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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0676

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660 Siebenter Abschnitt. Die Altar schranken

oben mit einem Buckelfries, am Profil mit einem Perlstab belebt; als Füllung der
Felder dienen zierliche Sechspässe. Im ausgehenden Mittelalter und in nachmittel-
allerlicher Zeit verfertigte man oft aus Bronze oder dem ihr verwandten Messing
die Säuichen, mit denen man anstatt mit Platten den Raum zwischen den Pfosten
der Schranken füllte. Ein hervorragend schönes Beispiel aus dem späten 15. Jahr-
hundert ist das noch heute an seinem Platz befindliche Presbyteriumgiüer in
St. Bavo zu Haarlem. Sein Gerüst (Sockel, Pfosten, Gebälk) besteht aus Eichenholz;
die zwischen den Pfosten eingefügte Folge zierlichster Säulchen mit ihren Bogen
und dem über ihnen sich verzweigenden, an Spitzen erinnernden Ornament aus
Bronze. Aus der Zeit der Renaissance und des Barocks gibt es manche Altar-
schranken, die von Säulchen oder Docken aus Bronze bzw. Messing gebildet
werden. Aus massivem Silber dürften die Altarschranken nur ausnahmsweise
angefertigt worden sein*. Eher mag man sie mit Silber bekleidet haben, wie es
mit den Schranken geschah, die Kaiser Jusfinian vor dem Altar der Hagia Sophia
anbringen ließ7, oder sie mit silbernen Ornamenten geschmückt haben9, doch wird
nicht einmal das häufig vorgekommen sein.

Schmiedeeiserne Altarschranken mögen vor dem ausgehenden Mittel-
alter nur in geringer Zahl entstanden sein, dann aber ändert sich die Sache infolge
der staunenswerten technischen Vervollkommnung des Kunstschmiedehandwerkes,
für das es nun geradezu keine Schwierigkeiten mehr zu geben scheint. Besonders
beliebt wurden schmiedeeiserne Schranken als Abschluß von Altarnischen und
Kapellen. Die glänzendsten Beispiele schmiedeeiserner Altarschranken aus dem
15. und 16. Jahrhundert bergen die Kathedralen <zu Toledo, Sevilla, Burgos und
andere spanische Kathedralen; an hervorragenden, technisch und künstlerisch gleich
vollendeten Beispielen aus der Zeit des späten Barocks sind namentlich Süddeutsch-
land, Österreich und die Schweiz reich.

2. Die Form der Altarschranken. Die Altarschranken, welche die
Vergangenheit schuf, zeigen nach ihrer formalen Ausbildung eine große Mannig-
faltigkeit. Sehen wir indessen von den Eigentümlichkeiten ab, welche auf Rechnung
des Stiles und anderer zufälliger Umstände kommen, so lassen sich fünf Haupt-
typen der Altarschranken unterscheiden.

Die Schranken des ersten Typus haben die Form einer niedrigen, meist
nur 0,80—1,00 m, bestenfalls aber 1,10—1,20 m hohen, mit einer oder mehreren
Türen versehenen, durchbrochenen oder undurchbrochenen Einfriedigung. Er ist
der Ausgangspunkt für alle anderen Typen. Im Westen war er zu aller Zeit,
in altchristlicher, mittelalterlicher und nachmittelalterlicher, der Haupttypus und
ist es dort auch noch jetzt. Im Osten ist der Typus, wenigstens heute, fast
außer Gebrauch, er war aber in älterer Zeit daselbst zweifellos verbreiteter. Beispiele
finden sich noch in der Kirche zu Kassach und Artsathi, zwei Kirchen des armeni-
schen Ritus. Die Altarschranken zu Kassach bestehen aus Stein, die zu Artsalhi
aus Holz. In beiden Fällen liegt der Eingang in der Mitte1. Mit Schranken hat
man in diesen beiden Fällen den Aätarraum anscheinend abgeschlossen, weil er
nicht hoch genug über dem Fußboden der Kirche lag.

Was die Bildung dieser Schranken anlangt, so setzte man sie in altchrist-
licher Zeit und ebenso noch in der ersten Hälfte des Mittelalters, nach den noch
vorhandenen Überresten zu urteilen, mit Vorzug aus Pfosten und großen, auf
die Kante gestellten Platten (plutei) zusammen, von denen jene das Gerüst.

< Vita Sixti III., n. 65 (Duch. I, 233): Can- ' Pauli SilenL Descriptio s. Sophiae r. 688 r-

cellos argenteos pens. L 300; Vita Leonis III-, (Mg. 86, 2145). .

n. 393 (1. c. II, 15): Fecit (in St. Peter) can- « Vgl. z. B. Cypriani Vila s. Cacsarii AreJ.

celios tusiles m ingressu presbyterii seu in 1. 1, n. 23 (M. 67, 1012). Cbron. Cas. 1. 3. c' *

capite deitra laevaque neenon et in ingressu (M. G. VII, 722). ,

veslibuli ex argento mundissimo p. 1. 1573. ' Abb. bei J. Strzvgowski, Die Baukunsl ac:

Armenier I (Wien 1913) 151 152.
 
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