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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 6.1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1199#0337
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Deutsches

Zeitschrift

für bildende Knust, Baukunst und

Kunstgewerbe.

Unter Mitwirkung von

Kunstblatt.

Drgan

-er Aunstvereiue von

Deutschland.

Kuglcr in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eltelbcrger v. Edclberg in Wien.

Lrdigirt um /. Eggers in Mrliii.

M 36.

Donnerstag, den 6. September.

1833.

Inhalt: Zur französischen Kritik der deutschen Kunst. — Ludwig Burger und dessen neuere Arbeiten. H. Weiß. — Aus dem Pariser Ausstellungs-
palast. VII. — Sendschreiben an Herrn Prof. I)r. Häßler in Ulm :c. von Eduard Manch. — KunjMcrallir. Aesthetik der christlichen bildenden Kunst
des Mittelalters in Deutschland, verfaßt von vr. G. M. Dursch. H. Otte. — Die Verirrungen der christlichen Kunst. Von Wilhelm Ranke. — Zeitung.
Dresden. Danzig. London.

Literatur-Blatt Nr. 18. Aestbetische Wanderungen in Sicilien. Von vr. Ludwig Goldhann. — Der getteue Eckart. Epos in 12 Gesängen
von Joseph Pape. — Marguerite. Roman von Ehr. Birch. — Monatsschrift für Theater und Musik. Redigirt von dem Verfasser der „Recensionen".

Zur französischen Kritik der deutschen Knnst.')

Der durch mehrere Nummern des deutschen Kunstblattes sich
ziehende Bericht „aus dem Pariser Ausstellungspalast," welcher sich
zur Aufgabe macht, über deutsche Kunstwerke in diesem Palast die
Urtheile der Hauptstimmführer der französischen Presse mit einge-
führtcn eigenen Bemerkungen mitzutheilen, giebt in Nummer 31.
vom 2. August aus dem Constitutionell unter andern Urtheilen des
Herrn Peisse über Werke deutscher Kunst das folgende:

„Wenig oder nichts ist zu sagen über zwei Nachbildungen (pastiel.es),
wenn man nicht lieber sagen will Copien, die eine aus Wien von Herrn Pros.
Kupelwieser, die andere aus Württemberg von dem Direktor der Kunstschule
in (Stuttgart, Herrn Bern, von Neher eingesaudt. Das erste ist eine „Him-
melfahrt", davon drei Viertel mit vollem Rechte dem Titian anheimfallen, und
das übrige Viertel halb Guido, halb Raphael angehört. Das letztere ist eine
„Kreuzabnahme", welche, die entsetzliche Härte des Tones abgerechnet, von a
6i8 z dem Daniel von Volterra entnommen ist. Wir kennen wenige Beispiele
von so ofsenbarem Abllatsche. Allerdings kann man sagen, daß diese Entleh-
nungen so klar zu Tage liegen, daß selbst der Verdacht des Plagiates fortfällt
Aber, um's Himmelswillen, meine Herren Professoren, eui dono?"

Dem Herrn Berichterstatter hat es nicht gefallen, diesem Ur-
theil eine Bemerkung beizufügen. Wir unserer Seits sind hierzu
in Beziehung auf das uns nicht bekannte Kupelwieser'sche Gemälde
außer Stande, wohl aber macht es unsre Bekanntschaft mit dem

*) Wir gönnen dieser Gegenkrittk, die uns von Stuttgart aus sehr achtbarer
Hand wurde, gern eine Stelle, müssen aber bemerken, daß im Einführungssatze
der Zweck des Berichts „Ans dem Pariser Ausstellungspalast" schief aufgefaßt ist.
Die Aufgabe dieses Berichts ist nicht die hier angegebene, sondern die von uns
und unserm Berichterstatter klar ausgesprochene: „Ein Bild der ganzen Aus-
stellung zu geben und dabei bei den deutschen Bildern die Hauptstimmführer der
französischen Presse reden zu lassen, bei den Fremden unfern sehr schätzbaren Herrn
Correspondenten." Dies scheint um so mehr das geeignetste und jedenfalls inte-
ressanteste Verfahren, als das Deutsche Kunstblatt sich über die meisten deutschen
Einsendungen nach Paris bei früheren Gelegenheiten bereits ausgesprochen hat.
Viele Leser haben uns diesen Weg gedankt. Außerdem hat unser Herr Bericht-
erstatter nicht versäumt, ausführlich anzugeben, wie die Kritik des Hrn. Peisse
zu beurtheilen ist. D. Red.

VI Jahrgang.

Neher'scheu Bilde uns zur Pflicht, die deutsche Kunst und einen
ihrer ehrenwerthesten Vertreter gegen einen schnöden Angriff in
Schutz zu nehmen und eine grobe Täuschung zu zerstreuen, in welche
die Aufnahme der Kritik des Herrn Peisse in das deutsche Blatt
das theilnehmende Publikum wenigstens eine Zeit lang zu versetzen
geneigt ist. Zum Beweise der völligen Grundlosigkeit der Behaup-
tung des Herrn Peisse genügt es an der Berufung auf den allver-
breiteten Kupferstich von Toschi nach dem berühmten Gemälde Da-
niels von Volterra in 8t. Trinitä, de inonti. Mit diesem Stiche
das Neher'sche Gemälde zu vergleichen, bitten wir alle diejenigen,
welche dasselbe in dem Ausstellungspalast sehen, oder in der öffent-
lichen Gemäldesammlung zu Stuttgart, in welche es überzugehen be-
stimmt ist, sehen werden, um eine staunenerregende Probe leichtferti-
ger und ehrenrühriger Kritik kennen zu lernen. Wird, fragen wir,
nicht eine mehr als oberflächliche, eine von Charakter, Ausdruck,
Anordnung und von den feineren Nüancen der Empfindung ganz
absehende, kurz eine Anschauung, welcher jede wiederholte Darstel-
lung der Kreuzabnahme als eine Copie der früher da gewesenen
gelten muß, dazu erfordert, um in dem Neher'schen Gemälde einen
Abklatsch des Daniel von Volterra zu erblicken? Gehen wir hier
nicht auf das Innere der beiden Gemälde ein, auf Seele, Charak-
ter, Ausdruck, auch nicht auf das feinere künstlerische Element, wie
es in der Vertheilung von Schatten und Licht, Linienführung, Grup-
piruug rc. sich ausprägt, halten wir uns nur an das, was von der
Anordnung und Gruppirung auch dem oberflächlichsten Beschauer
klar ins Auge tritt. Was hat der in umgeschlagenen Tüchern nie-
dergelassene, mit dem Oberkörper vorwärts hängende Leichnam des
Herrn auf dem Neher'schen Bilde mit dem an den Armen gehalten
neu und daher mit dem Oberkörper rückwärts geneigten Leichnam
auf Volterra's Gemälde, was der auf der Leiter stehende, den ihm
entgegensinkenden Oberkörper des Herrn in seinen Armen und an
seiner Brust auffassende Joseph von Arimathia mit dem römischen
Hauptmann gemein, welcher auf dem Volterra'schen Bild den Leich-
nam in der Mitte von hinten her anfaßt, um ihn in sitzender Stel-

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