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GEMEINDE HAUSHAM

Der Industrieort Hausham (760 m), zentral im Landkreis an
der Schlierach und der parallel zu diesem Fluß angelegten
Straße Weyarn-Miesbach-Schliersee (B 307) sowie der gleich-
falls parallel dazu verlaufenden Eisenbahnstrecke nach
Schliersee-Bayrischzell am Alpenrand gelegen, entstand seit
1861 im Zuge des intensivierten Bergbaus auf Kohle nordöst-
lich im Stadelberggebiet, in Großtal und am Bemberg. Die
Siedlung der zuziehenden Bergarbeiter wuchs westlich des al-
ten Bauernweilers (Alt-) Hausham und überlagerte einen wei-
teren an der Schlierach gelegenen ehemals bäuerlichen Wei-
ler, Abwinkel.
Der Ort gehörte bis 1922 zu der bis zur Mitte des 19. Jh. bäuer-
lich geprägten Gemeinde Agatharied mit Kirche und Schule
in dem gleichnamigen Dorf. Diese Gemeinde, deren Flächen-
bestand seit dem frühen 19. Jh. unverändert geblieben ist, er-
hielt 1922 den Namen des aufstrebenden Hausham, das auch
neuer Gemeindemittelpunkt wurde.
Das Gemeindegebiet erstreckt sich in einer nordsüdlichen,
dem Fluß und der Bundesstraße folgenden Hauptrichtung
zwischen der südlichen Miesbacher Ortsgrenze und Westenho-
fen vor Schliersee, zieht sich südwestlich bis zu der noch dem
nördlichen Kalkalpenrand zuzuzählenden Gindelalmschneid
(1330 m) und umgreift die zum Schlierachtal geneigten Hang-
lagen des Gschwendtner Berges (Ausläufer der Gindelalm-
schneid) und des Vorgebirgs-Moränenzüge der Eck (865 m)
und der Miesbacher Höh (825 m) im Westen des Tals, des
Brentenspitz (922 m) und des Stadelberges (919 m) im Osten.
Diese meist freien Hanglagen sind seit der mittelalterlichen
Rodung bis heute Bauernland, mit Ausnahme einiger Berei-
che im Osten (Brentenspitz, Tiefental), wo der Kohlenberg-
bau große Halden schüttete.
In den überwiegend landwirtschaftlich genutzten Bereichen
der Gemeinde an den Hängen finden sich auch die meisten
Baudenkmäler und ungestört erhaltenen bis in Lagen von
850 m hinaufreichenden Siedlungen. 1974 bestanden 70
bäuerliche Betriebe. Vorherrschende historische Siedlungs-
form ist der Zweihöfeweiler, entstanden aus der meist spät-
mittelalterlichen Teilung eines Urhofes. Anschauliche Bei-
spiele sind Au, Bodenrain, Gunetsrain, Hof, Starz, Tiefenbach.
Durch weitere Teilung konnten auch Vierhöfeweiler entstehen
wie Ed und Grub.
In den 38 kleinen und wenigen größeren Weilern des Gemein-
degebiets, wie z. B. (Alt-) Hausham, sowie den Einöden wurde
1818 die Zahl von 119 Häusern festgesellt, in denen 683 See-
len wohnten. Nach der großzügigen Entwicklung des Kohlen-
bergbaus, der Gründung einer Oberbayerischen AG für Koh-
lenbergbau 1870 und dem Bau der Eisenbahn zählte Haus-
ham allein im Jahre 1900 3887, 1939 5473 und 1969, drei
Jahre nach der Stillegung der Grube, 7400 Einwohner.
Hausham war zum größten Industrieort und zur einwohner-
stärksten Gemeinde des Kreises geworden.
Die Neubebauung, meist aus dem 1. Viertel des 20. Jh., ist
kleinstädtisch geprägt. Mit Ausnahme der Kirche und ihres
Umfeldes wurden besondere städtebauliche oder künstleri-
sche Ansprüche kaum gestellt. Westlich sind nach etwa 1950
weitere große Siedlungsgebiete entstanden.
Das bedeutendste Baudenkmal ist die spätmittelalterliche, in
der Renaissance und im Frühbarock ausgestaltete Kirche von
Agatharied, gestiftet von den ehern. Grundherren, den Herren
von Waldeck. Daneben ist die verhältnismäßig große Zahl hi-
storischer Bauernhäuser bemerkenswert. Es handelt sich wie
üblich um Einfirstanlagen mit Blockbau-Oberstock; eine Be-
sonderheit ist die häufige Quererschließung der Wohnteile
von der Traufseite her, verhältnismäßig groß ist die Zahl von
Bauten des späten 17. bis frühen 18. Jh. Eine Ergänzung ihrer
wirtschaftlichen Möglichkeiten suchten fast alle Bauern auf

den Almen im Gebiet des Spitzingsees und der Brecherspitz
(siehe Gemeinde Schliersee).

Hausham
Die Neusiedlung war westlich der Straße Miesbach-Schlier-
see entstanden. Östlich der Straße blieb das alte bäuerliche
Dorf Hausham in seiner landwirtschaftlichen und baulichen
Struktur jedoch fast völlig erhalten, und für den Weiler, der
1170 zuerst als eine Schwaige genannt wird und 1268 durch
Otto von Waldeck an das Stift Schliersee geschenkt worden
war, bürgerte sich seit etwa 1900 der nicht amtliche Ortsname
Althausham ein.
Im Laufe des Mittelalters hatten sich aus dieser Schlierseer
Schwaige drei Althöfe durch Teilung gebildet: «Beim Ichl»
(Nr. 9), «Beim Eham» (Nr. 4), «Beim Winner» (Nr. 14). Durch
erneute Drittelung waren im Spätmittelalter insgeamt 9 Höfe
entstanden, die bis 1940 Bestand hatten. Seitdem umfaßt der
Ort die sieben überwiegend noch bewirtschafteten Anwesen
Nr. 2/4, 5, 6, 8, 9, 12, 14, die nicht zuletzt wegen der Einen-
gung ihrer landwirtschaftlichen Flächen durch das ausufernde
neue Hausham seit langem auch Almwirtschaft im Spitzingge-
biet auf der Haushamer-, Grünsee- und Firstalm betreiben
(siehe Markt Schliersee).
Althaushamer Straße 6. Bauernhaus «Beim Wölfl», Wohnteil
mit Blockbau-Obergeschoß, Balusterlaube und -giebellaube,
bez. 1788.
Das Wölflbauernhaus ist das letzte erhaltene altartige, wenn
auch nicht mehr bewirtschaftete Althaushamer Bauernhaus.
Alle weiteren Anwesen wurden - zumeist im späten 19. Jh. -
neu erbaut.
Althaushamer Straße 10. Althaushamer Kapelle, mit Dachrei-
ter, 1870 erbaut.
Die Kapelle hatte einen Vorgänger nahe der heutigen Bundes-
straße 307, der beim Bau der Eisenbahn 1868/69 beseitigt
werden mußte. Im Jahr darauf errichteten einige Althausha-
mer Bauern beim Hof des Hanslbauern eine neue Kapelle, in
die sie das Maria-Schutzmantelbild der alten Kapelle, eine
Votivtafel von 1634, erneuert 1854, übertrugen, während zwei
Bauerntöchter den neuen Altar stifteten.
Kirchstraße. Kath. Pfarrkiche St. Antonius von Padua, Neuba-
rockbau, erbaut 1908/09 von Heinrich Hauberrisser.
Mit der Intensivierung des Haushamer Kohlenbergbaus hatte
die neue Arbeitersiedlung, in der sich auch oberschlesische
und westfälische Bergleute niederließen, einen Umfang ange-
nommen, der den Bau einer eigenen katholischen Pfarrkirche
nötig machte. Seit 1902 bestand ein Kirchenbauverein, der
sich u. a. mit dem Standort der zukünftigen Kirche befaßte,
die einige Mitglieder gern auf dem Moränenhügel gesehen
hätten, der mitten im Ort aufragt. Auf diese exponierte Lage
wurde schließlich verzichtet zugunsten eines Bauplatzes im
Zentrum der neuen Siedlung, die bereits aus über 200 Häu-
sern bestand, in denen 5000 Menschen lebten. Den Baugrund
schenkte die Hanslbäuerin von Althausham, die Baupläne für
den großen Neubarockbau entwarf der Architekt Heinrich
Hauberrisser, Regensburg. Die fünfjochige, durch Pilaster ge-
gliederte neubarocke Saalkirche wird in herkömmlicher
Weise von einer Flachtonne mit Stichkappen überwölbt. In
den geschweiften Formen des Chorbogens und der Wellengie-
bel der Westfront und der Vorhalle wird der zeitgenössische
Jugendstil wirksam.

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