Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 6.1855

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1199#0251
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutfdits

Zeitschrift

für bildende Kunst, Dankunst und

Konstgcwcrbe.

Kunstblatt.

Organ

der Knnstvereine von

Deutschland.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

Lrilizirt m /. Eggers in Lrrlm.

JM 27. Donnerstag, den 5. Juli. 1835.

Inhalt: Das unbefugte Nachbilden von Kunstwerken. — Die neue Kirche in Bremerhaven. H. A. Müller. — Zur Kunstgeschichte Westphalens. C. Wdg.
— Kunstiiterotur. Der Cicerone rc. von Jacob Bnrckbardt. Bon G. F. Waagen. (Fortsetzung.)

Beiblatt. Knnstliteratur. — Auswahl von Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels. — Trinkspruch auf Rietschel. Von Hosfmann v. Fallersleben. —
Zeitung. Berlin. Dresden. Nürnberg. Weimar. Bremen. Köln. Stendal. Prag. Paris. — Killlstvercillt. Knnstverein für Pommern in Stettin. —
Verbindung deutscher Kunstvereine für historische Kunst. — Briefwechsel.

Aas nnbtsugtc Nachbilden von Kunstwerken.

Motto.

Der öffentlichen Verachtung trotzen darf man zwar
für Eroberung sittlicher Güter, aber nicht für Erwerb
körperlicher. Jean Paul.

Der bekannte Prozeß von Piloty und Löhle in München
gegen A. H. Payne wegen des Letzteren Nachbildung des von den
Ersteren herausgegebenen Werkes hat eben so allgemeines Interesse
erregt, als die Handlungsweise des Herrn Payne allgemeine In-
dignation. Diese wurde zwar nicht gesteigert, aber doch befestigt,
als das rechtliche Urtheil des K. bair. Staatsraths dem allgemeinen
moralischen Urtheil beitrat und die Production des Herrn Payne
als sträflichen Nachdruck verdammte. Inzwischen hat das K. sächs.
Tribunal, bei welchem die Sache auf's Neue anhängig gemacht wer-
den mußte, wenn jenes Urtheil auch im sächsischen Staate executive
Anwendung finden sollte, ein entgegengesetztes Erkenntniß gefällt.
Ob dies Erkenntniß, welches immerhin den Bestimmungen der sächsi-
schen Landesgesetze entsprechen mag, das öffentliche moralische Ur-
theil verändern wird? gewiß so wenig als irgend ein Mann von
Ehre den Nachdruck, zur Zeit da es noch gar keine Gesetze gegen
denselben gab, für recht gehalten hat. Indem wir das genannte
- Erkenntniß zu beleuchten unternehmen, werden wir der Gesinnung
und dem Resultate nach nur die allgemeine Stimme des Publikums
auszusprechen haben, dabei aber versuchen, dieselbe auf sachgemäße
rechtliche Grundsätze zurückzusühren.

Es kann uns nicht in den Sinn kommen, die Nichtigkeit der
Entscheidung des sächsischen Tribunals nach sächsischen Gesetzen zu be-
zweifeln; aber die Gerechtigkeit derselben mit und nach deutschem
Rechtssinn zu prüfen, fühlen wir uns, weil es ein öffentliches wesent-
liches Interesse der Kunst betrifft, eben so verpflichtet als berechtigt.
Nicht nach sächsisch juristischen, sondern deutschen moralischen Rechts-
prinzipien werden wir die Frage zu beleuchten haben, an welche sich
einschließlich auch die knüpft, ob das Urtheil auch nur mit dem,

VI. Jahrgang.

was in anderen Fällen, selbst in Sachsen, als Recht und Schutz des
Eigenthums gilt, übereinstimmt.

Die Freisprechung Payne's beruht, wie aus dem publicirten
Erkenntniß zu ersehen, nicht auf irgend welchen individuellen Verhält-
nissen, die in der Streitfrage obwalteten, sondern in dem aufgestellten
allgemeinen Grundsatz: daß überhaupt die Nachbildung der
Nachbildung eines Kunstwerks nicht als strafbarer Nach-
druck anzusehen ist. Wie tief dieser Grundsatz in das Leben
der Kunst und besonders des Kunsthandels eingreist, ist auf den
ersten Blick ersichtlich; denn hiermit sind sämmtliche Lithographieen,
Kupfer- und Stahlstiche, Holzschnitte und alle Arten der Verviel-
fältigungsknnst, wiefern sie nicht Originalwerke enthalten, des recht-
lichen Schutzes beraubt. Nur dann und so lange als der Künstler
des Originals das Vervielfältigungsrecht besitzt, ist auch die von
ihm veranstaltete oder bewilligte Nachbildung geschützt, alle Copieen
aber von Werken älterer Meister sind der weiteren Copiespekulation
gänzlich preisgegeben.

Wir wollen nicht von der Beschränkung und Hemmung reden,
welche jeder fleißigen und künstlerischen Copie bedeutender alter
Werke damit bereitet, wie alle Hunde der Pfuscherei und Spekulir-
sucht gegen sie gehetzt werden; das scheinen die Gutachten des Dres-
dener Sachverständigen-Vereins zur Genüge gethan zu haben, da
der wohlweise Referent im „Börsenblatt Nr. 31. d. I. bemerkt, daß
sie die Frage einfach vom Standpunkt einer vermeintllchen Nützlich-
keit aus in das Auge gefaßt und sich — meint der wohlweise Re-
ferent — gleich dem Gutachten der Akademie der Künste gänzlich
unfähig gezeigt haben, chie wesentliche Rechtsfrage zu lösen."

Der Akademie und dem Sachverständigenverein scheint wesent-
lich die Frage gestellt gewesen zu sein, ob die Copie der Copie zur
Vorlage gedient habe; diese wird allerdings gleichgiltig, wenn der
Appellhos entscheidet, daß, „gesetzt es wäre bewiesen, daß von der
Copie eine Copie veröffentlicht ist, auch dann kein strafbarer Nach-
druck darin liege." Der Entscheidungsgrund dreht sich um die an-
dere Frage, ob die Copie als solche als ein Kunstwerk im Sinne

27

I
 
Annotationen