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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0665

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SIEBENTER ABSCHNITT

DIE ALTARSCHRANKEN

ERSTES KAPITEL

NAMEN, ALTER, VERBREITUNG UND ZWECK DER
ALTARSCHRANKEN

Unter Altarschranken versteht man Schranken, durch welche der Altar ein-
gefriedigt und der ihm zugewiesene, für die Feier des hl. Opfers bestimmte Raum
von dem übrigen Innern der Kirche geschieden wird. Sie kamen und kommen sowohl
heim Hochaltar wie bei den Seitenaltären zur Anwendung. Als Altarschranken
können auch gelten die Chorschranken, Schranken, welche den vor dem Aitarraum
befindlichen, zur Abhaltung des Chorgehetes dienenden Teil der Kloster-, Stifls-
und Kathedralkirchen, den sog. Chor, von dem Schiff und den Laien scheiden.
Denn wenn sie auch zunächst nicht als Abschluß des Altarraumes gedacht sind,
so trennen sie doch auch diesen vom Laienraum, machen deshalb besondere Altar-
schranken unnötig, bilden einen Ersatz derselben. Ähnlich verhält es sich mit den
im späteren Mittelalter in Gebrauch kommenden Schranken und Gittern der den
Kirchen angefügten, nach dem Innern derselben sich öffnenden Kapeilen. Auch sie
waren zwar meist in erster Linie als Verschluß der Kapelle und Nische angebracht,
jedoch waren sie zugleich eine Einfriedigung für den Altar. Beim Hochaltar fehlen
heute fast nie Schranken. Sie dienen bei ihm auch als Kommunionbank zur Aus-
teilung des hhl. Sakramentes an die Laien. Die Nebenaltäre werden nach gegen-
wärtigem Brauch seltener, als es wünschenswert ist, mit Schranken ausgestattet.

I. NAMEN DER ALTARSCHRANKEN

Im Westen bezeichnete man die Altarschranken von alters her fast ausschließ-
lich mit dem Namen cancclli. Von der Ableitimg des Wortes sagt Walafried
Strabo: Cancelli videntur dici, quia minoribus columnis flunt. Cancri enim
vocantur majores columnae et maxime quadrae, eine Erklärung, die er des Sextus
Pompejus Schrift De verborum significatione entlehnt hat1. Ganz im Geist der im
Mittelalter so beliebten, rein äußerlichen und willkürlichen Etymologie ist es da-
gegen, wenn er weiterhin bemerkt: Vel cancelli dieuntur a cubitu, qui graecc
;,ancos" dicitur. Solent enim plurimi non allius conslrui quam ut stantes desuper
inniti cubitis possint.

Von den Schranken, welche den Hochaltar von dem Schiff der Kirche schie-
den, ging die Bezeichnung cancellus auf den Raum über, in dem derselbe
stand, das Presbyterium. Beispiele, in denen cancellus diese Bedeutung
"at, kommen bei den Schriftstellern der zweiten Hälfte des Hittelalters häufig vor.
Cancellus humilior reliquo corpore ecelesiae mysticat, quanta humiülas debeat esse
in clero, sagt Hugo von St. Viktor5. Cancellum nostrum honorifice pinxit lesen wir

' De rebus eccl. c. 6 (M. 114, 926); vgl. dazu friedigutig) entstanden. Vgl. A. Walde, Latci-

nos Paulus Diakomis Spitome ans Festus (cd. nisches etymologisches Wörterbuch (Heidel-

Lindsay [Leipzig 1903] p. 40). Cancer ist wohl berg 1910) 121.
durch Dissimilation aus carcer (Schranke, Diu- ' Speculum de myst. eccl. c. 1 (11. 177, 337).
 
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