Emma Körner handeln. Mehr Wahrscheinlichkeit besitzt die
Hypothese, daß das Bild für die Dresdener Malerin Therese aus
dem Winckel gemalt ist, die Beziehungen zu Luise Seidler unter-
hielt. Sie war außerdem mit dem Herzog August von Sachsen-
Altenburg befreundet und führte mit ihm einen Briefwechsel, in
dem auch Friedrich erwähnt ist (Metzsch-Schilbach 1893). Auf
diese Weise wäre die Herkunft der Kopie im Besitz des Herzogs
erklärt, die möglicherweise von der Hand der Therese aus dem
Winckel stammt. Sie genoß einen Ruf als Malerin besonders we-
gen ihrer Kopien nach alten und zeitgenössischen Meistern. Die
Kölner Kopie zeigt die gleiche Handschrift wie die Obbacher.
Bis zum Auftauchen des vierten Exemplares galten das Kölner
und das Obbacher als gleichwertige Originale. Das Hamburger
blieb undiskutiert und erscheint nur einmal in einem Ausstel-
lungskatalog (Wiesbaden 1936, Nr. 228). Das vierte Exemplar
ist den anderen in der Qualität überlegen und entspricht in der
Malweise, besonders der strichelnden Pinselführung und der tup-
fenden Manier im Himmel, völlig dem Stil um 1815. Daß es sich
bei den anderen Exemplaren nicht etwa um eigenhändige spä-
tere Wiederholungen, sondern um Kopien handelt, wird durch
die mißverstehende Umdeutung der Stangen in Seile erwiesen.
Möglicherweise war bei dem Original durch einen zu breiten
Falz des Rahmens zu viel von der Malfläche abgedeckt, so daß
die Endigungen der Stangen, die auch auf der Federskizze zu
erkennen sind, nicht mehr zu sehen waren. Eine derartige Stange
ist in Kat. 220 dargestellt. Sie dient zum Abstoßen des Bootes
vom Land. Wenn bereits 1830 in einer unter dem Pseudonym
»Archibald« in Schorns Kunstblatt (S. 154, 155) erschienenen
Beschreibung des Bildes von »straff gespannten Seilen« die Rede
ist, so zeigt dies, daß der Verfasser eine Kopie vor Augen hatte
oder das Original ebenso wie der Kopist mißverstanden hat. Das
Bild galt ihm als Beispiel für eine landschaftliche Allegorie.
Das Kreuz auf dem Felsen und der Anker symbolisieren die
christliche Religion mit ihren Tugenden Glaube und Hoffnung.
Es ist, nach Friedrichs Worten, der Trost für die heimkehrenden,
d. h. dem Tod entgegen gehenden, Seelen. Die beiseite gelegten
Stangen und Ruder deuten auf das Ende des tätigen Lebens.
Reetz (1937, S. 749-751) versteht bei der Kölner Kopie die herz-
förmigen Ankerschaufeln als Hinweis auf die Liebe und erkennt
somit in dem Bild eine Allegorie der christlichen Kardinal-
tugenden.
Der Mond als das Sinnbild für Christus weist den Schiffen, die
in unruhiger See treiben, den Weg zum Ufer.
Die von G. Moninger vermutete Anregung des Bildes durch das
Trauerspiel von Zacharias Werner »Das Kreuz an der Ostsee«
ist von Andree (Kat. Köln 1964, S. 43) un(^ Sumowski (1970, S.
179, 180) mit Recht bestritten worden. Er hat nachgewiesen, daß
eine 1860 mit der Slg. Quandt versteigerte Sepia (Kat. 151) »Das
Kreuz an der Ostsee nach Zacharias Werner« ein Kreuz unter
Bäumen darstellte. Der Gedanke des Bildes ist aus früheren Wer-
ken wie Kat. 20, 145 und 167 entwickelt. Der Vermutung Su-
mowskis, das im Brief skizzierte Bild gebe eine verschollene Ur-
fassung wieder, da die Stützbalken des Kreuzes und die beiden
Schiffe fehlen, widerspricht der Umstand, daß die Schiffe zur
Bildidee gehören. Die Skizze ist nur als eine abgekürzte Andeu-
tung der Komposition zu verstehen. Siehe auch S. 32.
Lit.: Archibald 1830, S. 154, 155; Börsch-Supan 1973, S. 9, 25-28
(Deutung, färb. Abb.).
216 Schiff auf hoher See mit vollen Segeln
Öl auf Lwd. 45x32 cm.
Hamburg, Privatbesitz.
Greifswald, Karl Schildener; am 30.9. 1845 mit der Slg. Schil-
dener in Leipzig versteigert; vermutlich von Dr. Hillig, Leipzig,
erworben; am 8. 10. 1860 auf einer Leipziger Versteigerung zu-
rückgegangen; nochmals am 26.5.1862 mit der Slg. Dr. Hillig
versteigert (Trautscholdt); 1920 als Leihgabe der Sammlung
Lahmann in der Dresdener Galerie erwähnt; 1936 über Dr. H.
Gurlitt, Hamburg, erworben.
Der dünne Farbauftrag und das hauptsächlich auf Braun- und
Grautöne beschränkte Kolorit sprechen für eine Datierung um
1815, ebenso das Schiffsmotiv. Von den kleinformatigen Schiffs-
bildern dieser Zeit unterscheidet sich dieses durch die das Bild
beherrschende stattliche Erscheinung des Schiffes. Als hochfor-
matige Schiffsdarstellung steht die Komposition überhaupt ver-
einzelt im Werk Friedrichs und ist allenfalls mit Kat. 393 zu
vergleichen. Die Deutung ist schwierig. Eine interpretierende
Beschreibung Wegeners als Sinnbild des Lebens ist wohl zu all-
gemein. Die Flagge am Heck und am Hauptmast, ein weißes
Kreuz auf rotem Grund, dürfte weniger die dänische Nationali-
tät des Schiffes bezeichnen (vgl. Kat. 220), als auf eine religiöse
Bedeutung hinweisen. Möglicherweise sind das Schiff als Sinn-
bild der christlichen Religion und seine drei Masten als Anspie-
lung auf die Trinität zu verstehen. Es ist zu erwägen, ob die dem
Schiff zugrunde liegende (verschollene) Studie die gleiche ist, die
Friedrich für den Zweimaster in Kat. 239 links benutzt hat, und
ob aus Gründen der symbolischen Aussage ein dritter Mast und
der Anker hinzugefügt sind. Für die Interpretation des Schiffes
als Sinnbild der Religion würde auch eine Vergleichbarkeit sei-
ner Erscheinungsweise mit den Kathedralbildern der gleichen
Zeit (Kat. 202, 231) sprechen. Eine vergrößerte Wiederholung
mit Abweichungen befindet sich in Chemnitz (Kat. 217). Siehe
auch S. 32.
215
Farbtafel 13,S ■ 65
Hypothese, daß das Bild für die Dresdener Malerin Therese aus
dem Winckel gemalt ist, die Beziehungen zu Luise Seidler unter-
hielt. Sie war außerdem mit dem Herzog August von Sachsen-
Altenburg befreundet und führte mit ihm einen Briefwechsel, in
dem auch Friedrich erwähnt ist (Metzsch-Schilbach 1893). Auf
diese Weise wäre die Herkunft der Kopie im Besitz des Herzogs
erklärt, die möglicherweise von der Hand der Therese aus dem
Winckel stammt. Sie genoß einen Ruf als Malerin besonders we-
gen ihrer Kopien nach alten und zeitgenössischen Meistern. Die
Kölner Kopie zeigt die gleiche Handschrift wie die Obbacher.
Bis zum Auftauchen des vierten Exemplares galten das Kölner
und das Obbacher als gleichwertige Originale. Das Hamburger
blieb undiskutiert und erscheint nur einmal in einem Ausstel-
lungskatalog (Wiesbaden 1936, Nr. 228). Das vierte Exemplar
ist den anderen in der Qualität überlegen und entspricht in der
Malweise, besonders der strichelnden Pinselführung und der tup-
fenden Manier im Himmel, völlig dem Stil um 1815. Daß es sich
bei den anderen Exemplaren nicht etwa um eigenhändige spä-
tere Wiederholungen, sondern um Kopien handelt, wird durch
die mißverstehende Umdeutung der Stangen in Seile erwiesen.
Möglicherweise war bei dem Original durch einen zu breiten
Falz des Rahmens zu viel von der Malfläche abgedeckt, so daß
die Endigungen der Stangen, die auch auf der Federskizze zu
erkennen sind, nicht mehr zu sehen waren. Eine derartige Stange
ist in Kat. 220 dargestellt. Sie dient zum Abstoßen des Bootes
vom Land. Wenn bereits 1830 in einer unter dem Pseudonym
»Archibald« in Schorns Kunstblatt (S. 154, 155) erschienenen
Beschreibung des Bildes von »straff gespannten Seilen« die Rede
ist, so zeigt dies, daß der Verfasser eine Kopie vor Augen hatte
oder das Original ebenso wie der Kopist mißverstanden hat. Das
Bild galt ihm als Beispiel für eine landschaftliche Allegorie.
Das Kreuz auf dem Felsen und der Anker symbolisieren die
christliche Religion mit ihren Tugenden Glaube und Hoffnung.
Es ist, nach Friedrichs Worten, der Trost für die heimkehrenden,
d. h. dem Tod entgegen gehenden, Seelen. Die beiseite gelegten
Stangen und Ruder deuten auf das Ende des tätigen Lebens.
Reetz (1937, S. 749-751) versteht bei der Kölner Kopie die herz-
förmigen Ankerschaufeln als Hinweis auf die Liebe und erkennt
somit in dem Bild eine Allegorie der christlichen Kardinal-
tugenden.
Der Mond als das Sinnbild für Christus weist den Schiffen, die
in unruhiger See treiben, den Weg zum Ufer.
Die von G. Moninger vermutete Anregung des Bildes durch das
Trauerspiel von Zacharias Werner »Das Kreuz an der Ostsee«
ist von Andree (Kat. Köln 1964, S. 43) un(^ Sumowski (1970, S.
179, 180) mit Recht bestritten worden. Er hat nachgewiesen, daß
eine 1860 mit der Slg. Quandt versteigerte Sepia (Kat. 151) »Das
Kreuz an der Ostsee nach Zacharias Werner« ein Kreuz unter
Bäumen darstellte. Der Gedanke des Bildes ist aus früheren Wer-
ken wie Kat. 20, 145 und 167 entwickelt. Der Vermutung Su-
mowskis, das im Brief skizzierte Bild gebe eine verschollene Ur-
fassung wieder, da die Stützbalken des Kreuzes und die beiden
Schiffe fehlen, widerspricht der Umstand, daß die Schiffe zur
Bildidee gehören. Die Skizze ist nur als eine abgekürzte Andeu-
tung der Komposition zu verstehen. Siehe auch S. 32.
Lit.: Archibald 1830, S. 154, 155; Börsch-Supan 1973, S. 9, 25-28
(Deutung, färb. Abb.).
216 Schiff auf hoher See mit vollen Segeln
Öl auf Lwd. 45x32 cm.
Hamburg, Privatbesitz.
Greifswald, Karl Schildener; am 30.9. 1845 mit der Slg. Schil-
dener in Leipzig versteigert; vermutlich von Dr. Hillig, Leipzig,
erworben; am 8. 10. 1860 auf einer Leipziger Versteigerung zu-
rückgegangen; nochmals am 26.5.1862 mit der Slg. Dr. Hillig
versteigert (Trautscholdt); 1920 als Leihgabe der Sammlung
Lahmann in der Dresdener Galerie erwähnt; 1936 über Dr. H.
Gurlitt, Hamburg, erworben.
Der dünne Farbauftrag und das hauptsächlich auf Braun- und
Grautöne beschränkte Kolorit sprechen für eine Datierung um
1815, ebenso das Schiffsmotiv. Von den kleinformatigen Schiffs-
bildern dieser Zeit unterscheidet sich dieses durch die das Bild
beherrschende stattliche Erscheinung des Schiffes. Als hochfor-
matige Schiffsdarstellung steht die Komposition überhaupt ver-
einzelt im Werk Friedrichs und ist allenfalls mit Kat. 393 zu
vergleichen. Die Deutung ist schwierig. Eine interpretierende
Beschreibung Wegeners als Sinnbild des Lebens ist wohl zu all-
gemein. Die Flagge am Heck und am Hauptmast, ein weißes
Kreuz auf rotem Grund, dürfte weniger die dänische Nationali-
tät des Schiffes bezeichnen (vgl. Kat. 220), als auf eine religiöse
Bedeutung hinweisen. Möglicherweise sind das Schiff als Sinn-
bild der christlichen Religion und seine drei Masten als Anspie-
lung auf die Trinität zu verstehen. Es ist zu erwägen, ob die dem
Schiff zugrunde liegende (verschollene) Studie die gleiche ist, die
Friedrich für den Zweimaster in Kat. 239 links benutzt hat, und
ob aus Gründen der symbolischen Aussage ein dritter Mast und
der Anker hinzugefügt sind. Für die Interpretation des Schiffes
als Sinnbild der Religion würde auch eine Vergleichbarkeit sei-
ner Erscheinungsweise mit den Kathedralbildern der gleichen
Zeit (Kat. 202, 231) sprechen. Eine vergrößerte Wiederholung
mit Abweichungen befindet sich in Chemnitz (Kat. 217). Siehe
auch S. 32.
215
Farbtafel 13,S ■ 65