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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 2
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Paulsen, Friedrich: Das kunstwissenschaftliche Ergebnis der Burgenfahrt 1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0063
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Rheydt wurde gegen Abend verlassen und bald Düsseldorf erreicht. Die knappen Reste alten Bäuerisch, die Düssel-
dorf noch hat, konnten nach der Fülle so bedeutender Eindrücke nicht locken. Der Morgen des 15. Juni wurde darum
der neuen Kunst in der Ausstellung „Deutsche Kunst" gewidmet. Dann ging es um Mittag nach Köln.
Köln wird den meisten Burgenfahrern bekannt gewesen sein. Die Rundfahrt brachte dennoch manchen
vielleicht übersehenen, sicher kaum je so anschaulich erläuterten alten Bau. Aber die Stadt ist so voller Reste des Alten,
daß weniges nur wirken konnte, kam man doch an Wohnhäusern aller Zeiten, sogar an einem vorüber, das in einen
römischen Wehrturm eingebaut ist. Herrliche Bauten konnten nun im Vorüberfahren besehen werden, aber das Stu-
dium aller würde Wochen kosten. So wurde denn St. Maria im Kapitol als Vertreter der romanischen Kirchen we-
nigstens der fast für Köln allein bezeichnenden Gruppe der Dreikonchen-Kirchen gewählt.
Wann ist die 689 von der Gemahlin Pipins, Plektrudis, gegründete Kirche gebaut? Nach deu Formen in der
Mitte des 11. Jahrhunderts. Aber der Grundriß ist etwas völlig ungewohntes. An drei Seiten der Vierung schließen
sich schmale Rechtecke, daran nach Ost, Süd und Nord Halbkreise, nach Westen ein Langschiff. Um die Halbkreise
laufen noch Umgänge, durch 7 Öffnungen mit dem Hauptraum verbunden. Das Ganze war von jeher auf Wölbung
eingerichtet. Wenn wir nicht annehmen, daß der Architekt auf den ihm bekannten antiken Bauten weitergearbeitet
hat, handelt es sich um eine großartige Schöpfung aus der Einbildungskraft. Aber möglich ist auch die Kenntnis der
Bauten um das Ostbecken des Mittelmeeres, von denen auch römische, mailündische und ravennatische beeinflußt waren.
Auch Hadrians Villa bei Tivoli wird noch bewohnbar oder doch in den Mauern erhalten gewesen sein. Jedenfalls aber
haben wir in St. Maria im Kapitol einen Bau von besonderer Würde und künstlerischer Bedeutung vor uns. Wenn
im Beschauer der Zentralbau anklingt, so ist darin auch der Umstand beteiligt, daß der Chor nicht über das Schiff erhöht ist.
Trotzdem hat die Kirche eine Unterkirche, die sogar recht hoch angelegt werden konnte (das Gelände fällt ab).
Diese Unterkirche, fast ganz schmucklos, gibt eine überaus eindrucksvolle Vorstellung reinster architektonischer Wirkung.
Sie wird noch durch den Reichtum der Oberkirche an Schmuck gesteigert. In der Unterkirche wurde das Grab der Stif-
terin, Plektrudis, betrachtet, ein bezeichnendes, höchst würdiges Werk des 12. Jahrhunderts. Uber dem Sarg in dem
Kuppelgewölbe Reste mittelalterlicher Malerei, dergleichen später dem Brauch der Kirche widersprachen.
Von denEinzelheiten der Ausstattung machte aufdieBeschauereinGekreuzigteramGabelkreuz (etwa 1300), gewollt
häßlich, großen Eindruck. Die Kunst, die ernsthafte, hat es eben nicht schlechthin mit dem Schönen zu tun. Daß das wieder
empfunden wird, ist ein Grund zum Vertrauen in die künstlerische Zukunft. Auch die Muttergottes im südlichen Kreuzarm
ist keineswegs „schön" etwa im Sinne der Renaissance, aber sie wirkte auf die Beschauer, während der Lettner, ein Prunk-
werk nach 1500, in den Formen der Renaissance (heute Orgeltribüne) keinen der Besucher zu näherer Besichtigung lockte.
Dann wurde die Kartause besichtigt, ein Bau der Gotik, der lange Jahre weltlichen (untergeordneten) Zwecken
diente, jetzt dem Gottesdienst der evangelischen Gemeinde Köln zurückgegeben und geschickt wieder hergestellt wird.
Noch ist dieser Bau fast unbekannt. Unbekannt ist auch eine merkwürdige Gruft bei St. Severin, die besichtigt wurde.
Unter und neben dieser Kirche ist ein alter Begräbnisplatz. In ihm wurde 1925 ein vierfaches Grab gefunden. Die 4 Toten
sind sämtlich über 1,80 rn groß
gewesen, einer sogar 1,97 in.
Das Alter wird aus 30—40,
40—50, 20—30 und etwa 25 an-
gegeben. Gestorben werden die
hier Bestatteten um das Jahr 400
sein. Vermutet wird, daß es sich
um Geistliche hohen Ranges,
etwa gar Bischöfe von Köln,
handelt.
Eine große baukünstlerische
Überraschung war den meisten
Burgenfahrern der Besuch St.
Pantaleons. Dieser Bau war
als Garnisonkirche nur be-
schränkt zugänglich. Heute ist
er Pfarrkirche.
Täuscht der Eindruck auf
empfindliche Augen oder ist
wirklich ein ganz besonderer
Mann der Erbauer dieser Kirche?
Die Formen wollen nicht ganz

0 Vgl. Archivdlrektor vr. Wentzke,
Marksteine in Düsseldorfs Aufstieg, in
Heft 1 dieses Jahrganges.
 
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