GEMEINDE GMUND AM TEGERNSEE
Gmund am Tegernsee
Die Gemeinde Gmund, seit der Gemeindegebietsreform 1978
um die ehern. Gemeinde Dürnbach erweitert, umfaßt den
nordöstlichen Ufersaum des Tegernsees von St. Quirin im Sü-
den bis Kaltenbrunn im Nordwesten und erstreckt sich dar-
überhinaus über die ufernahen End- und Seitenmoränen-
hänge des kleinen tertiären Tegernseegletschers über die
nordöstlich gelegenen, vom Inngletscher aufgeworfenen Mo-
ränenzüge rings um die bis 865 m hohe «Eck» und über die
nördliche Schotterebene bei Dürnbach, Festenbach, Moos-
rain, Finsterwald.
Am weitesten dehnt sich das Gemeindegebiet zwischen dem
südlichen St. Quirin und dem etwa sechs Kilometer nördlich
auf der Schotterhochebene gelegenen Gasthaus Kreuzstraße.
Die Hochfläche mit ihren charakteristischen Hecken- und
Baumzeilengliederungen zwischen den einzelnen Höfen liegt
25 bis 30 m über dem Seespiegel.
Zur Gemeinde gehört auch der Oberlauf der Mangfall, die als
Tegernsee-Ausfluß bei Gmund beginnt. Als Verlängerung des
Weißach- und Tegernseer Tales ist der Fluß, der bei Rosen-
heim in den Inn mündet, eine der drei Hauptwasserachsen
des Landkreises neben Schlierach und Leitzach.
Gmund liegt auf 740 m Höhe am nördlichen Hauptzugang
zum Tegernsee und an dessen Ausfluß. Der seit dem 10. Jh.
bekannte Ortsname spricht diese Lage aus. Die Siedlung ent-
faltete sich bei der Mangfallbrücke, die seit dem Mittelalter
bestand, in massiver Bauweise 1616 und 1726, danach in er-
weiterter Gestalt 1828 durch König Max I. Joseph und zuletzt
nach der Sprengung beim Kriegsende 1945 jeweils neu erbaut
wurde. Vor allem für den Verkehr zwischen der südlich am
See gelegenen Benediktinerabtei Tegernsee und den Klostergü-
tern auf der Ebene im Norden sowie dem Klostermarkt Holz-
kirchen und München war dieser Übergang, bei dem auch die
alten Straßen von Tölz und Miesbach/Schliersee einmünden,
lebensnotwendig.
Ein Grundfaktor der Siedlungs- und Zentralortsbildung war
die ursprünglich dem Hl. Michael geweihte, hoch über dem
südlichen Brückenkopf im befestigten Friedhof gelegene
Pfarrkirche, das Zentrum einer Urpfarrei, die bis 1111 auch
Egern, bis 1184 Kreuth, bis zum 15. Jh. Tegernsee (außerhalb
der Abtei), bis 1809 Waakirchen mit Georgenried und bis 1946
auch Schaftlach umfaßte und in engster Verbindung mit der
Abtei stand, die in den meisten Bereichen des Gemeindege-
biets Grundherr war und darüberhinaus seit 1321 bis 1803 die
Niedergerichtsbarkeit besaß.
Von den Tegernseer Benediktinern wurde maßgeblich auch
die mittelalterliche Rodung und Besiedlung, die Kultivierung
der Moränenhänge und der sich bis Holzkirchen ausdehnen-
den Schotterebene angeleitet. Die meisten der bestehenden
Höfe und Siedlungen sind schon im ältesten Klosterurbar von
1017 aufgeführt.
Vor allem auf der Ebene bei Moosrain finden sich sehr stattli-
che Einödsiedlungen, die sämtlich ehemals Klosterlehen wa-
ren (z. B. in Baumgarten «Beim Zist» und «Beim Kanzler», in
Moosrain «Beim Zoff», «Beim Knoll» und «Beim Kray»);
diese Siedlungsform ist auch vorherrschend in den nordöstli-
chen Moränenbereichen (z. B. Angeriweber und Schweinberg).
Die alten Zweihöfeweiler (z. B. Bürstling, Niemandsbichl, Öd,
Schuß) sind wie üblich aus spätmittelalterlichen Teilungen ei-
nes Urhofes entstanden.
Charakteristisch für die Gemeinde Gmund sind die drei lang-
gezogenen Bauern- und Handwerkerdörfer Dürnbach, Festen-
bach, Finsterwald, alle auf der Ebene gelegen und offenbar
wegen des urpfarrkirchlichen Ranges von Gmund ohne ei-
gene Gotteshäuser.
Bis zum frühen 20. Jh. war die Bevölkerung landwirtschaft-
lich, im kleinen Umfang handwerklich orientiert, mit Aus-
nahme des Hauptortes Gmund und des Louisenthals. Entspre-
chend waren die Siedlungen überwiegend bäuerliche, geprägt
durch das klassische Miesbacher Bauernhaus, den Einfirsthof.
Ebenso war die Landschaft ausschließlich eine bäuerliche
Kulturlandschaft, entstanden durch die Gemeinschaftsarbeit
des Klosters und der Bauern, parkartig gestaltet und genutzt
für die Viehzucht.
Seit der Mitte des 19. Jh. sind diese Strukturen längs des See-
ufers und der größeren Straßen (Finsterwald, Dürnbach) in
Auflösung geraten. Die häufige Anwesenheit des königlichen
Hofes am Tegernsee bis 1825, dann des Prinzen Karl und des
herzoglichen Hauses, zog hochgestellte Besucher, Münchner
Hofadel und Beamte, Maler, Reiseschriftsteller und Münch-
ner Sommerfrischler an. Die Entdeckung des Sees und seiner
Ufer manifestiert sich in den Gemälden Münchner Land-
schaftsmaler wie Lorenzo Quaglio, Franz von Kobell und Jo-
hann Georg von Dillis. Am Gmünder Tegernsee-Ufer war das
Mustergut König Max L, Kaltenbrunn, eine der bevorzugten
Sehenswürdigkeiten, ein Aussichtspunkt und Motiv der Ma-
ler.
In seinem «Bayerischen Hochland» schildert Ludwig Steub
1860 die Überlagerung der alten klösterlich-bäuerlichen Welt
am See durch den neuen Fremdenverkehr: «Wenn man um
diese Zeit durch Gmund fährt, sieht man nur die bekannte-
sten Münchener Köpfe zu den Fenstern herausschauen. Mün-
chener Mütter wandeln auf den Altanen der Bauernhäuser;
Münchener Fräulein jodeln aus den Dachluken; Münchener
Kinder spielen den Franzosenkrieg auf den Gmünder Wiesen.
Die Stadtwelt drängt jetzt furchtbar über ihre Mauern; selbst
die abgelegensten Berghöfe werden aufgesucht, um dort arka-
disch zu sein. Also ist auch Gmund, das man früher nur teil-
nahmslos durchfuhr, an Ruhm und Ehre sehr ansehnlich in
die Höhe gestiegen, und hat selbst in der Ferne seine Vereh-
rer. Die Aussicht in die nahe Ebene ist durch einen grünen
Hügelvorhang benommen, der See lächelt so reizend an schö-
nen Sommertagen, rückwärts ansehnliche Berge, ringsum im
kleinen traulichen Kreise freundlich winkende, zierliche
Bauernhäuser, stattliche Kirche, reine Luft, das Dunkel des
Waldes und das Rauschen der Mangfall, alles zusammen ver-
einigt sich zu einem sehr angenehmen, wenn auch nicht groß-
artigen Ganzen.»
Diese neue Bedeutung, die dem Ort zuwuchs, erzwang gera-
dezu den Bau der Eisenbahn von München und Holzkirchen
nach Gmund, die 1884 eröffnet wurde, den Zustrom von Be-
suchern und Neusiedlern vermehrte und Gmund eine weitere
Schlüsselfunktion für das Tegernseer Tal verlieh. In der Nähe
des Bahnhofes, nördlich auf den Moränenabhängen, entstan-
den die ersten Landhäuser.
Die bauliche Expansion in Gmund und dem weiteren Ge-
meindegebiet nahm nach dem 2. Weltkrieg erneut stark zu.
Bis 1978 waren 280 Zweitwohnsitze bei insgesamt 1210 Häu-
sern entstanden. Dennoch besitzen noch große Gemeindeteile
bäuerlich-landwirtschaftlichen Charakter; hier ist auch die
überwiegende Zahl der Baudenkmäler zu finden.
Der historische Ortskern von Gmund konstituiert sich aus der
beherrschend über dem südlichen Brückenkopf aufragenden
Kirche mit Friedhof und hoher Ummauerung (Kirchenweg)
und den weiteren historischen Anwesen am Kirch- und am
Osterberg, der alten Miesbacher-/Schlierseer Straße: Ehern.
Pfarrhof (jetzt Rathaus, Kirchenweg 6), Altes Schulmeister-
und Mesnerhaus (Kirchenweg 3), ehern. Schul- und Gemeinde-
haus (Kirchenweg 4), ehern. Stumböckanwesen, nach 1888
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Gmund am Tegernsee
Die Gemeinde Gmund, seit der Gemeindegebietsreform 1978
um die ehern. Gemeinde Dürnbach erweitert, umfaßt den
nordöstlichen Ufersaum des Tegernsees von St. Quirin im Sü-
den bis Kaltenbrunn im Nordwesten und erstreckt sich dar-
überhinaus über die ufernahen End- und Seitenmoränen-
hänge des kleinen tertiären Tegernseegletschers über die
nordöstlich gelegenen, vom Inngletscher aufgeworfenen Mo-
ränenzüge rings um die bis 865 m hohe «Eck» und über die
nördliche Schotterebene bei Dürnbach, Festenbach, Moos-
rain, Finsterwald.
Am weitesten dehnt sich das Gemeindegebiet zwischen dem
südlichen St. Quirin und dem etwa sechs Kilometer nördlich
auf der Schotterhochebene gelegenen Gasthaus Kreuzstraße.
Die Hochfläche mit ihren charakteristischen Hecken- und
Baumzeilengliederungen zwischen den einzelnen Höfen liegt
25 bis 30 m über dem Seespiegel.
Zur Gemeinde gehört auch der Oberlauf der Mangfall, die als
Tegernsee-Ausfluß bei Gmund beginnt. Als Verlängerung des
Weißach- und Tegernseer Tales ist der Fluß, der bei Rosen-
heim in den Inn mündet, eine der drei Hauptwasserachsen
des Landkreises neben Schlierach und Leitzach.
Gmund liegt auf 740 m Höhe am nördlichen Hauptzugang
zum Tegernsee und an dessen Ausfluß. Der seit dem 10. Jh.
bekannte Ortsname spricht diese Lage aus. Die Siedlung ent-
faltete sich bei der Mangfallbrücke, die seit dem Mittelalter
bestand, in massiver Bauweise 1616 und 1726, danach in er-
weiterter Gestalt 1828 durch König Max I. Joseph und zuletzt
nach der Sprengung beim Kriegsende 1945 jeweils neu erbaut
wurde. Vor allem für den Verkehr zwischen der südlich am
See gelegenen Benediktinerabtei Tegernsee und den Klostergü-
tern auf der Ebene im Norden sowie dem Klostermarkt Holz-
kirchen und München war dieser Übergang, bei dem auch die
alten Straßen von Tölz und Miesbach/Schliersee einmünden,
lebensnotwendig.
Ein Grundfaktor der Siedlungs- und Zentralortsbildung war
die ursprünglich dem Hl. Michael geweihte, hoch über dem
südlichen Brückenkopf im befestigten Friedhof gelegene
Pfarrkirche, das Zentrum einer Urpfarrei, die bis 1111 auch
Egern, bis 1184 Kreuth, bis zum 15. Jh. Tegernsee (außerhalb
der Abtei), bis 1809 Waakirchen mit Georgenried und bis 1946
auch Schaftlach umfaßte und in engster Verbindung mit der
Abtei stand, die in den meisten Bereichen des Gemeindege-
biets Grundherr war und darüberhinaus seit 1321 bis 1803 die
Niedergerichtsbarkeit besaß.
Von den Tegernseer Benediktinern wurde maßgeblich auch
die mittelalterliche Rodung und Besiedlung, die Kultivierung
der Moränenhänge und der sich bis Holzkirchen ausdehnen-
den Schotterebene angeleitet. Die meisten der bestehenden
Höfe und Siedlungen sind schon im ältesten Klosterurbar von
1017 aufgeführt.
Vor allem auf der Ebene bei Moosrain finden sich sehr stattli-
che Einödsiedlungen, die sämtlich ehemals Klosterlehen wa-
ren (z. B. in Baumgarten «Beim Zist» und «Beim Kanzler», in
Moosrain «Beim Zoff», «Beim Knoll» und «Beim Kray»);
diese Siedlungsform ist auch vorherrschend in den nordöstli-
chen Moränenbereichen (z. B. Angeriweber und Schweinberg).
Die alten Zweihöfeweiler (z. B. Bürstling, Niemandsbichl, Öd,
Schuß) sind wie üblich aus spätmittelalterlichen Teilungen ei-
nes Urhofes entstanden.
Charakteristisch für die Gemeinde Gmund sind die drei lang-
gezogenen Bauern- und Handwerkerdörfer Dürnbach, Festen-
bach, Finsterwald, alle auf der Ebene gelegen und offenbar
wegen des urpfarrkirchlichen Ranges von Gmund ohne ei-
gene Gotteshäuser.
Bis zum frühen 20. Jh. war die Bevölkerung landwirtschaft-
lich, im kleinen Umfang handwerklich orientiert, mit Aus-
nahme des Hauptortes Gmund und des Louisenthals. Entspre-
chend waren die Siedlungen überwiegend bäuerliche, geprägt
durch das klassische Miesbacher Bauernhaus, den Einfirsthof.
Ebenso war die Landschaft ausschließlich eine bäuerliche
Kulturlandschaft, entstanden durch die Gemeinschaftsarbeit
des Klosters und der Bauern, parkartig gestaltet und genutzt
für die Viehzucht.
Seit der Mitte des 19. Jh. sind diese Strukturen längs des See-
ufers und der größeren Straßen (Finsterwald, Dürnbach) in
Auflösung geraten. Die häufige Anwesenheit des königlichen
Hofes am Tegernsee bis 1825, dann des Prinzen Karl und des
herzoglichen Hauses, zog hochgestellte Besucher, Münchner
Hofadel und Beamte, Maler, Reiseschriftsteller und Münch-
ner Sommerfrischler an. Die Entdeckung des Sees und seiner
Ufer manifestiert sich in den Gemälden Münchner Land-
schaftsmaler wie Lorenzo Quaglio, Franz von Kobell und Jo-
hann Georg von Dillis. Am Gmünder Tegernsee-Ufer war das
Mustergut König Max L, Kaltenbrunn, eine der bevorzugten
Sehenswürdigkeiten, ein Aussichtspunkt und Motiv der Ma-
ler.
In seinem «Bayerischen Hochland» schildert Ludwig Steub
1860 die Überlagerung der alten klösterlich-bäuerlichen Welt
am See durch den neuen Fremdenverkehr: «Wenn man um
diese Zeit durch Gmund fährt, sieht man nur die bekannte-
sten Münchener Köpfe zu den Fenstern herausschauen. Mün-
chener Mütter wandeln auf den Altanen der Bauernhäuser;
Münchener Fräulein jodeln aus den Dachluken; Münchener
Kinder spielen den Franzosenkrieg auf den Gmünder Wiesen.
Die Stadtwelt drängt jetzt furchtbar über ihre Mauern; selbst
die abgelegensten Berghöfe werden aufgesucht, um dort arka-
disch zu sein. Also ist auch Gmund, das man früher nur teil-
nahmslos durchfuhr, an Ruhm und Ehre sehr ansehnlich in
die Höhe gestiegen, und hat selbst in der Ferne seine Vereh-
rer. Die Aussicht in die nahe Ebene ist durch einen grünen
Hügelvorhang benommen, der See lächelt so reizend an schö-
nen Sommertagen, rückwärts ansehnliche Berge, ringsum im
kleinen traulichen Kreise freundlich winkende, zierliche
Bauernhäuser, stattliche Kirche, reine Luft, das Dunkel des
Waldes und das Rauschen der Mangfall, alles zusammen ver-
einigt sich zu einem sehr angenehmen, wenn auch nicht groß-
artigen Ganzen.»
Diese neue Bedeutung, die dem Ort zuwuchs, erzwang gera-
dezu den Bau der Eisenbahn von München und Holzkirchen
nach Gmund, die 1884 eröffnet wurde, den Zustrom von Be-
suchern und Neusiedlern vermehrte und Gmund eine weitere
Schlüsselfunktion für das Tegernseer Tal verlieh. In der Nähe
des Bahnhofes, nördlich auf den Moränenabhängen, entstan-
den die ersten Landhäuser.
Die bauliche Expansion in Gmund und dem weiteren Ge-
meindegebiet nahm nach dem 2. Weltkrieg erneut stark zu.
Bis 1978 waren 280 Zweitwohnsitze bei insgesamt 1210 Häu-
sern entstanden. Dennoch besitzen noch große Gemeindeteile
bäuerlich-landwirtschaftlichen Charakter; hier ist auch die
überwiegende Zahl der Baudenkmäler zu finden.
Der historische Ortskern von Gmund konstituiert sich aus der
beherrschend über dem südlichen Brückenkopf aufragenden
Kirche mit Friedhof und hoher Ummauerung (Kirchenweg)
und den weiteren historischen Anwesen am Kirch- und am
Osterberg, der alten Miesbacher-/Schlierseer Straße: Ehern.
Pfarrhof (jetzt Rathaus, Kirchenweg 6), Altes Schulmeister-
und Mesnerhaus (Kirchenweg 3), ehern. Schul- und Gemeinde-
haus (Kirchenweg 4), ehern. Stumböckanwesen, nach 1888
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