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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 1
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Bellinghausen, Hans: Die Ortsbefestigung von Rhens am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0037
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tat herunterkommende Bach fließt unter ihm
hindurch in den Ort hinein, während die aus
demselben Tal kommende Straße durch das
Viehtor, auch Oberport genannt, Einlaß erhält.
Dann ersteigt die Mauer langsam den Berges-
hang und verläuft ihm parallel. Auch auf
dieser Strecke ist sie mit mehreren Letzen besetzt
und durch einen mächtigen Hälbtnrm — vielleicht
ist es der in einer Urkunde des Landgrafen
Philipp H. im Jahre 1575 angeführte „Stem-
perßthurm" — geschützt.
Die nördliche Landseitenmauer ist heut-
zutage am wenigsten erhalten. Sie beginnt
am Berggehünge mit einem kleineren, zum
größten Teil abgetragenen Rundtnrm, dem
Eulenturm, und wird weiterhin durch die mitten
durch den Ort führende Landstraße nach Kob-
lenz unterbrochen. Von dem ehemals über dieser Abb. 18. Rhens, Blick durch das Kirchtor auf das alte Rathaus.
Straße sich erhebenden Tor ist nichts mehr er-
halten, dagegen steht auf der Strecke zum Rhein hin noch ein hoher Halbturm. Es ist anzunehmen, daß an der
Stelle, wo die Mauer an den Rhein stieß, sich — ebenso wie auch an den anderen drei Ortsecken — ein Rundturm
befunden hat, wenngleich uns keinerlei Kunde von ihm überkommen ist.
Die dem Rhein parallel laufende Ostmaner war nicht so dick und stark angelegt, da ein feindlicher Angriff
von der Wasserseite her wohl weniger zu befürchten war. Ihre Reste sind streckenweise noch sichtbar. Sie besitzt zwei
Ausgänge: das Josefstor, das mit einem Wohnhaus überbaut ist, und das größere Rheintor mit seinem hohen dick-
wandigen Zollhaustnrm, der die Jahreszahl 1400 trägt.
Dreiundzwanzig Jahre, von 1390—1413, ist an dieser Ringmauer gebaut worden. Vor ihr lag der Stadtgraben, der
sich rings um den Ort herumzog und dessen Bodenfläche und Gehänge zur landwirtschaftlichen Bearbeitung an Rhenser
Familien erblich überlassen waren.
Im Schmucke seiner Mauer muß das Städtchen einen recht kriegerischen Eindruck gemacht haben, und doch hat
ihm diese Befestigung nicht viel genützt. Wohl wird sie in unsicheren Zeiten Schutz gegen umherschweifendes Raub-
gesindel geboten haben, aber beim Herannahen regelrechter Truppenmassen hat Rhens niemals einen ernsthaften
Widerstand gewagt, sondern sich meist dem Feinde gleich ergeben.
Rhens war im 14. bis 16. Jahrhundert ein recht wohlhabender Ort. Viele ansehnliche Bürger- und Adelshäuser
verliehen dem Städtchen ein schmuckes Aussehen, und besonders die Rheinfront mit der alten Burg und den Mauer-
türmen gewährte einen recht imposanten Anblick. Ein zweites Burghans, mit dem im Jahre 1351 der Ritter Bayer
von Boppard belehnt wurde, der sogenannte Bayerhos, — nachmals als kölnisches Lehen im Besitz derer von Kessel-
stadt —, stand auf der Stätte des heutigen Marktplatzes, der erst durch seine Niederlegung entstanden ist und den Namen
„Am Bayergarten" führt. Auch an Herbergen und Wirtshäusern mangelte es nicht, und besonders zur Zeit der großen
Festlichkeiten am Königsstuhl, wenn die Reichsfürsten mit edlem Gefolge und ihren Reisigen in Rhens weilten,
herrschte hier ein reges buntes Leben und Treiben. Auch der Name manchen Ritters „von Rhense", die z. T. Burg-
männer auf der kurtrierischen Burg Stolzenfels waren, ist der Überlieferung erhalten geblieben.
Im 15. Jahrhundert gab es in und bei Rhens 19 Freigüter. Die hauptsächlichsten waren: der Bayerhof, der
Karmeliter- oder Römerhof, der Altenbergerhof, der Zehnthof des ürsulastiftes zu Köln, der Arkenhof, der im
16. Jahrhundert denen von Reifenberg gehörte, ferner der Waldbodt-Bassenheimer Hof, der Alburter Hof, der 1629
ein Wiedsches Lehen war, sowie der Fron- oder Oberhof am Rhein oberhalb des Ortes, der älteste Kölnische Besitz,
der später in 65 Frongülten zersplittert wurde, und andere mehr.
Die bereits obenerwähnten Verpfändungen des Ortes an andere Herrschaften nahmen im 15. Jahrhundert
ein ganz außergewöhnliches Ausmaß an. Kurfürst Dietrich verpfändete ihn während seiner 48jährigen Regierung
allein fünfmal: Rhens kam damals zuerst an den Koblenzer Schössen Johann Sale und dessen Ehefrau Mechtel von
Achenbach, dann 1419 an den Ritter Konrad von Boppard. 1432 erhielt es für 3000 Gulden Dietrich von Runkel,
1443 haben es Johann von Pirmont zu Ehrenberg und Elsen von Waldeck in Besitz. 1445 wurde es an die Grafen von
Katzenellenbogen verpfändet, nach deren Aussterben es 1479 an die Landgrafen von Hessen überging. Da die hessischen
Landgrafen schon früh zur Reformation übertraten, mußten auch die Bürger von Rhens nach dem Grundsatz „Euius
rsZio, ittins reliZio" bereits im Jahre 1527 die neue Lehre annehmen. Große Glaubenskämpfe, die nicht selten in
Bluttaten ausarteten, haben sich damals in dem Städtchen abgespielt. Ein ganzes Jahrhundert lang hielten diese
Wirren der Reformationszeit Rhens in beständigem Aufruhr. Als Kurköln im Jahre 1629 den Ort nach fast 185 jähriger
ununterbrochener Verpfändung wiedereinlöste, begann man sofort mit der Gegenreformation, die rücksichtslos durch-
geführt wurde. 1699 gab es in Rhens nur noch fünf Evangelische. Auch im 17. und 18. Jahrhundert wurde Rhens
 
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