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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 3/4
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Fritsche, Hans: Der äußere Rahmen der Burgenfahrt 1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0074
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Moselbnrgen. Monatelang hat die alte Festnngsstadt Koblenz gezittert unter dem Donner der Sprengungen der
Festungsmauern und Wälle, die, obwohl militärisch bedeutungslos, doch dem Friedensdiktate zum Opfer fielen."
Es wartete ein unvergeßlicher Eindruck auf uns, als wir nach dieser Schilderung des Besatzungsdruckes, nach
der Erzählung des Oberbürgermeisters von jenem Amtsvorgänger, der im Dezember 1918 die letzten deutschen
Truppen über die Rheinbrücke geleitete, um sich dann zum Sterben zu legen — als wir nach dieser temperament-
vollen Rede einen Rheindampfer bestiegen und stromaufwärts zur Marksburg fuhren. Tiefe Dunkelheit lag über
den Ufern, die sich nur hier und da durch Lichter abzeichneten. Der Strom wurde lebendig, andere Schiffe gesellten
sich zu uns, und an den Ufern haben wohl Massen von Menschen gestanden. Plötzlich donnerten Böllerschüsse durch
das Tal und brachen sich vielfach an den Hügeln. Die Schiffe löschten ihre Lichter, und aus dieser Dunkelheit fraß
sich droben auf der Uferhöhe blutrotes Licht an altem Mauerwerk empor. Stieg höher und immer höher, um eine
einzige stolz erhaltene Burg mit Zinnen, Türmen und Wimpeln zu offenbaren, wie sie hier am Rhein vor Jahr-
hunderten fast auf jedem Berg gestanden haben mag: die Marksburg, die von Bodo Ebhardt und von der Ver-
einigung zur Erhaltung deutscher Burgen vom Jahre 1899 an bis 1924 in zäher, harter Arbeit wieder ausgebaut
wurde. Es war ein seltsamer Gegensatz — am Tage der Ehrenbreitstein unter der Trikolore, dort in der Nacht die mm
geisterhaft weiß beleuchtete deutsche Burg, die ihre Auferstehung einer Selbstbesinnung verdankte, und die jetzt allein
durch ihr Dasein schon das Verständnis und die Liebe für die Denkmäler der Vergangenheit unseres Volkes erweckt.
Dies Bild sprach wirklich eindrucksvoller als die besten Ermahnungen. Langsam erloschen die Feuer, ab und an stieg
eine Leuchtkugel auf, übergoß die Burg auf Sekunden mit schwankendem Licht, dann verschlang die Dunkelheit alles.
Das Deutschlandlied, das dort jetzt wenigstens wieder gesungen werden darf, verklang, und still zogen die Dampfer
stromabwärts. Die Lichter von Koblenz tauchten wieder auf, der Ehrenbreitstein liegt dunkel. Aber gegenüber, dort, wo
der Rhein die Mosel aufnimmt, am Deutschen Eck, wo das mächtige Denkmal steht, leuchtete es plötzlich auf. In
strahlendem Glanze hob sich der gewaltige Denkmalsbau aus der Dunkelheit, die ihn umgebenden Wasser von Rhein
und Mosel schienen in ein Lichtmeer verwandelt zu sein. Es war ein prächtiges Bild von bleibender Erinnerung,
womit die Stadt Koblenz dem erlebnisreichen ersten Tag der Fahrt einen würdigen Abschluß setzte.
Am nächsten Morgen, am Sonntag, trafen sich dann die teils im Orte Braubach gebliebenen, teils nach Koblenz
zurückgekehrten Teilnehmer mit den zahlreichen Ehrengästen am Rheinufer, in Braubach, um unter Vorantritt der
Musik gemeinsam zur Marksburg emporzusteigen, deren Wächter die Ankunft des Zuges durch Hornfignale an-
kündigten. Man fand die Tore der Burg verschlossen, und nach alter Sitte trat der Bnrghauptmann, begleitet von
seinen Knappen, heraus, um nach dem Begehr der Ankömmlinge zu fragen:

Der Graf von Katzenellenbogen,
Als Herr der Marksburg wohl bekannt,
Ist mit dem Kaiser jüngst gezogen
Gen Rom zum fernen Tiberstrand.
Mich ließ als Burggraf er znrücke,
Zu schirmen Turin und Tor und Brücke.
Als nun der Herr auf stolzem Rosse,
Mit Helm und Harnisch angetan,
Die Burg verließ mit seinem Trosse,
Da rief er mich zu sich heran,
lind an der hohen Eisenpforte
Vernahm ich seine Abschiedsworte.

Wenn dräuend sich die Feinde nahen,
Sei's Ritterschwert, sei's Bischofsstab,
Die sollst du wacker mir empfahen,
Stürz sie vom hohen Wall herab.
Chur-Mainz soll meinen Wein nicht saufen,
Laß Pech auf ihre Schädel laufen!
Doch wenn zur Marksburg Meister kommen,
Die kundig sind des Burgenbaus
Und die zu unsrem Nutz und Frommen
Ausbauen mir dies feste Haus,
Für die tu auf des Pallas Keller
Und schenk vom besten Muskateller!"

„Kunz," sprach der Graf, „du Vielgetreuer,
„Derweilen ich im welschen Land,
Geb' ich die Marksburg, die mir teuer,
In deine schwertgewohnte Hand.
Du sollst sie mir in Kriegsgefahren
Getreulich hüten und bewahren!

Und als nun von des Bergfrieds Zinne
Das Horn klang und ich euch ersah,
Da dacht' ich mir in meinem Sinne,
Die, die der Graf gemeint, sind da.
Drum stehe, wer euch führt, mir Rede:
„Gilt's friedlich Werk heut oder Fehde?

(Rufe der Besucher: Friede!)

Da ihr in Frieden hergekommen,
So seid, wie mir der Graf befahl,
Mit allen Ehren ausgenommen
In Kemmenat und Rittersaal.
Jetzt sollt ihr, meinem Herrn zu Ehren,
Den Humpen goldnen Weines leeren."
H. I. Grueneberg.
Die ernste Prüfung endete also mit einem von Ehrenjungfrauen in dem alten Kaiserbecher gereichten Be-
grüßungstrunk, dem tapfer zngefprochen wurde. Die Burgenfahrer zogen durch die nun geöffneten Tore und ver-
sammelten sich zur Begrüßung im Rittersaal. Der Vorsitzende, Geheimrat Professor Ebhardt, schilderte Zweck und
Ziel der Fahrt, sprach von dem beinah überreichlichen Schatz an lockenden Besichtignngsmöglichkeiten und betonte
die hohe Bedeutung der schließlich getroffenen Auswahl der Fahrtziele Z.

0 Diese Ansprache ist im Heft 2 dieses Jahrganges abgedruckt.
 
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