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Davidsohn, Robert
Philipp II. August von Frankreich und Ingeborg — Stuttgart: Druck von Gebrüder Kröner, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.51977#0057
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Ingeborgs Elend beigetragen, zum Mitleid mit ihrer Not zu
bewegen. Er pries in seinem Schreiben1) an Wilhelm
die Königin als eine wertvolle Perle, die von den Men-
schen zertreten, doch von den Engeln geehrt werde, die
würdig sei des königlichen Schatzes, würdig des Palastes,
würdig des Himmels, die aber wie in einem Gefängnis
lebe. Den Vorwurf gegen seinen Erzbischof kleidete
er freilich in die sanftesten Worte. „Wer wäre so eiser-
nen Herzens,“ ruft er aus, „von so steinerner Brust,
dass ihn nicht in solchem Missgeschick eine erlauchte
Frau von königlicher Geburt, ausgezeichnet durch Sitten,
sittsam von Worten, rein von Thaten, dauere!“ Er
schildert sie, wie ihr tägliches Werk Beten oder Lesen
oder Handarbeit sei; „die Würfel kenne sie nicht, die
Psalmen ziehe sie dem Spiele vor“. Nicht sowohl ihr
selbst als dem König gelte ihr Gebet. Wenn der König
sie so sähe, würde seine Abneigung schwinden. Doch
müsse sie aus Mangel an Nahrungsmitteln ihre beschei-
denen Kleider und ihre wenigen Gefässe einzeln ver-
kaufen. Um ein Almosen bittet Stephan den Erzbischof
für sie, und es scheint, dass Wilhelm der Reue über
sein Verhalten gegen die Königin schon früher einen
bequemen Ausdruck verliehen hatte, indem er ihr bald
nach ihrer Verstossung einige Gaben zuwandte2). Auch

1) Ep. Steph. Tornac. (ed. Migne) Bd. 211, ep. 262.
2) Steph. lässt Ingeb. (was auffallend bleibt, selbst wenn
man dem rhetorischen Stil des Bischofs Rechnung trägt) sagen:
„. . . unicum refugium meum dominus meus Remensis archiepi-
scopus, qui nie ab initio adversitatis meae liberaliter fovit, aluit,
nutrivit.“ Wenngleich solche Schmeichelei, an einen Mann ge-
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