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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 6.1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1199#0209
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Deutsches

Zeitschrift

für bildende Kunst, Baukunst und

Kuvstgmcrbc.

Unter Mitwirkung von

Kunstblatt.

Lrgan

der Kunstvereine

Deutschland.

von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

LMM um /. EggtkS in Lrrlin.

JM 22 Donnerstag, den 31. Mai. 1833.

Inhalt: Kunstausstellung in der Akademie der Künste zu Berlin. — In Sachse's Salon. Von W. Lübke. — Studien zur christlichen Alterthumskunde
in Deutschland. Von R. v. Rettberg. U. — Kunstliteratur. Danzig und seine Bauwerke in malerischen Original-Radirungen rc. von Joh. Carl Schultz.
F. K. — Zeitung. Berlin. Nürnberg. — Kunstvereine. Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate.

Literatur-Blatt Nr. 11. Scherenberg. — Die Vorstellung für das Platendenkmal auf der Großherz. Hofbühne zu Weimar.

Kunstausstellung in der Akademie der Künste zu Berlin.

Zum Besten der durch die Ueberschwemmung der Weichsel hart
betroffenen Bewohner Westpreußens ist in Berlin eben eine Aus-
stellung von Kunstwerken eröffnet worden, die zu den interessantesten
ihrer Art gezählt werden muß. Eine Menge von Privatleuten haben
dazu beigesteuert, Sammlungen von Ruf, wie die des Konsul Wage-
ner, der Fräulein von Waldenburg, des Kaufmanns Ravens haben
nicht gezögert, aus ihren kostbarsten Werken eine Auswahl einzusen-
den, und auch aus den Königlichen Schlössern, wie aus den Schätzen
des Königl. Kupferstichkabinets ist manches Beachtenswertste und Be-
deutende erschienen. Dazu hat auch die Kunstindustrie, überall be-
reit, dem Reigen der Künste sich anzuschließen, manches tüchtige Er-
zeugniß geliefert, so daß es gelungen ist, fünf Säle und zwei geräu-

füllen. Bleibt diese Anzahl auch hinter der der regelmäßigen Aka-
demie-Ausstellungen, die man in denselben Räumen zu sehen gewohnt
ist, zurück, so überbietetet sie die meisten derselben an innerer Be-
deutsamkeit und liefert ein Beispiel davon, was eine Ausstellung sein
kann, bei der das Princip befolgt wird, die Mittelmäßigkeit auszu-
schließen. Man sieht fast nur gute, ja ausgezeichnete Werke, und
selbst die an künstlerischer Geltung zurückstehenden gewinnen meistens
durch ihre geschichtliche Bedeutung als Belege für die Eutwicklungs-
stadien eines Meisters oder einer Schule ein eigenthümliches Inter-
esse. Da von älteren Werken Weniges vorhanden ist, so findet man
durch die überwiegende Mehrzahl der Bilder die modernen Schulen,
und zwar Deutsche, Belgier und Franzosen, vorzugsweise vertreten,
und wenn man hier inne wird, wie manches lebendige Streiflicht
auf gewisse Punkte der modernen Kunstentwicklung fällt, so muß man
nachträglich noch der schönen, wenn wir nicht irren, von A. Teich-
lein in München angeregten Idee Beifall zollen, eine Ausstellung
zu veranstalten, welche den Entwicklungsgang der heutigen Kunst,
etwa seit dem Anfänge dieses Jahrhunderts, veranschauliche. Wie
anregend und. fruchtbringend, eine solche Einrichtung gewesen sein
würde, ist uns schon auf dieser minder umfangreichen, schnell zu-
sammengebrachten Ausstellung klar geworden. Suchen wir den

VI. Jahrgang.

Hauptgesichtspunkten nach unfern Lesern ein Bild derselben zu ent-
werfen.

Unter den Gemälden gehören die ältesten dem Schluß des sieb-
zehnten und dem Verlaufe des achtzehnten Jahrhunderts an. Es
sind dies eine Anzahl von Portraits von Peter Nason, Kupetzky
und Denner bis zu A. Pesne, Graff und G. F. Weitsch. Diese
Werke repräsentiren gerade die glänzendste Seite der Malerei in
einer Epoche, wo die große historische Kunst den letzten, vom Prote-
stantismus ihr eingehauchten Lebensodem verloren hatte und ohne
Ideen, ohne Anschauungen in süßlicher Koquetterie, saftloser Allegorie
und naturentfremdeter Manierirtheit hinsiechte. Die Bildnißmalerei
war damals der gesundeste, lebensvollste Zweig am ausgedörrten
Baume der Kunst. Hier galt es, wirkliche Gestalten in der Fülle
ihrer Existenz zu erfassen, und wahrlich, an Gestalten von voll aus-
geprägter Persönlichkeit ließ es jene Zeit der absoluten Subjektivität
nicht fehlen. Hier ist die Malerei in ihrer Auffassung naturwahr,
in ihrer Behandlung gewissenhaft, in der Technik gediegen, in Zeich-
nung und Kolorit warm und charaktervoll. Dieser große Kurfürst
von P. Nason, der in blinkendem Harnisch, den Löwenkops von
der Allongeperücke bedeckt, in der Hand gebietend den Kommando-
ftab haltend, dasteht, welch mächtiges Charakterbild giebt er uns!
Von Kupetzkh ist ein feines Selbstportrait vorhanden, Pesne wird
durch das große Prunkbild König Friedrichs I. auf dem Throne,
durch das interessante Bild, welches den großen Friedrich als Kind
sammt seiner Schwester darstellt, dann durch sein eignes und seiner
Familie Bildniß und mehrere andere Werke ähnlicher Art als tüch-
tiger Portraitmaler beglaubigt. Es ist ein nobler Applomb in diesen
Bildern, eine Delikatesse der Ausführung, die doch zugleich etwas
aristokratisch Freies, Ungezwungenes hat, und ein Kolorit endlich,
das bereits eine hundertjährige Probe mit Glanz bestand. Nicht
minder ist Graff wegen der beiden trefflichen, ungemein lebendig
und geistreich gemalten Portraits des Kupferstechers Chodowiecki und
seiner Frau mit Auszeichnung zu nennen.

Von diesen letzten Männern der alten Schule können wir nur
mit einem lustig kühnen Gedankensprung zu den Neueren gelangen,
die in der Ausstellung vertreten sind. Wir füllen indeß die da-

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