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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 9.1892

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Schröder, Alfred: Die Erwerbung des Patronatsrechtes auf die Pfarrei St. Moriz durch Jak. Fugger 1511-1518, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15867#0042

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so daß sie gezwungen waren, wider das Herkommen auf dem
Choraltare die Jahrtage und Vigilien zu halten. Die
Spannung wuchs , als fünf Monate lang die gewöhnlichen
Opfer von der Gemeinde verweigert wurden. Es kam so-
weit , daß der Bischof und sein Kapitel sich der Sache an-
nehmcn mußte; am 19. Dezember 1511 wurde entschieden,
daß Fugger und die übrigen Eingepfarrten das Recht hätten,
einen eigenen Mesner zu bestellen, dem Dekan und Kapitel
aber das Patronatsrecht auf die Pfarrei unverkümmert bleiben
soll. °) Mit dieser Entscheidung gab sich das Kapitel zu-
frieden, nicht aber die Gegenpartei, deren Hauptzweck dadurch
für den Augenblick vereitelt wurde.
Den Anlaß zum weiteren Vorgehen bot die Persön-
lichkeit des neuen Pfarrers, Johann Bischer. Es scheint, daß
an der Führung der Seelsorge, wie er sie handhabte, manches
auszusetzen war. Namentlich seine Nachlässigkeit in der
Verwaltung des Predigtamtes diente zur Vermehrung der Un-
zufriedenheit. Durch abermalige Vermittlung des Bischofs
und seines Kapitels kam ein Vergleich dahin zu stände, .daß
die Gemeinde sich selbst einen Prediger berufen und denselben
unterhalten möge. Als solcher wurde nun, wohl im Jahre 1512,
Or. Johann Speyser, der Bamberger Diözese angehörig, da-
mals aber in Basel wohnhaft, von der Gemeinde bestellt und
das Kapitel überließ ihm auf vier Jahre die stellvertretende
Ausübung der pfarrlichcn Seelsorge, während Kanonikus Jo-
hann Bischer eigentlicher Pfarrvikar blieb. Der Unterhalt
desselben wurde von den Pfarrangehörigen bestritten, welche
jährlich 1000 fl. für ihn durch Sammlung aufbrachten. ^)
Fugger mochte sich überzeugt haben, daß er beim Kapitel
von St. Moriz so wenig als beim Bischof von Augsburg auf
eine günstige Stellungnahme zu seinen Plänen rechnen konnte.
Er wandte sich daher im Anfang des Jahres 1515 nach
Nom. In einer Audienz vom 23. März dieses Jahres wurde
eine Supplikation der Pfarrangehörigen von St. Moriz vor-
getragen, dahin gehend, es möge verordnet werden, das
Kanonikat Bernhard Artzats, Chorherrn bei St. Moriz, in
Zukunft stets einem Doktor der Theologie oder Licentiaten
der Rechte zu verleihen, mit demselben das Predigtamt zu ver-
binden und das Präsentationsrecht dazu Jakob Fugger zu
geben. 2) Dieser Bernhard Artzat, ein Schwager Fuggers,
hatte im Jahre 1511 das Kanonikat erlangt. *°) Etwa im
Mai 1516 resignierte er dasselbe in die Hände des Papstes,
damit dieser darüber in der oben beschriebenen Weise ver-
fügen könne. Allein die Ausstellung der päpstlichen Bullen

°) In der „Verantwortung" wird das zugegeben und auf den
Unwillen der Parochianen gegen das Kapitel zurUckgcführt: „und ist also
darznc kommen, das niemand tust hat gehabt zu opfern, haben knufft
drew lichtlen vmb ein Haller und dieselben geopfert."
°) Ans dieser letzteren Bestimmung der Entscheidung, deren Ori-
ginal ich leider nicht finden konnte, geht deutlich hervor, das; schon da-
mals das Streben Jakob Fuggers auf die Erwerbung des Patronats-
rechtS ging und das; man diese seine Absicht kannte. Bis hicher diente
die iiitoi'matio als Hanptqnelle.
0 I- Fugger schreibt an Hans Zinck in Rom am 17. De-
zember 1516, das; Bischer „weder zu predigen, pcichten noch anderem
gntt ist, sondern nin schwerer verdroßner man." (Konz, im F.-A.)
I- Fugger in seiner „Verantwortung".
°) Orig, im F-.-A.
") Urk. im O.-A. vom 24. März 1511; er erscheint hier als
Propst von Moßberg; sein Vater ist laut dieser Urkunde Ulrich Artzat,
als Vetter nennt er Hans Panmgartncr, als Schwager Jorg Wieland.
1513 am 6. Mai ist er urkundlich bezeugt als caoonicus et scllo-
lasticus U)'3tettensis ac ss. Viti io Ilerriecleo et lVIauricii in ^.UAusta
^repos ltus; als Propst bei St.Moriz auch am 13. Jan. 1516 und
auffälliger Weise auch noch am 8. Mai und 12. Juni 1521. Urk. im
O. A-, vgl. über ihn Stellen, Gesch. der Geschlechter S. 182.

verzögerte sich und es bewarb sich auf Betreiben Jakob Fuggers
Christoph von Stadion, damals Domherr in Augsburg und mit
Fugger sehr befreundet,") beim Papste um diese Stelle;
er erhielt auch am 14. Juni 1516 die Zusage der Verleihung.
Allein ehe noch der päpstliche Bestallnngsbries ausgestellt war,
verzichtete er auf das Kanonikat. ") Es traten nun nach
einander Heinrich Vitel (5. Oktober), Johann Zinck (24. Ok-
tober) und Hektor Mielich als Bewerber um die Stelle auf.
Letzterer erhielt am 12. Dezember die Zusage, resignierte aber
in gleicher Weise noir contectm literis. Die Briefe Fuggers an
seinen Prokurator in Rom, Johann Zinck, lassen es unzweifel-
haft erscheinen, daß diese Bewerber von Fugger vorgeschoben
wurden, und zwar zu dem Zweck, daß das von Bernhard
Artzat übergebene Kanonikat nicht durch anderweitige Besetzung
ihm verloren gehe. ")
Das Kapitel war unterdessen nicht nnthätig geblieben.
Es hatte von den Schritten Fuggers in Rom Kenntnis er-
halten und stellte am 20. Juni 1516 ein Statut auf, das
seine Spitze direkt gegen die Bemühungen Fuggers richtete.
Durch dieses Statut verpflichteten sich , nämlich die Chorherren
eidlich, es wolle keiner seine Zustimmung geben, daß das
Patronatsrecht auf sein Kanonikat an eine weltliche Person
übertragen, oder daß sein Kanonikat mit der Prädikatnr ver-
einigt werde; im besonder» dürfe der Pfarrvikar sein Seel-
sorgeamt mir mit ausdrücklicher Zustimmung des Kapitels
resignieren, permntieren oder sonst wie ausgeben. ") Speyser
mußte, als er wenige Tage darauf (23. Juni) vom Kapitel
zum Kanonikus aufgenommen wurde, '^) einen eigens formu-
lierten Obedienzeid leisten, in welchem das neu errichtete Statut
hervorgehoben war.")
Am 23. Januar 1517 wurden drei Bullen in der An-
gelegenheit Fuggers ausgefertigt. ") Die erste traf, in Hin-

") In der „Verantwortung" beklagt sich Fugger darüber, das;
Christoph von Stadion als Bischof dem Kapitel beistand, mit den
Worten: „vnd hett mich (dessen) nit versehen zu sein gnaden, dieweil
sein gnaden mir von erst die sachen gerathen und gesagt, das ich der
suchen gegrünt sch."
Am 14. Sept. 1516 ernannte er Proknratoren znm Zweck der
Resignation. Notariatsprotokvll im F.-A.
") So schreibt er z. B. am 15. Sept. 1516 , Zinck solle das
Kanonikat ack MULUS üclsles stellen lassen, „damit wir nicht darnmb
kamen kanten" (Konz, im F.-A.).
") Notariatsprotokoll im Sl.-A. Da dieses Protokoll ausnahms-
weise die Unterschriften sämtlicher Stiftsherren trägt und uns so die
Zusammensetzung des Kapitels zur Zeit der ansbrechcnden GlcmbenS-
spaltnng überliefert, so mögen die Unterschriften hier folgen:
Uartbolomeus Uiäler clecainis.
6eor§ins Ulstat caironicus.
(sollaniies Vwcbsr caii. et pleNanas.
Oeor§ins Ilei-inan can.
7-ccobus Qintber cair.
Llarcus Ickarcler can.
/obannes >Vinclller car>,
(sobannes Loler can.
I-ncas Imbotk caii.
Lonrackus cau.
Uucas Ulstat cair. non capitul^ris.
(solianirss Lxe^ser cail. non capituln.ris.
Ueber die canonici non capitnlares instruiert die erste Beilage.
") Dazu hatte das Kapitel kein Recht, da die Besetzung dieses
(Artzatschen) Kanonikats dem Papste zustand, in dessen Hände es resig-
niert war.
-°) Not. Prot, im St.-A. Es crgicbt sich daraus, das; das Kapitel
ihm über den Termin von vier Jahren hinaus die stellvertretende Ver-
waltung der Pfarrvikarie zngcstanden hatte und zwar bis zum nächst-
knnftigen Sonntag Invocavit (1. März 1517).
") Die Originale mit anhängenden Bleisiegcln im F.-A. Die
an erster und zweiter Stelle zu nennenden Bullen wurden ans Anlaß
eines in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts sich ab-
 
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