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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0175

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Fünftes Kapitel. Altarvelen in den Riten des Ostens

159

Das Fastenvelum zu Tarragona, Sevilla und Toledo besteht aus weißer
Leinwand und ist völlig schmucklos. In Sizilien sind die Fastenvelen auch wohl
von violetter Farbe. Als Verzierung zeigen sie bald ein einfaches Kreuz, bald eine
figürliche Darstellung, wie Moses mit der ehernen Schlange, Christas am Kreuze
mit Maria und Johannes, die Schmerzensmutter mit dem Leichnam des Heilandes,
die Abnahme vom Kreuze u. ä.

FÜNFTES KAPITEL

ALTARVELEN IN DEN RITEN DES OSTENS

Im Osten begegnen uns schon früh vor dem Altar oder um ihn ange-
brachte Vorhänge [y.azanetäa/j.aTa, TiagaTiszäafiard, äfupt&vga), die bei der Feier
der Liturgie bald geöffnet, bald geschlossen wurden. Von solchen Velen redet
bereits zu Ende des 4. Jahrhunderts der hl. Johannes Chrysostomus in der
36. Homilie zum 1. Korintherbriefe1 und in der 3. Homilie zum Ephesierbrief3
sowie der hl. Gregor von Nazianz in seiner Lobrede auf den hl. Basilius3.

Mit Unrecht hat man dagegen in des bi. Gregor von Nazianz Carmen ad
Hellenium und in des hl. Johannes Chrysostomus Homilie Adversus ebriosos
eine Erwähnung der Altarvelen zu finden geglaubt. Denn wenn Gregor in dem
genannten Gedient den hi. Basilius als andern Aaron hinstellt, der innerhalb des für
aller Fülle unzugänglichen Zeltes stehend und Gott, der im Himmel herrsche, vor
seinen Augen schauend im Gebet die Sterblichen mit dem Unsterblichen verbinde',
so spricht er offensichtlich nur im Bilde, und zwar in Anlehnung an Lev. 16, 2 f. und
Hebr. 9, 4 f. Unter dem für aller andern Füße unzugänglichen Gezelt versteht er das

bung in Revue VII [1864] 650; Abb. eines der-
selben bei Fr. Bock, Geschichte der liturg.
Gewänder III Tfl. XVIII), dienten nicht als
sog. Hungertuch, sondern zur Verhüllung eines
größeren Kreuzes oder eines Altarretabels.
Eines trug das Datum 1507, das andere war
etwas älter. Letzteres maß 1,73 m in die Höhe
und 1,25 m in die Breite. Beide waren aus
weißer Leinwand gemacht und in roter Seide
bestickt.

'K. 5 (Mg. 61, 313): U$v IBüv x&^ga-
zeräofniTa ärams)j.öitera xat töv yogav xiöv
äyye/.är nQoßaivovxa, ngo; avzöv ärdßaive lör

"' N. 5 (Mg. 62,29): "Ozav i% toelxötwa i&
it'itpi&viia, toie räfiiaov üiaoTti.ho&at 7&»
OVQavöy ävoröv xai xtxdifaai TO&g AyyeXovS-
Man übersetz! ävooilXlstv und foateüv in
diesen Stellen gewöhnlich mit „ausbreiten, vor-
ziehen, schließen". Allein sie sind nicht von
einem Schließen, sondern von einem öffnen der
\elen durch Aufziehen und Aufheben derselben
zu verstehen. Sie behufs Offnen auf den Boden
herabzulassen, wie es mit dem Vorhang im
römischen Theater geschah — nicht im grie-
chischen, das einen solchen nicht kannte —,
wäre durchaus untunlich gewesen. Erstens
waren dafür die Altarvclen meist allzu kostbar,
und zweitens hätte ja in diesem Falle der
Priester beim Hintritt zum Altar über den am
Boden aufgehäuften oder aufgerollten Vorhang
schreiten müssen. Wir hören aber auch sonst
niemals etwas davon, daO man die Altarvelen

durch Aufziehen geschlossen, durch Herab-
lassen geöffnet hätte. Wo immer wir auf den
altchrisüichen Monumenten an Türen Vor-
hängen begegnen — und das geschieht sehr
oft —, sind sie vielmehr stets entweder an
einer oder an beiden Seiten derselben ange-
bracht, also zum öffnen durch Aufheben oder
durch Zurückziehen eingerichtet, wie das auch
das natürlichste und einfachste war. Zu über-
setzen ist demnach an der ersten Stelle:
„Noch ehe du die Vorhänge aufgehoben, d. i.
geöffnet siehst", an der zweiten: „Wenn du
die Vorhänge aufgehoben, d. i. geöffnet
schaust", was allein auch zu dem folgenden
r.at zäe yfiQÖv x- t- ). und tote vofitoov x- i. X.
paßt. Man hat auf Grund der irrigen Auffassung
des avaart/luv und ävaigstv geschlossen, zur
Zeit des hl. Johannes Chrysostomus sei der
Vorhang nach Entlassung der Katochumenen bei
Beginn der eigentlichen Liturgie vorgezogen
und der Altar verhüllt worden. Indessen ist
dem Gesagten zufolge das gerade Gegenteil
richtig. Der Vorhang wurde vielmehr, wenn
sich die Katechumenen entfernt hatten, durch
Aufheben geöffnet, damit die Gläubigen die
heilige Handlung am Altar sieh vollziehen

* Orat. 43, c. 53 (Mg. 36, 564): Moa> xod
xaguxizäofiuzoz iavtöv cnoirjoatQ (sc. 6
ßäoiXsv;).

' V. 299 s. (Mg. 37, H73): Ohiy ioa> cx^s
Tzänmv äßdzoto ziüdeooi — Aevtsgos t§ 'Aagiiv
icrüusi-o; yr/äXoV'
 
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