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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 2
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Ebhardt, Bodo: Begrüßungsansprache an die Burgenfahrer auf der Marksburg, 10. Juni 1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0050
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Gönner unserer Vereinigung, mit ausgezeichnetem Kunstverständnis und größter Liebe wiederhergestellt und ein-
gerichtet worden. Seine höchst reizvolle Lage und der köstliche Grundbesitz, der damit verbunden ist, machen Gudenan
zu einem der künstlerisch wertvollsten und menschlich liebenswürdigsten Schöpfung. Herr Freiherr v. Guilleaume
wird die Burgenfahrer in Gudenan persönlich empfangen und freundlich bewirten und uns damit Gelegenheit geben
zu sehen, wie behaglich und allen neuesten Bequemlichkeitsforderungen entsprechend eine Burg für neuzeitliche
Wohnbedürfnisse hergerichtet werden kann. Auch ihm sind wir zu ganz besonderem Danke verpflichtet.
Unsere Bnrgenfahrten sollen ja, wie Sie seit Jahren wissen, nicht Vergnügungsfahrten sein; wohl haben
wir nach des Tages Last und Mühe unvergeßliche fröhliche Stunden in allen Teilen unseres Vaterlandes erlebt,
seit wir zum ersten Male im Jahre 1899 an dieser Stelle uns versammelten.
Aber die Hauptsache blieb doch immer unser Bestreben, auf unsere Art Kunstgeschichte zu treiben und die
herrlichen Werke unserer Väter an Ort und Stelle in ihrer ganzen ernsten Größe, in ihrer wunderbaren, malerischen
Schönheit und vor allem in ihrer innigen Verwachsenheit mit dem Bauplatz, mit der Natur und mit der Land-
schaft aus uns wirken zu lassen.
Ganz anders alsimHörsaal vor Lichtbildern und mit noch so beredten Vorträgen, ganz anders als aus Büchern
mit den schönsten Abbildungen und ungezählten Quellennachweisen geht uns der Sinn und die Bedeutung eines
alten Bauwerkes ans, das wir selbst betreten und dessen Geschichte und künstlerische Bedeutung uns an Ort und Stelle
vorgetragen wird, wenn die beredten Worte der Forscher, die uns überall empfangen, die großen Schatten
alter Fürsten- und Rittergeschlechter vor uns aufsteigen lassen und die dunklen Mauern der Ruinen mit den
Geistern längst entschwundener Geschlechter neu beleben.
Wir älteren Burgenfahrer insbesondere können uns wohl mit Recht rühmen, daß wir so viele Burgen und
Schlösser in allen Teilen unseres Vaterlandes, von der jugoslawischen Grenze bis an die Wesermündung, von der
Kaiserpfalz zu Nymwegen in Holland bis zu den sächsischen Burgen und Schlössern, bis nach Schlesien hinein gesehen
haben, daß wir uns wohl ein Urteil bilden konnten, auch soweit wir nicht zu den Fachgelehrten gehören. Ein Urteil über
den ungeheueren Schatz von Kulturwerten, der in den Bauten selbst mit ihrem oft überwältigend schönen Inhalt
steckt, und über die tiefe Bedeutung, die die bis vor einigen Jahrzehnten noch völlig verachteten Burgenreste für die
Kenntnis vergangener Größe unseres Volkes und Vaterlandes besitzen, kann eben doch nur derjenige sich allmählich
bilden, der in jahrelangen Studien an den Bautenselbst eine wirklich umfassende Kenntnis des Stoffgebietes erworbenhat.
Meine Damen und Herren! Unsere Burgenfahrten haben außer dieser idealen Seite auch noch eine nüchterne
zweite Seite, an der es gilt, mit beiden Füßen in der alltäglichen Wirklichkeit zu stehen. Die Vorbereitungen der Fahrt
erfordern unendliche Verhandlungen erst über die großen Gesichtspunkte, dann über die tausend Kleinigkeiten, die not-
wendig sind, damit die Burgenfahrer und die Burgenfahrerinnen auf ihrem Wege nicht nur Steine statt Brot finden.
Tausende von Briefen sind seit August vorigen Jahres hinausgegangen, zahlreiche Sitzungen des Vorstandes und des
Fahrtausschusses haben stattgefnnden, und bei gutemund schlechtem Wetter mußten Vorbesichtigungen und Reisen
ansgeführt werden, um alle Zusammenhänge an Ort und Stelle genau zu prüfen. Das erforderte einen großen Auf-
wand von Hilfskräften, von Zeit und Kosten.
In der Fahrtfolge, die vor Ihnen liegt, sehen Sie das Ergebnis einer unendlichen Anzahl von sehr eingehenden
und manchmal sehr schwierigen Verhandlungen, denn leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume
stoßen sich die Sachen.
Die Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen ist auch kein geschäftliches Unternehmen. Ihre Burgenfahrten
werden nicht um eines Überschusses halber unternommen, sondern aus künstlerischen vaterländischenund erzieherischen,
d. h. denkmalspslegerischen Gründen.
Über den ungewöhnlichen Wert des in wissenschaftlicher, künstlerischer und in gesellschaftlicher Hinsicht Gebotenen
muß Ihnen der Vorstand endlich das Urteil selbst überlassen.
Meine verehrten Damen und Herren! Auf dieser Burgenfahrt finden wir uns wieder einmal im deutschen
Grenzlande zusammen. Leider müssen wir heute hier von Grenzland reden, hier, am deutschen Rhein, an Deutsch-
lands Strom, nicht Deutschlands Grenze, nachdem der verlorene Krieg uns die gefährliche Nähe feindlicher Nach-
barn so greifbar vor Augen gerückt hat. Manche von Ihnen werden heute zum erstenmal im besetzten Gebiet sein.
Wir alle aber werden mit ganz besonders aus Schmerz und Lust geteilten Gefühlen diese Fahrt antreten und vieles
verschweigen, was aus übervollem Herzen sich uns auf die Lippen drängt.
Ernster als sonst werden auch die Stunden fröhlichen Beisammenseins verlaufen. Ich brauche nicht zu sagen
oder für irgend einen von uns zu versichern, daß wir, auch wenn wir schweigen, wir uns doch mit ganzer Seele gegen
den heutigen Zustand auflehnen.
Erst der Schluß der Reise führt uns wieder in unbesetztes Gebiet, nach den Schlössern Leerodt und Trips über-
schreiten wir dessen Grenzlinie.
Noch ein Wort über die ungewöhnliche Reihe von großen Städten, die wir diesmal berühren. Koblenz, Trier,
Aachen, Düsseldorf und Köln werden für ein oder mehrere Nächte uns in ihren gastlichen Mauern aufnehmen. Überall
ist mit ganz außerordentlicher Freude und Sorgfalt unsere Aufnahme vorbereitet.
Zum Teil sind ungewöhnliche festliche Veranstaltungen in Aussicht genommen. Das entspricht nicht dem Her-
kömmlichen bei unseren Bnrgenfahrten, bei denen wir eigentlich absichtlich die großen Städte möglichst vermieden haben.
 
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