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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 8.1906-1907

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Nr. 2
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Köpp, H.: Pipers neue Burgenkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.31824#0047

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Pipers neue Burgenkunde.

Vcrfa>ser des berühmten wcrkes „Butgcnkunde" schtcibt, oder läßt schteibcn, in der An-
kündigung seincr -weiren Ausgabe, hier liccie nun die Burgenkundc in gan; ncuer Form
und Zuverlässigkeir vor. Die neue Auflage habe den wcrt eines selbständigcn wcrkes.
Diesein gegcnüber steht er nicht an, dic erstc ein wenig brauchbares Buch ;u ncnnen.

Das ist ein großes wort. Doch Herr Hofrat Piper, der alles am bestcn weiß,
inuß das ganz gewiß wi>sen.

Scin Zwcck ist allerdings diesmal, wenn er ein solches wort über scin eigenes Erstgcborenes
fallen läßt, nichr der gcwöhnliche, den Vater und 2luror herunrcrzureißcn. Er will nur ebcn dem Leser
und Besttzer den alten Piper soweit als nötig verleiden, damir er stch den neuen kaufe. In der Vor-
rede des neuen selbständigen werkes fehlt darum jenes Bekenntnis.

Der Schrciber dicses ist immcr der 2lnstchr gewcsen und hat ste vcrfochtcn, die Lurgcnkunde,
wie ste seirher vorlag, sei eine nach allen Seiten hin hervorragende Leistung gewesen. Er läßr stch
darin auch jeyr nichr beirren. Ihr wert ist unvergänglich. Sie hat zuerst unsere Rennrnis vom
Burgenwesen in wijsenschaftlicher weise, mir Aufbierung einer fabelhafren Arbeitsleistung, festgestellr
und auf stchern Grund geseyr. Dem Verdienste des dadurch so ausgczeichneren werkes gegenüber
konnren und mußren die Einwürfe als nebensächlich zur Seire geschoben werden, die von denen erhoben
wurden, welchen den Gcnuß und dcn Gebrauch des eigentlichen werkes eine scharfe, ja maßlose polemik,
eine unbedingre Rechrhaberei, ein steres Vorschieben persönlicher und sachlicher Anriparhien — Symparhie,
Anerkennung gibr es bei Herrn Piper überhaupr nichr — verleideren. wer da behauprcre, auch Piper
könne irren und habe nicht in allen Stücken Rechr, und wer die Irrrümer harr rügen wollrc, den durfre
man dahin zurechrweisen, daß es für einen Grreber von so weirgehender gcwalriger wahrheirsliebe,
für einen so umfajsenden Forschergeist, gar kein Vorwurf sein könne und dürfe, auch in Irrtümer zu
verfallen und falsches für wahr auszuschreien; so solle man nun selbft große Grobheiren um der
Sache willen dem nicht ankreiden, der nach seiner Plarur nicht anders könne als in solchen Tönen dis-
purieren. Und wem der reiche Sroff rrotz dee Umfänglichkeit des werkes noch nichr vollständig genug
herangezogen, durchgearbeiret und bewälrigr schien, wer z. B. seinen eigenen Burgstall vergeblich im Piper
suchre, dem durfre gesagt sein, daß schon die Bewälrigung und Heeanziehung des wirklich Benuyren eben
eine große, unbedingt anzuerkennende Dat sei. ,,Machs nach" durfre Piper vor sein Buch seyen.

Usun har er einen gefunden, der es nachgemachr hat, und zwar ist er es selbst gewesen. wer
für Burgenkunde Inrerejse har und hat nichr Scheuledcr vor, daß er sich selber gan; allein genüge (es
gibr auch solche), dem gehr die Ankündigung an, und er erwägt, ob er nichr seinen alren Piper und eine
Doppelkrone für den neucn hingcben solle. wir wcrden gefragr, ob dazu gcraten werden muß.

2lußerlich ist das Buch in der Tar ein ncues werk; viele Zeichnungen stnd ganz neu, schöner und
bejsee als die alren. Das neue Buch zählt auch siebenzig Seiren weniger, was ;u hören, wenn die
weglajsungen richrig gerroffen sind, kcin geringcr Trost sein wird.

Innerlich ists zunächft der alre Piper, den wir ja auch von Erfurt und Bamberg kennen, am
besten aber aus seinem werke sclbst, aus seiner ersten Auflage. In der ersten Auflage ist er böse, wild,
verkrätzt, zornig, spielr den Herkules mir dem Srallbesen, als habe er nie erwas anderes in der Hand
gehabr. In der ncucn finden wir, daß cr, rrotz dcs Zwangcs, dcn cr stch anrur, doch auch fortwährend
in die alre Rollc fällr, daß ihm allcs, wohin cr seincn Zinken wender, würdig scheint, auf die Mistgabcl
genommen zu werden. Er ist, schlichr ausgcdrüekr, nur um ein weniges licbcnswürdiger geworden.

Aber im übrigen ist er doch nichr mehr derselbe, nichr mehr jener Pipcr, den wir haben chren
und achren müjsen. Das neuc Luch ist das werk eines bequcm und schwach gewordencn Nachahmers
des alren Pipers. Der alre war fleißig. Der neue aber -. Er hat die Hoffnungen, die cr im kühnen
Ansturme errcgr har, nichr gerechiferrigt. Seinc Burgenkundc bleibr leider, das wijsen wir jeyr, cin
Versuch; der wijscnschafrlich fähige Geist, dcr ihn durchführt, der die Majsc des Sroffes wirklich zwingr
und beherrschr, klar gliederr, die Hauprsachc und das wescnrliche gebührend hervorhcbr, das pcrsön-
lichc ausscheiden kann, der soll noch koinmen. wirklich wijscnschafrlich arbeircn kann Piper wirklich nichr
mehr; denn zu sagen: er will es abstchrlich nichr mehr können, ist unrechr. Aber seine Eigenarr machr es
ihm unmöglich.

Der allereinfachste Schrirr, die Brauchbarkeir dcs Buches übcr die der erstcn Ausgabe zu heben,
wäre die Ausarbeitung cines ordentlichcn 2registers gewesen, an Srelle des armfeligen, das früher
 
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