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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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Meissner, Carl: Meissener Porzellane von neuer Art
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https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0022

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Moderne Meissener Porzellane.

unserer Zeit, die sich nur einigermassen der
Reifrock- und Kniehosen-Eleganz anähneln
»essen. Die harmlose Heiterkeit eines Schlitt-
schuhläuferpaares, Lawntennisspielender Kin-
der zum Beispiel: da deckte Manier und
Stimmung noch leidlich, aber weder die für
unser Auge wiedereroberte, freie Schönheit
der Antike, und noch weit weniger eine
stark zeitkarakterische Gestalt unseres Heute
ness sich in diesen Formen geben. Der leiseste
K&ng, der soziale Gefühlsschwingungen aus-
loste, würde wie ein Steinhagel in das
Plätschern einer kunstvoll zersprühenden
Fontäne krachen und die helle, kurze Ton-
folge ihrer rythmisch tänzelnden Harmonie
•"'■sprengen.
Und so konnte es geschehen, dass in
der Keramik erstens einmal minderwerthigere
Materialien — Fayencen und weichere
(Seger- etc.) Porzellane die sich dem
neuen Wollen schon stofflich schmiegsamer.

jeder künstlerischen Laune leicht zugänglich
erwiesen, die nicht soviel Schweiss und tech-
nische Mühsal vor das Gelingen setzten,
nachdem sie fast zwei Jahrhunderte geruht,
wieder wie vor Böttgers folgenreicher Er-
findung künstlerisch Macht gewannen; so ist es
anderseits gekommen, dass das Ausland -
für Fayencen namentlich Frankreich, wollten
wir doch Hartporzellan: Kopenhagen — uns
unentbehrlich wurde, wenn wir das Bedürf-
niss befriedigen wollten, unsere Räume im
tauten Sinne modern zu schmücken. Denn
waren die Stücke auch nicht deutsch em-
pfunden, so waren ihre Formen doch aus
dem Empfinden unserer Zeit heraus gestaltet.
Was die Berliner Porzellan-Manufaktur und
kleinere deutsche Unternehmungen an künst-
lerischer Thonwaare boten, war — einmal
abgesehen vom minderwerthigen Material,
das ja auch bei den Franzosen vorherrscht
- einerseits nicht ganz auf der technischen


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