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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 36.1935

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Hahr, August: Schwedische Burgen aus dem Mittelalter und der älteren Wasazeit: eine kurze Übersicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.35025#0010
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alles Faktoren, die doch die politischen, kirchlichen und kulturellen Verhältnisse im Norden im Grunde veränderten,
bedeuteten auch für die Baukunst eine neue Entwicklung. Da das Bedürfnis neuer Kirchen selbstverständlich jetzt
nicht so groß war, nahmen Burgen und Schlösser in der monumentalen Architektur unbedingt eine leitende Stellung
ein. König Gustav und seine Söhne, die nach ihm als Regenten folgten, Erich XIV., Johann III. und Karl IX.,
waren gewaltige Bauherren, und besonders König Johann hat sich auf diesem Felde einen hochgelobten Namen
geschaffen. Der vornehmere Adel, dessen politische Bedeutung nach dem Tode Gustavs (1560) wesentlich erhöht
wurde, suchte nach Vermögen dem königlichen Beispiel zu folgen, konnte aber doch mit den gleichzeitigen glanzvollen,
dänischen Adelsschlössern nicht wetteifern. Zwischen den Burgbauten des späteren Mittelalters und denen der ersten
Wasazeit besteht jedenfalls ein inniger Zusammenhang. Die Neuheiten zeigten sich zuerst auf dem Gebiete der
Wehranstalten. Gustav Wasa interessierte sich z. B. für mit Kanonen bewaffnete runde Flankierungstürme, die
entweder mit Wällen oder mit dem Gebäude selbst und von derselben Höhe wie diese in Verbindung gesetzt wurden.
Auch wurde ein Befestigungssystem mit Erdwällen, Mauern und runden Bastionsrondellen an den Ecken eingeführt,
das z. B. den Königsschlössern zu Kalmar, Wadstena und Stockholm angefügt wurde und die wesentliche Verteidigung


Abb. 10. Arnö. Saal im früheren Erzbischofsschloß.

des Schlosses leisten sollte. In Wadstena trat das Schloßgebäude als vierte Seite in die beinahe quadratische Wall-
anlage ein. Es ist gleichwohl zu bemerken, daß Christian III. von Dänemark schon früher Malmöhus aus diese Weise
befestigt hatte, und daß sein Schwager in Schweden nach 1545 nun sein Exempel befolgt zu haben scheint.
Als Gustav Wasa sein Schloß Gripsholm am Mälarsee 1537 zu bauen begann, ging er von einem Plan
aus, der Hallenbauten (Wohnuugsflügel) und Rundtürme vereinigte. Schon zehn Jahre vorher hatte Erzbischof
Olav Engelbrechtssen von Trondhjem seine Burg Steinvikholm als eine viereckige Burghofanlage mit zwei diagonalen
Rondellen errichtet, und auch in Riga, Königsberg usw. im norddeutschen Osten gab es Vorbilder; ja solche Kanonen-
türme waren im schwedischen Reich des Mittelalters nicht ganz unbekannt, wenn wir an Olofsborg (Nyslott) in
Finnland denken, ein zwischen zwei Seen schön gelegenes altes Schloß, das 1477 gebaut wurde. Den ursprünglichen
Kern bildet ein von Flügeln, Mauern und zwei, vormals drei Rundtürmen umgebener Burghof, aber diese Türme
springen hier über die Mauerlinien nur bis zur Hälfte hervor.
Das in der Geschichte der Wasazeit so bedeutungsschwere, auf einer kleinen Insel gelegene Gripsholm bildet
ein unregelmäßiges Sechseck um einen Hof und ist mit vier Rundtürmen versehen. Von diesen sind zwei, der Greisen-
turm und der Kirchenturm, größer und kräftiger als die beiden anderen, der Wasaturm und der Gefängnisturm,
ja, der erstgenannte wirkt wie ein alter stolzer Kernturm, indem vor demselben eine räumliche Vorburg liegt, die
sowohl ein kleines festes Haus aus dem 14. Jahrhundert als Teile von alten Ringmauern in sich aufnimmt. Das
Schloß wurde erst am Ende des 16. Jahrhunderts von Herzog Karl vollendet. Nur in einfacheren Wand- und
 
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