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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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Unmassgebliche Gedanken für die Pariser Welt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0043

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für die Pariser Welt-Aussteilung.

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die Künstler errimthigen und das Vertrauen
des Publikums in ihre Fähigkeiten erhöhen.
Selbstverständlich ist die Grösse des Erfolges
davon abhängig, in wie weit die von
deutschen Künstlern und Gewerbetreibenden
vorgeführten Erzeugnisse einen eigenartigen,
nicht nur neuen, sondern besonderen, aus
besonderen heimathlichen Nothwendigkeitcn
l'"lsPrungenen Stil aufweisen. Mit »stilisirten«
' buchen Einzelner ist gar nichts gethan,
zumal man den Arbeiten der meisten fast
rch\veg ansieht, wo sie ihre Anregungen
Befunden haben. Wir müssen bei der Aus-
Wahl die grösste Vorsicht walten lassen. Es
Wirken auf die deutsche angewandte Kunst
Anschauungen ein, die sie am liebsten zu
einem preziösen Sport für sensations-
lüsterne Jünglinge und verwöhnte Sammler
heranzüchten möchten. Stellen wir diese
Seite der neueren Kunstbestrebungen auf
der Welt-Ausstellung in den Vordergrund,
so Werden wir uns mit bizarren Japonismen,
Parisismen und Symbolismen unsterblich
lächerlich machen. Die leitende Behörde
Wird wohl daran thun, wenn sie sich in
einer wohlwollenden, zuwartenden Reserve
hält, nicht einzelne Persönlichkeiten bevor-
zugt, sondern aus dem, was bis zum ent-
scheidenden Zeitpunkte vorhanden sein wird,
das Beste zu einem einheitlichen, deutsche
moderne Art bestimmt angebenden Ganzen
zusammenschliesst, wie es ja auch glück-
licherweise die Absicht des Herrn Reichs-
kommissars ist. Das wird der deutschen
lx unst zu grösserem Nutzen und dem deutschen
Namen zu grösserer Ehre gereichen, als
wenn wir Einzelnen, von denen vielleicht
gerade in den Zeitungen viel die Rede ist,
^elegenheit geben in Paris für sich Re-
ame *u machen. Wir haben es zu oft
gesehen ^ dass das Urtheil der »öffentlichen
einung« mit dem wahren Werthe künstle-
rischer Werke kaum jemals im Einklänge
steht.
*
f ür die Pariser Welt-Ausstellung hätten
wir n v»
^ noch eine kleine Anregung zu geben,
u die der Herr Reichs-Kommissar

um so

dichter eingehen könnte, als sie einerseits
mit Verhältnissmässig geringen Mitteln durch-

zuführen ist, andererseits dazu beitragen
wird, die Ausstellung für unsere junge an-
gewandte Kunst direkt förderlich zu machen
und die Freude der jungen Künstler an
derselben zu steigern. Wir gehen dabei von
der Thatsache aus, dass wir uns noch in
einem Anfangs-Stadium befinden. Niemand,
der nicht den Vorwurf der Voreiligkeit auf
sich zu laden wünscht, wird bestimmt angeben
können, ob die auf dem Gebiete der an-
gewandten Kunst mit neuen Ideen auf-
getretenen Persönlichkeiten allein imstande
sind, den für Paris zu stellenden Anforderungen
zu genügen, ob nicht weniger bekannte und
unbekannte Künstler für das eine oder andere
Gebiete noch mehr begabt sind. Unseres
Erachtens sollten daher Wettbewerbe aus-
geschrieben werden, weil diese Methode
erfahrungsgemäss die geeignetste ist, um
tüchtige Leute im Dunkel der Nichtbeachtung
aufzufinden. Es fehlt nun aber ganz beson-
ders an wirklich bedeutenden Künstlern,
welche ihre Befähigung in den Dienst der
ei?ifachen Wohnungs-Ausstattung, der Ta-
peten-Industrie u. a. Gewerbe stellen, die
doch für den Export in allererster Linie und
vor den theueren Luxus-Erzeugnissen und
Pracht-Dekorationen in Betracht kommen.
Nun ist es aber unzweifelhaft, dass die Aus-
stellung in Paris auch dazu dienen soll, den
Export der deutschen Kunst-Industrie zu
erweitern, ihr neue Absatzgebiete zu er-
schliessen. Aus diesem Grunde sollte von
leitender Stelle aus auf eine ganz besonders
sorgfältige Vorführung der Hauptexport-
Artikel gesehen werden, die wir vorstehend
kurz gekennzeichnet haben und zu deren
künstlerischen Belebung uns Wettbewerbe
für einfache und preiswerthe, aber vornehm
wirkende, künstlerisch gediegene Möbel,
Tapeten, Beleuchtungskörper etc. hervor-
ragend geeignet scheinen. Nur auf diese
Weise ist es möglich, den deutschen Kunst-
Erzeugnissen neue Gebiete im Auslande zu
erschliessen. - - Darin können wir, wie in
SO vielem Anderen, von den intelligenten
Amerikanern lernen. Es ist uns z. B. aus
Amerika bekannt, dass ein Stuhlfabrikant
von einem praktisch erprobten, ebenso be-
quemen wie gefälligen Sessel 10,000 Expl.
 
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