblatt für die gebildeten Stände sind die beiden
Gemälde die frühesten Ölbilder Friedrichs. Siehe auch S. 25.
Lit.: Semler 1808, S. 183; Morgenblatt f. d. gebild. Stände 1808,
S. 132; Runge 1841, II, S.358 (Erwähnung in Brief von Klin-
kowström an Runge vom 6.1.1808); Eberlein 1924, Tf.VI, S.
395, 396 (erstmals abgeb., »Jugendwerk«, vermutet holländi-
schen Einfluß); v. Holst 1938, S. 1, 2; Auktionskat. Fischer, Lu-
zern, 23. - 26. 8. 1939, Nr. 1666 b; Eberlein 1940, Abb. 65 (1807);
Wilhelm-Kästner 1940, S.70; de Prybram-Gladona 1942, S.76;
v. Holst 1943, S. 322;; Börsch-Supan 1960, S. 80, 81; Hinz 1964,
S. 266 Anm. 7; Börsch-Supan 1965, S. 66 (Vergleich mit dem
»Mönch am Meer«); Hinz 1966, S.77; Scheven 1966, S. 18; Su-
mowski 1970, S. 23, 75, 91, 92, 100, 152, 190, 194.
Ausstellungskat.: Dresden 1928, Nr. 96 (um 1808); Berlin 1932,
Nr. 53; Wien 1940, Nr. 20; London 1972, Nr. 29.
Sammlungskat.: 1967, S. 17.
15g Nebel
Öl auf Lwd. 34,5x52 cm.
Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. NG 97.
Provenienz und Datierung wie beim Gegenstück Kat. 158.
Ein Ruderboot bringt einige Passagiere zu einem vor Anker lie-
genden Schiff, dessen Umrisse im Nebel verschwimmen. Dieser
Vorgang ist als Todesallegorie zu deuten. Die nutzlos zwischen
den Steinen liegenden Geräte - ein Ankerstein mit gekapptem
Tau und zwei Stangen zum Auf spannen der Fischernetze - be-
deuten die Überwindung der irdischen Mühsal. Vielleicht nicht
295
nung gehandelt haben. Es ist jedoch auch denkbar, daß Schubert
Friedrich erst 1807 kennengelernt hat und dieses eines der ersten
Ölgemälde Friedrichs war. In der Beschränkung auf zwei Gegen-
stände und einen weiten Luftraum läßt sich die Komposition in
der Frühzeit eher als Ölbild denn als Sepiazeichnung vorstellen
(vgl. Kat. 232 und 267). Möglicherweise ist es identisch mit dem
Bild einer »weiten nebligen Gebirgsferne mit einem einzigen
darüber schwebenden Adler«, das in einer von Carus berichteten
Anekdote über Carl August Böttiger vorkommt.
Schubert knüpft an seine Beschreibung eine Bemerkung Fried-
richs zu der Darstellung an. Der Maler habe, nachdem man über
die unglückliche politische Situation nach dem Sieg Napoleons
gesprochen hatte, auf den Adler gewiesen und gesagt: »Er wird
sich schon herausarbeiten, der deutsche Geist aus dem Sturme
und den Wolken . . .« Als politische Allegorie müßte der Adler
wohl speziell auf Preußen bezogen werden. Der nach oben blik-
kende Kopf würde der Devise »non soli cedit« entsprechen, je-
doch wäre ein solches Bekenntnis Friedrichs zu Preußen über-
raschend. Zudem stände das Bild als patriotische Aussage in der
Zeit um 1806/07 isoliert im GEuvre des Malers. Als solche ließe
es sich besser um 1812/14 einordnen. Es ist jedoch durchaus denk-
bar, daß Friedrich, ähnlich wie bei dem Besuch von Cornelius in
seinem Atelier 1820, als er die »Zwei Männer in Betrachtung des
Mondes« (Kat. 261) zeigte, einer religiösen Allegorie eine patrio-
tische Bedeutung - hier allerdings scherzhaft - unterschob. Wenn
Friedrich eine religiöse Aussage mit dem Bild beabsichtigt haben
sollte, so kann er wohl nur eine Auferstehung oder eine Himmel-
fahrt Christi gemeint haben. Sonst begegnet der Adler als Bild-
gegenstand bei Friedrich nicht.
Ein Reflex dieses Bildes ist vermutlich in einem ehemals im Mu-
seum von Breslau befindlichen Gemälde Christian Johann Gott-
lieb Gieses von 1818 (Deusch 1937, Abb. 24) und wohl auch in
einem Bild von Carus »Phantasie aus der Alpenwelt« von 1822,
ehern. Galerie Caspari, München, (Prause 1968, Nr. 132 mit Abb.)
zu erkennen. Schubert verweist in einer Anmerkung auf die Ver-
wandtschaft mit Kat. 267. Siehe auch S. 28, 38.
Lit.: Schubert 1855, S. 185, 186; Carus 1865 I, S. 210; Aubert
1915, S. 6 (1806); Wolfradt 1924, S. 202 Anm. 15 (1816); Eber-
lein 1924, S.222 (Abdruck der Beschreibung Schuberts); Deusch
1937, zu Tf. 24 (1816); Nemitz 1938, S. 20; Eberlein 1940, S. 24;
Wilhelm-Kästner 1940, S. 62, 63 zu Abb. 21 (»Seeadler, wie sie
zu Friedrichs Zeiten noch häufiger als heute in Vorpommern und
auf Rügen vorkamen«); Moninger 1944, S. 82; Hinz 1966, S. 104
(1816); Sumowski 1970, S. 190 Kat. 60 (1806).
158 Meeresstrand mit Fischer (Der Fischer)
Öl auf Lwd. 34,5 x 51 cm.
Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. NG 98.
Bis nach 1918 Besitz der Grafen von Medern in Elley, Kurland;
vermutlich um 1808 vom Künstler erworben; nach 1918 ver-
kauft (v. Holst 1938); 1922-1924 als Leihgabe von Paul Rusch,
Dresden, in der Dresdener Galerie; 1925 von Hugo Simon, Ber-
lin, erworben; 1939 bei Fischer, Luzern, versteigert; Galerie
des XIX. Jahrhunderts, Wien; 1953 dem Kunsthistorischen Mu-
seum übergeben.
Verschollene Zeichnung: Vordergrund mit Bach, Gestell zum
Heutrocknen, Steg, Reuse und Büschen = Kat. 469, 470; die Hütte
und die Reuse stimmen auch mit Kat. 125 überein (Hinz 1964);
die Reuse rechts = Kat. 243 (Börsch-Supan 1960).
Der Vordergrund stellt nach Wilhelm-Kästner die Mündung der
Tollense in den Tollense-See bei Neubrandenburg, nach Scheven
den Ausfluß des Oberbachs am Nordende des Sees dar. Das dem
Binnenland entnommene Motiv des Vordergrundes ist unver-
mittelt mit dem Meer konfrontiert. Der grüne Uferstreifen be-
deutet die begrenzte diesseitige Welt, im Gegensatz zum Meer
als Sinnbild der Ewigkeit. Der Fischer, der sein Arbeitsgerät
trägt, verkörpert die Bedingungen der irdischen Existenz. Sein
Blick zu dem Schiff in der Ferne drückt Todessehnsucht aus. Der
kleine Fluß, der nach kurzem Lauf in das Meer mündet, ist ein
Symbol des menschlichen Lebens (vgl. Kat. 103-106). Im gleichen
Sinn ist das Gestell zum Trocknen von Heu, das einer Hütte
gleicht, als Sinnbild der raschen Vergänglichkeit des Lebens ge-
meint. Trotz dieser Vanitassymbole ist der Charakter des Bildes
durch sein frisches, helles Kolorit heiter.
1807, vermutlich gegen Ende des Jahres entstanden, da zusam-
men mit dem Gegenstück Kat. 159 im Januar 1808 von Semler
als »vor kurzem vollendet« beschrieben (Börsch-Supan 1960).
Nach dem Morgenblatt für die gebildeten Stände sind die beiden
Gemälde die frühesten Ölbilder Friedrichs. Siehe auch S. 25.
Lit.: Semler 1808, S. 183; Morgenblatt f. d. gebild. Stände 1808,
S. 132; Runge 1841, II, S.358 (Erwähnung in Brief von Klin-
kowström an Runge vom 6.1.1808); Eberlein 1924, Tf.VI, S.
395, 396 (erstmals abgeb., »Jugendwerk«, vermutet holländi-
schen Einfluß); v. Holst 1938, S. 1, 2; Auktionskat. Fischer, Lu-
zern, 23. - 26. 8. 1939, Nr. 1666 b; Eberlein 1940, Abb. 65 (1807);
Wilhelm-Kästner 1940, S.70; de Prybram-Gladona 1942, S.76;
v. Holst 1943, S. 322;; Börsch-Supan 1960, S. 80, 81; Hinz 1964,
S. 266 Anm. 7; Börsch-Supan 1965, S. 66 (Vergleich mit dem
»Mönch am Meer«); Hinz 1966, S.77; Scheven 1966, S. 18; Su-
mowski 1970, S. 23, 75, 91, 92, 100, 152, 190, 194.
Ausstellungskat.: Dresden 1928, Nr. 96 (um 1808); Berlin 1932,
Nr. 53; Wien 1940, Nr. 20; London 1972, Nr. 29.
Sammlungskat.: 1967, S. 17.
15g Nebel
Öl auf Lwd. 34,5x52 cm.
Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. NG 97.
Provenienz und Datierung wie beim Gegenstück Kat. 158.
Ein Ruderboot bringt einige Passagiere zu einem vor Anker lie-
genden Schiff, dessen Umrisse im Nebel verschwimmen. Dieser
Vorgang ist als Todesallegorie zu deuten. Die nutzlos zwischen
den Steinen liegenden Geräte - ein Ankerstein mit gekapptem
Tau und zwei Stangen zum Auf spannen der Fischernetze - be-
deuten die Überwindung der irdischen Mühsal. Vielleicht nicht
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