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Rudolf Klein.
Treppe im ffatfSe Markgrafetistrasse 5/.
Arch.: wittling & güi.dnf.r. Ausf.: schulz & holdeft.f.iss.
Gil-Blas. Während Cheret und Lautrec
in Farben und Linien Schüler des
grellen Impressionismus der Manet-
Sehule sind, ist Steinlen der derbe
Naturalist geblieben und erreicht in der
Einfachheit seiner Figuren manchmals
Israel's, ja Millet's Grösse. Lautrec
und Cheret pflegen mehr oder weniger
einen immer wiederkehrenden Typus,
Steinlen ist in jedem Blatte neu, studirt
jeden Typus apart nach der Natur und
ist von einer Tiefe der Beobachtung
und Natürlichkeit der l'ose, die alles
Zeitgenössische' auf dem Gebiet hinter
sich lässt. Den heute überwundenen
Naturalismus kann man an ihm studiren
und formuliren, er feiert in ihm seinen
letzten und vielleicht grössten Triumph.
- Von ganz anderer Art ist das Plakat
der Engländer, das den Boden des
Naturalismus noch mehr verlassen wie
das der Franzosen, rein dekorativ
stilisirt, vornehmlich als Innenplakat
gedacht ist. Aiibay-Beardslay und
Bradley's Arbeiten, hauptsächlich zu
Buchdeckelzierungen und Buchreklamen
dienend, sind durch japanischen Einfluss
erzeugt und weniger sittenschildernd
als das Plakat der Franzosen, mehr
Personifikationen des subtilen poetischen
Empfindens ihres Volkes. - Belgiens
Meunier ist Schüler des kräftigen Na-
turalismus und Kolorismus, der der
Kunstart seines Landes seit Jahrhun-
derten Tradition ist, während Amerika
und Scandinavien, beide in Paris ge-
schult, nicht ganz eigener Originalität
sind. Amerika ist im (iegenstand des
Plakats dem französischen verwandt,
gestaltet es aber mit englischen Mitteln,
die eben dem gleichen Empfinden ent-
wachsen, während die Scandinaven die
Technik in Paris erlernt, um die Ge-
fühle des Landes darin niederzusclin siben.
— Deutschland macht in dieser Aus-
stellung auf dem Gebiete des Plakates
keinen vortheilhaften Eindruck. Wäh-
rend es auf anderen dekorativen Ge-
bieten schon hübsche Erfolge zu ver-
zeichnen hat, scheint es hier noch keinen
Rudolf Klein.
Treppe im ffatfSe Markgrafetistrasse 5/.
Arch.: wittling & güi.dnf.r. Ausf.: schulz & holdeft.f.iss.
Gil-Blas. Während Cheret und Lautrec
in Farben und Linien Schüler des
grellen Impressionismus der Manet-
Sehule sind, ist Steinlen der derbe
Naturalist geblieben und erreicht in der
Einfachheit seiner Figuren manchmals
Israel's, ja Millet's Grösse. Lautrec
und Cheret pflegen mehr oder weniger
einen immer wiederkehrenden Typus,
Steinlen ist in jedem Blatte neu, studirt
jeden Typus apart nach der Natur und
ist von einer Tiefe der Beobachtung
und Natürlichkeit der l'ose, die alles
Zeitgenössische' auf dem Gebiet hinter
sich lässt. Den heute überwundenen
Naturalismus kann man an ihm studiren
und formuliren, er feiert in ihm seinen
letzten und vielleicht grössten Triumph.
- Von ganz anderer Art ist das Plakat
der Engländer, das den Boden des
Naturalismus noch mehr verlassen wie
das der Franzosen, rein dekorativ
stilisirt, vornehmlich als Innenplakat
gedacht ist. Aiibay-Beardslay und
Bradley's Arbeiten, hauptsächlich zu
Buchdeckelzierungen und Buchreklamen
dienend, sind durch japanischen Einfluss
erzeugt und weniger sittenschildernd
als das Plakat der Franzosen, mehr
Personifikationen des subtilen poetischen
Empfindens ihres Volkes. - Belgiens
Meunier ist Schüler des kräftigen Na-
turalismus und Kolorismus, der der
Kunstart seines Landes seit Jahrhun-
derten Tradition ist, während Amerika
und Scandinavien, beide in Paris ge-
schult, nicht ganz eigener Originalität
sind. Amerika ist im (iegenstand des
Plakats dem französischen verwandt,
gestaltet es aber mit englischen Mitteln,
die eben dem gleichen Empfinden ent-
wachsen, während die Scandinaven die
Technik in Paris erlernt, um die Ge-
fühle des Landes darin niederzusclin siben.
— Deutschland macht in dieser Aus-
stellung auf dem Gebiete des Plakates
keinen vortheilhaften Eindruck. Wäh-
rend es auf anderen dekorativen Ge-
bieten schon hübsche Erfolge zu ver-
zeichnen hat, scheint es hier noch keinen