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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 6.1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1199#0289
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Zeitschrift

für bildende Kunst, Dauknnst und

Kunstgcwerbe.

Drgan

der Kunstvereine von

Deutschland.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — PassavanL in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

Migirt min /. Eggers in Nrrlin.

M 31. Donnerstag, den 2. August. 18ZZ.

Inhalt: Die großherzoglich badische Kunstschule in Carlsruhe. — Julius Glinski. — Aus dem Pariser Ausstellungspalast. IV. — Kmistlitcratur. Torso.
Kunst, Künstler und Kunstwerke der Alten. Von Adolf Stahr. W. Lübke.

Beiblatt. Auswahl von Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels. — Zeitung. Berlin. Köln. Paris.

Die grojjhcrzoglich badische Kunstschule in Carlsruhe.

Wir haben unseren Lesern mitgetheilt, daß ungefähr vor einem
Jahre der Professor I. W. Schirmer von Düsseldorf nach Carls-
ruhe berufen wurde, um daselbst eine Kunstschule zu gründen. Diese
Berufung war das Crgebniß der Kunstliebe des Regenten, welcher
die ganze Anstalt vorläufig aus seiner Civilliste dotirt. Wir hatten schon
früher Gelegenheit, darauf hinzndenten, mit welcher schätzbaren Einsicht
und liberalen Grundsätzen der Fürst die Entwickelung aller Künste
in seinem Lande fördert, und somit hat er auch dem organisatori-
schen Talent Schirmer's unbedingten Spielraum gelassen, so daß es
schon nach dem verhältnißmäßig kurzen Zeitraum eines Jahres möglich
ist, von der Carlsruher Kunstschule als von einem aufblühenden
Kunst-Institute Bericht zu geben.

Die Schule besteht bereits in:

1) einer allgemeinen Vorbereitungsklasse und

2) in Künstlerwerkstätten.

Der Unterricht in der Vorbereitungsklasse wird von einem Pro-
fessor ertheilt und zwar in 3 Abtheilungen:

a) der Elementarklasse,

b) der Gypsklasse,

c) der Malklasse.

In dieser Vorbereitungsschule darf der Zögling eine Studien-
zeit bis zu 3 Jahren zubringen. Hat er während dieser Zeit nicht
die technische Fähigkeit entwickelt, eigene Ideen zur Anschauung zu
bringen, so ist er gehalten, die Anstalt zu verlassen. Im entgegen-
gesetzten günstigen Falle aber wird er in die Künstlerklasse versetzt,
deren Vorsteher seine weitere künstlerische Ausbildung durch Correktur
und praktisches Beispiel zu fördern hat. Der Aufenthalt in dieser
Künstlerwerkstätte soll in der Regel die Dauer von 4 Jahren haben,
worüber der Direktor des Instituts entscheidet.

Es bestehen nun diese Künstlerwerkstätteu:

1) aus einer Schule für Historienmaler,

2) „ „ „ „ Landschaftsmaler,

beide incl. derjenigen Genre, welche ihre Basis entweder in der Hi-
storie oder der Landschaft finden,

VI. Jahrgang.

3) aus einer Schule für Bildhauerei,

4) „ „ „ „ Kupferstecherei,

5) „ „ „ „ Architektur, insofern dieselbe mit dem

Wesen der bildenden Künste zusammcnhängt.

Am 20. November 1854 wurde die großherzogliche Kunstschule
eröffnet und am 1. November 1855 beginnt ein neuer Cursus. Zum
Vorstand der Vorbereitungsklasse ist der Historienmaler Professor des
Coudres von Düsseldorf berufen, welcher den Unterricht in drei
Mtheilungen, und zwar:

a) das Zeichnen nach gezeichneten Originalen,

b) Zeichnen nach Ghpsabgüssen,

c) Oelmalen nach Originalen und nach dem Leben,

leiten wird. Zugleich wird Inspektor Vollweiler malerische Per-
spektive in zwei Abtheilungen vortragen. In der ersten wird die Theorie
der Wissenschaft gelehrt, in der zweiten die praktische Anwendung.

Im Laufe des Winters wird auch das Studium nach der Na-
tur im Modellsaal in den Abendstunden von 5 — 7 Uhr stattfinden
und abwechselnd nacktes und bekleidetes Modell gestellt und Draperie
nach dem Gliedermann vorgenommen werden.

Diese Vorbereitungsklasse hat der Direktor, der einen vorzüg-
lichen Werth auf eine gründliche Technik legt, als das Nothwendigste
zuerst eingerichtet und geleitet. Dabei hat er, als das ihm Zunächst-
liegende, von den beabsichtigten Künstlerwerkstätten vorerst die Schule
der Landschafter gegründet. Nunmehr richtet sich seine Aufmerksam-
keit auf die Errichtung auch der übrigen Werkstätten. Ein eigenes
Gebäude zur Aufnahme der Kunstschule ist am 6. Juli dieses Jahres,
in der Stephanicnstraße zu bauen begonnen worden. Nach vollen-
deter Herstellung der Malerschnle wird sodann mit der Einrichtung
der Schulen für Bildhauer, Kupferstecher und Architekten vorgegan-
gen werden.

Den Sommer und die Bauzeit benutzt der Direktor Schirmer-
eben zu einer Reise nach den Kunststätten in Berlin, Dresden,
Nürnberg und München, um von den bestehenden Lehreinrichtungen
Einsicht zu nehmen.

Obwohl die sich rasch entwickelnde Anstalt sehr mit der gänz-
lichen Unzweckmäßigkeit des überwiesenen provisorischen Lokals zu

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